verschließen», erklärte Jellicot. «Gespenster können alles.»
Hero betrachtete den kleinen Mann aus zusammengekniffenen Augen. «Glauben Sie das wirklich?» fragte er. «Halten Sie ein Gespenst für gottähnlich? Wollen Sie damit sagen, daß wir nach dem Tode allmächtig werden? Wäre das eine Welt!» Mrs. Wilson lachte abermals und erntete einen bösen Blick ihres Mannes. Hero fuhr in milderem Ton fort: «Ich frage nicht
, sondern nur . Warum sich die Mühe nehmen, die Tür vor, während oder nach dem Konzert zu schließen. Ich habe es lieber, wenn Gespenster ihr Ziel auf direktere und einfachere Art erreichen.»
Vetter Freddie meinte höhnisch: «Gut, ich stelle die Preisfrage: Warum?»
Hero schaute ihn freundlich an. «Wenn die Harfe von einem Gespenst, Schatten oder Phantom zum Klingen gebracht wurde, kann ich die Frage nicht beantworten. Wenn es dagegen eine lebende Person war, könnte man annehmen, daß sie uns daran hindern wollte, das Zimmer zu betreten, solange die Harfe spielte.»
Diese Erklärung wurde von den Anwesenden mit Schweigen aufgenommen. Hero bemerkte, daß Dean Ellison ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck musterte. Und dann verwandelte sich Isobel wieder in eine Norne. Hochaufgerichtet, den Blick starr in die Ferne gerichtet, sprach sie: «Das Spiel der Harfe und das Erscheinen der Nonne künden kommendes Unheil. Es liegt ein Fluch auf Paradine Hall.»
Hero sagte sehr ernst: «Ja, vielleicht haben Sie recht. Dann muß Paradine Hall davon befreit werden, sonst ist es aus mit dem Country Club. Die Leute mögen fluchbeladene Häuser nicht.» Dann fuhr er in freundlicherem Ton fort: «Warum müssen Gespenster eigentlich immer Unheil verkünden, Miss Paradine?» Die Schloßherrin von Paradine Hall blickte ihn überrascht an, antwortete aber nicht. Er fuhr fort: «Warum sollte es nicht auch fröhliche Geister geben, die einem verraten könnten, wie man am nächsten Pferderennen fünfzigtausend Pfund gewinnt? Oder daß man in Kürze als Alleinerbe eines großen Vermögens eingesetzt worden ist? Warum müssen es immer nur schlechte Nachrichten sein?»
«Das sollten Sie am besten wissen, Meister», sagte Freddie.
«Der Grund liegt im angeborenen Pessimismus der Menschheit», erwiderte Hero. «Doch erklärt das nicht alles. Ebenso unverständlich ist es, daß Gespenster immer die Seelen der gewaltsam umgebrachten Menschen sein sollen. Wenn dem so wäre, müßten ja alle die Millionen von Soldaten, die im Laufe der Jahrhunderte im Krieg gefallen sind, die Geisterwelt bevölkern.»
«Quatsch», brummte Major Wilson.
Horace Spendley-Carter fragte herausfordernd: «Was sagen Sie zu dem Klopfen und Pochen in unserm Zimmer heute morgen? Es klang, als würden Nägel in einen Sarg gehämmert.»
Hero wandte sich dem Politiker zu und bemühte sich, nicht zu zeigen, wie sehr der Mann ihn ärgerte. «Ein typisches Beispiel», erwiderte er. «Wieso klang es, ? Da haben wir wieder die altüberlieferten Vorstellungen von Ächzen und Stöhnen und Kettengerassel. Warum konnte es nicht ebensogut jemand sein, der einen Nagel in die Wand schlug, um ein Bild daran aufzuhängen? Oder die Köchin, die ein Wiener Schnitzel mürbe klopfte? Haben Sie schon einmal gehört, wie es klingt, wenn Nägel in einen Sarg gehämmert werden, Sir? Nicht eine Spur anders, als wenn ein Zimmermann einen Fensterrahmen zusammennagelt.»
Susan Marshall kicherte, und Spendley-Carter lief rot an. Mr. Jellicot schob verstimmt die Lippen vor und wollte Spendley-Carter verteidigen: «Aber, Sir...»
Mr. Hero unterbrach ihn und sagte ernst: «Ich finde, wir müssen uns im Leben mit so viel Unerklärlichem auseinandersetzen, daß wir uns nicht noch mehr schaffen sollten. Eine Art von übernatürlichen Erscheinungen, die hier vorgekommen sind, möchte ich Ihnen jetzt gleich erklären, eine zweite — den Poltergeist — sehr bald. Was sich in Miss Isobel Paradines Zimmer zutrug, war auf eine natürliche Ursache zurückzuführen, auf die zwei ungewöhnlich hohen Fluten nämlich, von denen Sie vielleicht in der Zeitung gelesen haben. Ich habe das hydrographische und geodätische Institut in Yarmouth aufgesucht. In dieser Gegend fließt ein unterirdischer Strom. Einer seiner Zuflüsse geht nahe an den Fundamenten unterhalb von Miss Paradines Schlafzimmer vorbei, das früher von ihrem Vater, Lord Thomas Paradine, bewohnt wurde. Die hohe Flut an der Küste bewirkt, daß auch der