Immer dieser Michel
und Alfred waren also sehr zufrieden damit, wie Lina sich aufführte. Aber es gab einen anderen, der nicht damit zufrieden war, und das war Bullte aus Bö.
Er war der schlimmste Raufbold und Säufer in ganz Lönneberga, und daß es auf den Auktionen zu wüsten Schlägereien kam, war hauptsächlich die Schuld von Bullte. Immer war er es, der anfing.
Nun mußt du wissen, daß ein Bauernknecht damals das ganze Jahr hindurch arbeitete und sich abrackerte und fast nie vom Hof herunterkam. Deshalb war so eine Auktion ein richtiges Vergnügen für ihn, und dazu gehörte, daß er sich prügelte. Er wußte ja nicht, was er sonst mit all der vielen Kraft anfangen sollte, die plötzlich in ihm aufstieg, wenn er unter Menschen kam und wenn er dann noch einige kräftige Schnäpse gekippt hatte. Ja, nicht alle tranken nur Limonade. Jedenfalls nicht Bullte aus Bö.
Jetzt sah er also Lina beim Krakstorper sitzen und schäkern, und da sagte Bullte:
"Schämst du dich nicht, Lina? Was willst du mit so einem alten glatzköpfigen Bauernkaninchen! Siehst du denn nicht, daß der viel zu alt für dich ist?"
So fangen Schlägereien an.
Michel und Alfred sahen, wie wütend der Krakstorp-Bauer wurde und wie er Lina losließ. Na, mußte ausgerechnet Bullte aus Bö 117
daherkommen und alles zunichte machen, was sich Alfred und Michel ausgedacht hatten?
"Bleib sitzen, bleib um Himmels willen sitzen", rief Michel dem Krakstorper zu, "den Bullte übernehme ich!"
Und er nahm den Brotschieber und rammte ihn Bullte hart in den Rücken. Aber das hätte er nicht tun sollen, denn Bullte fuhr herum und griff sich Michel. Er war so wütend, daß er schielte, und Michel hing in seinen riesigen Händen und glaubte, seine letzte Stunde sei gekommen. Aber da brüllte Alfred:
"Laß den Jungen zufrieden, sonst kannst du deine Knochen in einem Taschentuch nach Hause tragen. Dafür werde ich sorgen!"
Alfred war auch kräftig und ging auch keiner Schlägerei aus dem Weg. Deshalb dauerte es keine zwei Sekunden, bis er und Bullte zusammenprallten, daß es nur so donnerte.
Und das war ungefähr das, worauf alle gewartet hatten.
Wollen wir nicht bald 'ne Prügelei anfangen? hatten sich schon mehrere Bauernknechte gefragt, und nun kamen sie natürlich von allen Seiten angerannt und wollten dabeisein.
Lina fing an zu kreischen.
"Sie schlagen sich meinetwegen", schrie sie. "Welch ein Drama!"
"Solange ich den Brotschieber habe, gibt es hier kein Drama", sagte Michel beruhigend.
Nun lagen alle Bauernknechte in einem großen Haufen aufeinander und krabbelten herum wie Krebse: Sie rissen und zerrten und schrien und bissen und hämmerten und schlugen und fluchten und juchten, und ganz unten lag Alfred mit Bullte und dem Krak-storp-Bauern.
Michel hatte Angst, daß sie seinen Alfred vollkommen zerdrücken würden, und so stocherte er mit seinem Brotschieber in dem Knechtshaufen herum und versuchte, ihn
herauszubekommen. Es war ungefähr wie bei einem Geduldspiel.
Aber es gelang ihm nicht, und wo Michel auch stand, immer reckte sich eine wütende Hand heraus und wollte ihn zu Fall bringen und in die Schlägerei hineinziehen.
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Aber das wollte Michel nicht. Er sprang auf Lukas und galoppierte auf die Streitenden los. Und wie er da ankam auf seinem Pferd, mit wehendem Haar und dem aufrecht stehenden Brotschieber, glich er fast einem Ritter, der sich mit erhobener Lanze ins Kampfgetümmel stürzt.
Michel ritt im Kreis um den Knechtshaufen herum und fuhr mit dem Brotschieber hinein, wo er konnte. Er hatte ja jetzt viel mehr Schwung, und es glückte ihm, zumindest die oberste Schicht der Bauernknechte abzuschälen. Aber es kamen immer wieder neue und warfen sich dazu, und sosehr Michel auch mit dem Brotschieber arbeitete, Alfred konnte er nicht befreien.
Alle Frauen und Kinder auf der Auktion weinten und schrien.
Michels Vater und andere vernünftige Bauern, die von Schlägereien nichts hielten, standen da und sagten hilflos:
"Hört doch jetzt auf, Jungs! Es gibt ja noch mehr Auktionen!
Spart euch doch dafür noch ein bißchen Blut auf!"
Aber die Bauernknechte waren so in Fahrt, daß sie überhaupt nichts hörten. Sie wollten nur prügeln und prügeln und prügeln.
Michel schleuderte den Brotschieber weg.
Jetzt, Lina, mußt du helfen und nicht nur rumstehen und kreischen", sagte er. "Schließlich ist es dein Bräutigam, der ganz zuunterst liegt!"
Ich habe ja gesagt, daß Michel sehr pfiffig war. Ratet, was er machte! Er hatte die Feuerspritze, und
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