Immer für dich da (German Edition)
gut.«
»Okay, du kannst auf mich zählen.«
Er lächelte, aber selbst sein Lächeln wirkte müde. »Das wusste ich doch.«
Früh am Samstagmorgen rief Tully als Erstes Johnny an. »Ich hab’s«, verkündete sie, als er sich meldete.
»Was denn?«
»Ich fahr mit ihr zur Salish Lodge zum Wellness. Entspannung, Massage, das ganze Programm. Und wir werden reden.«
»Sie wird dir sagen, sie hätte keine Zeit, und alles abblasen.«
»Dann entführe ich sie einfach.«
»Meinst du, das klappt?«
»Hast du je erlebt, dass ich nicht schaffe, was ich mir vorgenommen habe?«
»Okay. Ich packe eine Reisetasche, stelle sie an die Tür, und fahre ich mit den Kindern weg, dann hat sie keine Ausrede mehr.« Er zögerte kurz. »Danke, Tully. Sie kann sich glücklich schätzen, eine Freundin wie dich zu haben.«
Tully legte auf und wählte gleich eine neue Nummer. Und das war nicht ihr letzter Anruf an diesem Morgen.
Um neun Uhr war bereits alles vorbereitet. Sie packte schnell, warf alles in den Kofferraum, fuhr zu einem Laden am Capitol Hill, um das Nötigste einzukaufen, und steuerte dann den Fährhafen an. Die Wartezeit bis zur Abfahrt und die Überfahrt selbst kamen ihr wie eine Ewigkeit vor, doch schließlich bog sie in Kates Einfahrt ein.
Sie parkte vor der Garage und stieg aus. Als sie sich einen Weg durch die Fahrräder, Skateboards und Action-Figuren bahnte, die wild verstreut auf dem Kiesweg lagen, fiel ihr unwillkürlich auf, wie heimelig das ganze Anwesen trotz der Jahreszeit wirkte. Das Schindelhaus, das in den Zwanzigern als Wochenendhaus für einen reichen Holzbaron erbaut worden war, hatte einen frischen karamellfarbenen Anstrich bekommen, und glänzend weiße Rahmen betonten die Fenster, vor denen die letzten Geranien des Jahres blühten.
Auf der vorderen Veranda zwängte sie sich an einem riesigen Stehaufmännchen vorbei, das als Boxpartner dienen sollte, und klopfte an die Tür.
Kate kam öffnen. Sie trug zerschlissene schwarze Leggins und ein überdimensionales T-Shirt und sah mit ihren ungemachten Haaren ziemlich zerzaust aus. Erschöpft. »Oh«, sagte sie und strich sich eine Strähne hinters Ohr. »Welch nette Überraschung.«
»Ich fordere dich nur einmal ganz freundlich auf, mit mir zu kommen.«
»Was soll das denn heißen? Ich komme nirgendwohin, ich bin gerade mitten bei der Arbeit. Die Jungs haben bald ein Sponsorenfest, und sobald ich mit den Vorbereitungen –«
Tully zog eine quietschgelbe Wasserpistole aus ihrer Tasche und zielte damit auf Kate. »Zwing mich nicht, auf dich zu schießen.«
»Du willst auf mich schießen?«
»In der Tat.«
»Hör mal, ich weiß, dass du es gern dramatisch hast, aber ich habe jetzt keine Zeit für so was. Ich muss noch ungefähr –«
Tully betätigte den Abzug. Ein Wasserstrahl schoss durch
die Luft und traf Kate mitten auf der Brust. Das Wasser drang durch ihr T-Shirt und hinterließ einen Fleck.
»Was zum –«
»Dies ist eine Entführung. Zwing mich nicht, auf dein Gesicht zu zielen, obwohl du, offen gestanden, eine Dusche gebrauchen könntest.«
»Willst du mich wütend machen?«
Tully reichte Kate eine schwarze Augenbinde. »Ich musste dafür in den gruseligen Sexladen auf dem Capitol Hill. Du weißt das hoffentlich zu schätzen.«
Kate wirkte völlig verwirrt, so als wüsste sie nicht, ob sie lachen oder wütend werden sollte. »Ich kann doch nicht einfach so weg. Johnny und die Kinder werden in einer Stunde zurück sein, und dann muss ich –«
»Nein, werden sie nicht.« Tully spähte an ihr vorbei in das unordentliche Wohnzimmer. »Da steht dein Koffer.«
Kate wirbelte herum. »Wie –«
»Johnny hat ihn heute Morgen gepackt. Er ist eingeweiht und wird mir ein Alibi geben, falls Probleme auftauchen sollten. Und jetzt hol deinen Koffer.«
»Du erwartest ernsthaft von mir, dass ich nur mit den Sachen, die mein Mann für notwendig hält, mit dir mitkomme? Wenn ich diesen Koffer öffne, finde ich darin nur sexy Dessous, eine Zahnbürste und Kleider, die mir seit zwei Jahren nicht mehr passen.«
Tully wedelte mit der Augenbinde. »Leg die jetzt an, sonst schieße ich noch mal.« Sie krümmte langsam den Zeigefinger.
Da endlich warf Kate die Hände in die Höhe. »Schön. Du hast gewonnen.« Sie band sich die Augenbinde um und sagte: »Du weißt natürlich, dass kluge Verbrecher ihren Opfern vor der Tat die Binde umlegen. Ich denke, damit wollen sie verhindern, dass das Opfer sie wiedererkennt.«
Tully verkniff sich ein
Weitere Kostenlose Bücher