Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
"Kein bißchen macht das aus!"
    Ja, das meinst du", sagte Lina. Jetzt geht es ja noch, aber denk mal, wenn ich fünfzig bin, dann ist er hundert. Ujujuj, da hätte ich vielleicht Arbeit mit ihm!"
    "Du rechnest, wie du Verstand hast, Lina", sagte die Mutter und schlug die Ofentür hinter dem letzten Brotlaib zu. "Dies ist wirklich ein großartiger Brotschieber, Michel", sagte sie dann noch.
    Als Michels Vater sein Ei aufgegessen und die Milch ausgetrunken hatte, sagte Michel:
    "Ja, und nun der Tischlerschuppen!"
    Aber da murmelte der Vater, daß Michel - alles in allem - an diesem Tag kaum so viel getan habe, daß er im Tischlerschuppen sitzen müßte.

124
    "Nein, nein, gesagt ist gesagt!" Und Michel ging allein, still und würdevoll, hinaus zum Tischlerschuppen und setzte sich hin, um sein einhundertneunundzwanzigstes Holzmännchen zu schnitzen.
    Währenddessen saß Hinke-Lotta bereits auf der Stange im Hühnerhaus, und Rölla lief zufrieden mit den Katthultkühen auf der Wiese herum. Der Bastefaller war inzwischen gekommen, um seine sechs Tiere zu holen. Er und Michels Vater kamen in ein langes Gespräch über die Auktion und alles, was dort geschehen war. Es dauerte eine gute Stunde, bis der Bastefall-Bauer sich wieder auf den Weg gemacht hatte. Sofort eilte Michels Vater zum Tischlerschuppen, um Michel zu holen.
    Als er näher kam, sah er die kleine Ida auf einer Fußbank vor dem Fenster des Tischlerschuppens sitzen. Sie hielt das Samtkästchen mit den Schneckenhäusern in den Händen. Sie hielt es so, als sei es das schönste, was sie je in ihrem Leben bekommen hätte. Und das war es auch. Aber Michels Vater brummte:
    "Wahnsinnsgeschäfte! Ein altes Samtkästchen!" KleinTda merkte nicht, daß ihr Vater kam. Deshalb schwieg sie auch nicht, sondern fuhr fort, nett und folgsam die Wörter nachzusprechen, die ihr Michel aus dem dunklen Tischlerschuppen zuzischte. Michels Vater wurde bleich, als er sie hörte - Kirchenältester, der er war -, denn greulichere Wörter waren in Katthult nie zuvor ausgesprochen worden, und sie wurden nicht besser dadurch, daß KleinTda sie mit so weichem hellem Stimmchen sagte.
    "Schweig, Ida!" fuhr er sie an. Dann steckte er die Hand durchs Fenster und packte Michel am Kragen.
    "Lümmel du, hier sitzt du und bringst deiner Schwester das Fluchen bei?"
    "Das tue ich nicht", sagte Michel. "Ich habe ihr nur gesagt, daß sie niemals ,zum Kuckuck' sagen darf, und dann habe ich noch eine Menge anderer Wörter in sie hineingestopft, vor denen sie sich auch hüten soll wie vor offenem Feuer."
    Ja, nun weißt du, was Michel am 12. Juni angestellt hat. Wenn auch nicht alles so besonders gut war, muß man doch zugeben, daß er an diesem Tage schlaue Geschäfte gemacht hat. Stell dir 125
    vor, sich auf einmal so viel anzuschaffen: eine gute Milchkuh, eine fleißige Legehenne, einen wunderbaren Brotschieber und außerdem eine solche Menge Milch, daß sie für einen großen herrlichen Käse reichte!
    Das einzige, worüber sein Vater murren konnte, war vielleicht das alte Samtkästchen, das zu nichts auf der Welt nütze war, von KleinTda aber so sehr geliebt wurde. Sie legte ihren Fingerhut und ihre Schere hinein und ein Gesangbüchlein, das sie in der Sonntagsschule bekommen hatte, und ihre rote Haarschleife. Als sie das Kästchen bekam, lag ein Bündel alter Briefe darin, das sie sofort auf den Fußboden warf. Aber als Michel, aus dem Tischlerschuppen befreit, am Abend in die Küche kam, sah er die Briefe in einer Ecke liegen und nahm sie an sich.
    Alfred ging mit einer Fliegenklatsche umher und erschlug Fliegen, denn Lina sollte es wenigstens am Sonntag fliegenfrei haben.
    "Alles kann einmal seinen Nutzen haben", sagte Michel, als er Alfred die Briefe zeigte. "Sollte ich einmal Briefe wegschicken müssen, dann habe ich hier eine ganze Menge, die schon geschrieben sind."
    Obenauf lag ein Brief aus Amerika, und als Michel ihn sah, stieß er einen leisen Pfiff aus.
    "Paß auf, Alfred, hier haben wir bestimmt den Brief von Adrian!"
    Adrian war der älteste Sohn von Backhorva, der vor langer Zeit nach Amerika gefahren war und während der ganzen Zeit nur ein einziges Mal nach Hause geschrieben hatte. Das wußte ganz Lönneberga, und alle waren wütend auf Adrian, denn die armen Eltern taten ihnen leid. Aber was Adrian geschrieben hatte, als er schrieb, das wußte niemand, darüber hatten sie auf Backhorva geschwiegen.
    "Aber jetzt kann man es vielleicht erfahren", sagte Michel. Der tüchtige Junge hatte

Weitere Kostenlose Bücher