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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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darum gebeten habe und weil sie mir behilflich sein will — was ich von den andern im Haus nicht unbedingt sagen kann.> Dafür übte er große Zurückhaltung und begnügte sich mit einem raschen Blick über das Zimmer. Er bemerkte, daß das Porträt des verstorbenen Thomas Lord Paradine in der Uniform eines Gardeobersten aus dem Ersten Weltkrieg immer noch auf den Eichendielen unterhalb der Stelle stand, wo es früher hing, und war erstaunt, daß es nicht längst wieder seinen Platz an der Wand einnahm. Er hatte den Eindruck, daß dies unzweifelhaft das Zimmer einer starken Persönlichkeit, nicht jedoch das einer Frau war.
    Als hätte sie seine Gedanken erraten, sagte Isobel: «Dieses Zimmer gehörte früher meinem Vater. Wünschen Sie, mehr darüber zu erfahren?»
    «Mich interessiert vor allem die Nacht, als sich die übernatürlichen Erscheinungen abspielten.»
    Isobel sagte entrüstet: «Ich wurde überfallen.»
    «Von wem?»
    «Ich weiß es nicht. Vielleicht von der Nonne. Ich konnte nichts sehen.»
    «Das war in der Nacht des...?»
    «Des neunundzwanzigsten Juni.»
    Hero wußte, daß er sich dieses Datum gemerkt hatte, und erinnerte sich plötzlich, weshalb. «Wollen Sie mir schildern, was alles geschah?»
    Isobel begann: «Es kam mir vor, als wären alle Furien losgelassen. Ich erwachte, weil mein Bett erbebte und irgend jemand oder irgend etwas die Decke herunterriß. Als ich das Licht anknipste, lag sie in einem Haufen am Boden. Dann bewegte sich ein Stuhl von selbst, und zwei Sèvres-Vasen flogen nacheinander vom Kaminsims; eine davon ging in Stücke. Ein wertvoller antiker Spiegel zerbrach, und die Kommode dort kippte um. Schließlich fiel das Bild meines Vaters vor meinen eigenen Augen von der Wand herunter.»
    «Fürchteten Sie sich?» fragte Hero.
    «Ja, ich war starr vor Entsetzen», antwortete Isobel leise. «Ich wußte, daß es die Nonne war. Sie blieb zwar unsichtbar, aber ich spürte deutlich ihre Gegenwart. Sie war es, die das Bildnis meines Vaters zu Boden warf. Es sollte ein Omen sein!» Wieder war es die Nonne, die aus ihr sprach. Isobel hatte sich in eine Seherin aus alter Zeit verwandelt. «Weder Sie noch sonst jemand kann etwas dagegen tun!» rief sie beschwörend. «In diesem Haus wird in Kürze jemand sterben!»
    «Wer wird das Ihrer Ansicht nach sein?» erkundigte sich Mr. Hero in so sachlichem Ton, daß Isobel ihre dramatische Haltung ganz vergaß.
    Sie sagte: «Ich — ich weiß nicht. Niemand kann das Voraussagen.»
    Hero nickte flüchtig. «Hoffen wir, daß sich das Verhängnis diesmal abwenden läßt.» Dann unterzog er das Zimmer einer Untersuchung, beklopfte die Wände, betrachtete die Balken an der Decke eingehend und merkte sich die Stellung und Größe des Bettes. Er schaute zum Fenster hinaus, das auf den Park und Fluß hinausging, und prägte sich die Struktur des Geländes, die Form des Zimmers und die Möblierung ein. Isobel beobachtete ihn schweigend bei diesem Tun. Hero sagte: «Vielen Dank, daß Sie mir so viel Zeit geopfert haben», und ging hinaus. An der Tür drehte er sich um und fügte hinzu: «Fast hätte ich vergessen zu fragen, ob es eine Gezeitentabelle im Hause gibt?»
    «Ja», antwortete Isobel, «sie hängt neben dem Telefon im Vorraum. Wir haben sie für die Gäste angeschafft, die segeln wollen.»
    Hero wiederholte: «Vielen Dank», und ging hinaus. Er überlegte, wieviel von dem, was er gehört hatte, Einbildung oder bewußte Lüge sein mochte und ob überhaupt ein Körnchen Wahrheit darin steckte. Ob Meg ihm wohl helfen konnte, den Fall zu klären, bevor in diesem Hause wieder die Hölle losbrach und jemand zu Schaden kam?

11

Noreen Spendley-Carter

    Als Hero am Nachmittag nach East Walsham fahren wollte, stieß er in der Diele auf Mr. Jellicot und Dr. Paulson, die in großer Aufregung waren. Der vertrocknete kleine Wissenschaftler war ganz bleich, und seine Finger öffneten und schlossen sich krampfhaft, während der rundliche ehemalige Weißwarenhändler vor Aufregung zitterte. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Lippen zitterten, als er Hero zurief: «Sir! Sir! Wir sind soeben Zeugen eines echten übersinnlichen Phänomens geworden!»
    «Eines höchst erstaunlichen», sagte Dr. Paulson.
    «Der Poltergeist — ich habe ein Beweisstück — , es war ein echter Apport! Es kam durch das Fenster hereingeflogen.» Er griff in die Tasche und holte einen glatten, eiförmigen Kieselstein hervor, von denen es in der Gegend eine ganze Menge gab.

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