Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer für dich da (German Edition)

Immer für dich da (German Edition)

Titel: Immer für dich da (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
Vom Netzwerk:
Freundin Katie an? Aber bitte nicht zu lange. Ist teuer.« Sie seufzte.
    Allein der Gedanke daran, mit Kate sprechen zu können, hob Tullys Laune. Ferngespräche konnten sie sich nur selten leisten. »Danke, Grandma. Das mache ich.«
    In der nächsten Woche besorgte sich Tully einen Job bei der Wochenzeitung ihres Stadtbezirks. Ihre Aufgaben entsprachen ihrem mickrigen Stundenlohn, doch das war ihr gleich. Sie hatte den Fuß in der Tür. Fast jede freie Stunde des Sommers 1977 verbrachte sie in der kleinen, engen Redaktion und saugte jede Information auf, die sie bekommen konnte. Wenn sie sich nicht den Reportern an die Fersen heftete, Kopien machte oder Kaffee holte, war sie zu Hause und spielte mit Grandma Rommé. Pünktlich jeden Sonntagabend schrieb sie an Kate und informierte sie über jedes noch so winzige Detail der vergangenen Woche.
    Jetzt saß sie am winzigen Schreibtisch ihres Mädchenzimmers und las noch einmal ihren achtseitigen Brief durch, bevor sie ihn mit Für immer Deine beste Freundin Tully unterschrieb. Dann faltete sie ihn sorgfältig zusammen.
    Vor ihr stand die letzte Postkarte von Kate, die mit ihrer Familie im jährlichen Campingurlaub war. Kate nannte es die »Höllenwoche unter Krabbeltieren«, aber Tully beneidete sie um jeden perfekt klingenden Augenblick. Sie wünschte, sie hätte mitfahren können; selten war ihr etwas so schwergefallen, wie diese Einladung abzulehnen. Aber da sie jetzt einen wichtigen Ferienjob hatte und Grandmas Gesundheit zu wünschen übrig ließ, hatte sie kaum eine andere Wahl gehabt.
    Sie las noch einmal die Karte, die sie schon fast auswendig kannte: Abends Karten spielen, Marshmallows am Feuer rösten, im eiskalten See schwimmen …
    Sie zwang sich, ihren Blick abzuwenden. Es war nicht gut, sich nach Dingen zu verzehren, die man nicht haben konnte. Diese Lektion hatte sie bereits von Cloud gelernt.
    Sie steckte den Brief in einen Umschlag, versah ihn mit der Adresse und ging nach Grandma sehen, die bereits schlief.
    Dann schaute sie sich allein ihre Lieblingssonntagssendungen an –  All in the Family, Alice und Kojak  – und ging dann zu Bett. Sie fragte sich, was die Mularkeys wohl gerade machten.
    Am nächsten Morgen wachte sie wie üblich um sechs Uhr auf und streifte ihre Arbeitskluft über. Manchmal, wenn sie früh genug bei der Zeitung erschien, ließ einer der Reporter sich von ihr bei einer Story helfen.
    Sie eilte den Flur hinunter und klopfte an die letzte Tür. Obwohl sie es hasste, ihre Großmutter zu wecken, galt doch die Regel, dass sie ohne Abschied nicht gehen durfte. »Grandma?«
    Sie klopfte noch einmal, schob dann langsam die Tür auf und rief: »Grandma … ich gehe zur Arbeit.«
    Durch die Fenster fiel lavendelfarbenes Licht. In der Dämmerung waren die Stickbilder an der Wand nur form- und farblose Schatten.
    Grandma lag im Bett. Selbst von der Tür aus konnte Tully ihren Umriss, ihre weißen Locken und die Falten ihres Nachthemds sehen … und die Reglosigkeit ihrer Brust.
    »Grandma?«
    Sie ging zu ihr und berührte die faltige, weiche Wange ihrer Großmutter. Sie war eiskalt. Keinerlei Atemhauch.
    Plötzlich schien die ganze Welt in ihren Grundfesten erschüttert und drohte zu kippen. Tully musste all ihre Kraft zusammennehmen, um einfach dazustehen und auf das leblose Gesicht ihrer Großmutter zu blicken.
    Ganz langsam kamen ihr die Tränen; es war, als würde jede einzelne Träne aus Blut gebildet und sei zu dick für die Tränenkanäle. Kaleidoskopartig wirbelten ihr Erinnerungen durch den Kopf: Grandma, die ihr an ihrem siebten Geburtstag die Haare flocht und sagte, eines Tages würde ihre Mommy zurückkommen, wenn sie nur eifrig genug betete; dann Jahre später, als sie ihr sagte, dass Gott manchmal weder die Gebete eines kleinen Mädchens noch die einer erwachsenen Frau erhöre; dann in der letzten Woche, als Tully wieder einmal den ganzen Stapel der abgelegten Karten aufnehmen musste und sie lachend sagte: »Tully, du musst doch nicht immer alle Karten haben …«, und schließlich, wie sie ihr einen Gutenachtkuss gab.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort gestanden hatte, aber als sie sich schließlich zu ihrer Großmutter herunterbeugte und ihr einen Kuss auf die papierdünne Haut ihrer Wange drückte, schien bereits die Sonne durchs Fenster und erhellte das Zimmer. Die Helligkeit überraschte Tully. Ohne Grandma musste das Zimmer eigentlich dunkel sein.
    »Komm schon, Tully«, sagte sie zu sich.
    Sie wusste,

Weitere Kostenlose Bücher