Immer diese Gespenster
hat?»
«Lord Paradine hat nicht viel Phantasie. Einige Augenblicke später kam Isobel herein. Sie hatte die Melodie ebenfalls gehört. Sie durchsuchten das Zimmer und die angrenzenden Räume, konnten aber niemand entdecken. Lady Paradine meinte, es könne der Wind gewesen sein.»
«Wäre das eine Erklärung dafür?»
«Susan Marshall hörte es auch. Es war in der Nacht, da sie von der Nonne angegriffen wurde. Das sind drei Zeugen.»
«Lieber Himmel!» sagte Meg kopfschüttelnd.
Hero schlug sich mit der Hand an die Stirn. «Aber ich kann nichts Ungewöhnliches an der Harfe finden. Ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, ob es irgendeine Möglichkeit gibt, dieses Instrument zum Spielen zu bringen, ohne daß es von Menschenhand berührt wird. Doch es fällt mir nichts ein. Und als ich eben im Musikzimmer war, hatte ich das Gefühl, irgend etwas darin sei verändert. Aber ich weiß nicht was, und das macht mich ganz nervös.» Er blickte Meg grimmig an und sagte: «Und selbst wenn ich herausbekäme, daß eine Harfe erklingen kann, ohne daß jemand sie spielt, gälte es immer noch, zu erfahren, warum das geschieht, bevor das Schloß von seinen Gespenstern befreit werden kann.»
Meg, praktisch wie immer, meinte: «Versuchen wir also zunächst, zu erfahren, wie es gemacht wird.» Sie öffnete einen Koffer, nahm eine Lage seidene Unterwäsche heraus und legte ein Nest von Ausrüstungsgegenständen frei.
Da waren ein halbes Dutzend kleine X-ioo-Kameras mit Weitwinkelobjektiv, jede nicht größer als ein Stück Seife, die mit Saugnäpfen an Wand oder Decke befestigt werden konnten und dank dem infraroten Film, verbunden mit infrarotem Blitzlicht, das von winzigen, aber sehr starken Quecksilberbatterien betätigt wurde, im Dunkeln Aufnahmen machten. Blitzlicht und Kamera wurden von einem unsichtbaren schwarzen Seidenfaden ausgelöst, der ungefähr in Knöchelhöhe angebracht werden konnte. Wer in die Falle ging, mochte vielleicht ein momentanes schwaches Aufglühen bemerken, doch wahrscheinlich nicht einmal das, da die ganze Blitzlichteinrichtung von der Größe einer Streichholzschachtel über Augenhöhe befestigt war. Da fand sich auch Megs und Heros umgebauter 8-mm-Filmapparat für Infrarot-Aufnahmen und ein Fotoapparat, dessen Verschluß von einer fotoelektrischen Zelle ausgelöst wurde. Meg hatte wirklich an alles gedacht.
«Großartig», murmelte Hero und betrachtete die Ausrüstung liebevoll. «Heute nacht versuchen wir es mit den X-100. Fünf davon sollten für den Anfang genügen. Wenn du mitkommst, zeige ich dir, wo ich sie haben möchte. Falls noch mehr von diesem verdammten nächtlichen Spuk hier vor sich geht...»
Meg blickte ihren Stiefbruder an und murmelte: «Daran würde ich nicht zweifeln», und zwar in einem Ton, der ihn hätte warnen müssen, wäre er in Gedanken nicht schon längst woanders gewesen.
Nach dem Mittagessen gelang es Hero, Sir Richard Lockerie unbemerkt in die Bibliothek zu entführen, wo er zehn Minuten ernsthaft auf ihn einredete, ihm von seinen Befürchtungen erzählte und versuchte, seine Mithilfe zu gewinnen. «Ich werde kaum eine andere Gelegenheit finden, unter vier Augen mit Ihnen zu sprechen. Ich weiß nicht, was heute nacht gespielt werden soll, doch irgend etwas wird passieren. Ich benötige dringend noch einen Menschen, der auf unserer Seite Wache hält.»
Sir Richard sagte: «Gewiß, gewiß, Sie können auf mich zählen»; doch er war nicht mehr so fest überzeugt, ob er dem jungen Mann, den er hergebracht hatte, um Paradine Hall von Gespenstern zu befreien, nicht allzu große Fähigkeiten zugetraut hatte.
«Ausgezeichnet», sagte Hero. «Wenn Sie etwas sehen oder hören, verfolgen oder berühren Sie es unter keinen Umständen. Überlassen Sie das bitte mir. Eine Grundregel für die Geisterjagd lautet: »
«Aha», sagte Sir Richard, «Sie beabsichtigen also, dem Gespenst eine Falle zu stellen?»
Hero blickte ihn ironisch an und sagte: «Dem Gespenst eine Falle zu stellen? Schließlich lassen sich Gespenster weder von Fallen noch von verschlossenen Türen abhalten. Das ist ihr Vorteil.»
Sir Richard fragte: «Wenn ich aber der Nonne begegnen sollte?» Hero entgegnete: «Versuchen Sie sie auf keinen Fall zu greifen, Sie könnten es Ihr Leben lang bereuen. Ich möchte Sie lieber in Freiheit wissen. Halten Sie Augen und Ohren offen und beobachten Sie scharf.»
Sir Richard sah beunruhigt und erschüttert aus. «Bei Gott, Hero, Sie glauben also, daß
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