Immer dieser Michel
sich selbst das Lesen beigebracht. Er las Gedrucktes und Geschriebenes.
Er öffnete den Brief und las ihn Alfred laut vor. Es ging schnell, denn der Brief war kurz. Und das stand darin:
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"Ich habe einen Behren gesen. Sente euch Adrässe. Gutbaj für dieses Maal."
"Viel Nutzen wird mir dieser Brief nicht bringen, glaube ich", sagte Michel.
Aber da sollte er sich ganz schön irren.
Samstag, der 12. Juni, ging seinem Ende zu, die Nacht senkte sich über Katthult und brachte Stille und Ruhe allen, die dort wohnten, den Menschen und den Tieren. Allen außer Lina, die
Zahnschmerzen hatte. Sie lag wach in ihrer aufgeklappten Küchenbank und stöhnte und jammerte, während die kurze Juninacht kam und ging und ein neuer Tag anbrach. Ein neuer Tag auch in Michels Leben. Es war
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Sonntag, der 13. Juni, als Michel drei tapfere
Versuche machte, Linas Backenzahn zu ziehen, und
danach Klein-Ida ganz blau anmalte.
Die Kühe mußten gemolken werden, ob es nun Alltag oder Sonntag war. Um fünf Uhr am Morgen rasselte der Wecker in der Küche, und Lina kroch aus ihrem Bett, vom Zahnschmerz ganz zerschlagen. Sie warf einen Blick in den Spiegel über der Kommode und stieß einen gellen Schrei aus. Wie sie aussah! Die rechte Backe war geschwollen wie ein gut aufgegangenes rundes Hefebrötchen. Nein, das war zu schrecklich! Lina begann zu weinen.
Sie konnte einem wirklich leid tun, denn gerade heute sollte das ganze Dorf nach Katthult zum Kirchenkaffee kommen.
"Ich kann mich doch nicht zeigen, wenn ich nicht auf beiden Seiten gleich aussehe", stöhnte Lina und ging schluchzend zum Melken hinaus.
Sie brauchte sich aber nicht lange über ihre ungleichen Seiten zu sorgen, denn gerade als sie auf ihrem Melkschemel saß, kam eine Wespe und stach sie in die linke Backe. Nun sollte man ja annehmen, daß sie zufrieden war - die linke Backe schwoll rasch an und wurde genauso dick wie die rechte. Nun war es ja so gekommen, wie sie es haben wollte, beide Backen waren gleich rund - und doch weinte sie schlimmer als vorher.
Alle saßen gerade beim Frühstückstisch, als Lina in die Küche kam. Ich kann dir sagen, daß sie die Augen aufrissen, als sie da plötzlich in der Tür etwas Verschwollenes und Rotgeheultes stehen sahen. Und das sollte die Lina sein! Die Ärmste sah wirklich zum Weinen aus, und deshalb war es nicht nett von Michel, daß er lachte. Er hatte gerade sein Milchglas an den Mund gesetzt und wollte trinken, als er Lina erblickte. Da prustete er los, daß die Milch quer über den Tisch spritzte und auf der feinen Kirchenweste seines Vaters landete. Auch von Alfred hörte man ein leises Kichern! Ja, Lina konnte einem wirklich leid tun!
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Michels Mutter sah Michel und Alfred streng an, und während sie den Vater abtrocknete, blickte sie verstohlen auf Lina, und man merkte, daß sie verstand, warum Michel so losgeprustet hatte.
Aber sicher tat ihr Lina leid.
"Armes Kind", sagte sie, "du siehst böse aus und kannst dich so vor Menschen nicht sehen lassen. Michel, lauf zu Krösa-Maja und bitte sie, daß sie kommt und uns hilft, den Kaffee aufzutragen!"
An den Sonntagen Kirchenkaffee trinken, das mochten alle in Lönneberga, und sicher waren sie rundum auf den Höfen froh gewesen, als der Brief von Michels Mutter kam, in dem sie schrieb:
Nette Frauen und Herren, wenn Sie zu uns kommen wollten zum Kirchenkaffee jetzt am Sonntag.
Bitten freundlich Alma und Anton Svensson Katthult
Nun war es Kirchtag. Die Eltern fuhren los, denn zuerst mußten sie natürlich in die Kirche, bevor von einem Kirchenkaffee die Rede sein konnte.
Und Michel ging folgsam zu Krösa-Maja. Es war ein schöner Morgen, und er pfiff vergnügt, als er auf den Pfad zu Krösa-Majas Hütte einbog. Sie wohnte in einer alten Kate oben im Wald.
Wenn du auch einmal an einem frühen Sonntagmorgen im Juni in einem Wald in Smaland gewesen bist, dann wirst du dich sofort erinnern, wie das ist: Du hörst den Kuckuck rufen und die Amsel flöten, und du fühlst, wie weich die Kiefernnadeln unter deinen nackten Füßen sind und wie schön die Sonne deinen Nacken wärmt. Du gehst dahin und magst den Duft des Harzes von den Kiefern und Tannen, und du siehst, wie weiß die Walderdbeeren in den Lichtungen blühen. Genauso empfand es auch Michel, und deshalb hatte er keine Eile. Schließlich aber kam er doch zu dem Häuschen von Krösa-Maja, das da so klein und grau und baufällig, kaum zu sehen, zwischen den Bäumen stand.
Drinnen saß Krösa-Maja und las die
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