Immer für dich da (German Edition)
beide Häuser, den Wagen, die Aktien und das Geld auf der Bank – dir hinterlassen. Außerdem hat sie Anweisungen gegeben, mit den monatlichen Zahlungen an ihre Tochter Dorothy fortzufahren. Deine Großmutter glaubte, dies sei der beste oder gar einzige Weg, mit ihr in Kontakt zu bleiben. Dorothy hat sich als sehr verlässlich erwiesen, wenn es um ihr Geld geht.« Er räusperte sich. »Nun … wenn wir beide Häuser verkaufen, brauchst du dir eine Zeitlang um Geld keine Sorgen zu machen. Wir könnten –«
»Aber dann habe ich ja gar kein Zuhause mehr.«
»Das tut mir leid, aber Ima war in diesem Punkt sehr strikt. Sie wollte, dass du auf jedes von dir gewünschte College gehen kannst.« Er blickte auf. »Sie hat mir gesagt, dass du eines Tages den Pulitzer-Preis bekommen würdest.«
Tully fasste es einfach nicht, dass sie schon wieder weinen musste, und das noch vor diesen Leuten. Sie sprang auf. »Ich muss mal auf die Toilette.«
Eine steile Falte erschien auf Mr Bakers bleicher Stirn. »Oh. Gewiss. Unten. Erste Tür links vom Eingang.«
Tully nahm ihren Koffer und ging unsicher zur Tür. Im Flur drückte sie erst einmal die Tür hinter sich zu, lehnte sich an die Wand und versuchte, die Fassung wiederzuerlangen.
Auf gar keinen Fall würde sie zu einer Pflegefamilie gehen.
Sie warf einen Blick auf die Datumsanzeige ihrer Uhr.
Morgen würden die Mularkeys nach Hause kommen.
Kapitel 7
D ie Heimfahrt aus British Columbia schien gar nicht enden zu wollen. Da die Klimaanlage ausgefallen war, blies die Lüftung sinnlos warme Luft in den Wagen. Alle fühlten sich erhitzt, müde und schmutzig. Trotzdem wollten Mom und Dad immer noch singen. Ständig nervten sie die Kinder mitzusingen.
Kate hielt es einfach nicht mehr aus. »Mom, könntest du Sean bitte verbieten, sich ständig gegen mich zu drücken?«
Der Bruder rülpste laut und lachte. Der Hund fing wild an zu bellen.
Der Vater stellte das Radio an. John Denvers Stimme dröhnte mit »Thank God I’m a Country Boy« aus den Lautsprechern. »Das singe ich, Margie. Wenn die anderen nicht mitsingen wollen … auch gut.«
Kate wandte sich wieder ihrem Buch zu. Der Wagen holperte so, dass ihr die Wörter vor den Augen tanzten, doch das war ihr ganz gleich; schließlich hatte sie den Herrn der Ringe schon unzählige Male gelesen.
Ich bin froh, dass du hier bei mir bist. Hier am Ende aller Dinge, Sam.
»Katie. Kathleen.«
Sie sah auf. »Ja?«
»Wir sind da«, sagte der Vater. »Leg das verflixte Buch weg und hilf uns, den Wagen auszuladen.«
»Kann ich zuerst Tully anrufen?«
»Nein. Zuerst mal wird ausgeladen.«
Kate knallte ihr Buch zu. Sieben Tage hatte sie darauf gewartet, diesen Anruf zu tätigen. Aber das Ausladen des Wagens war natürlich wichtiger. »Aber Sean muss auch helfen.«
Ihre Mutter seufzte. »Kümmer dich erst mal um deine eigene Aufgabe, Kathleen.«
Sie stiegen aus dem muffig riechenden Kombi und machten sich an das Ritual, das ihr Ferienende anzeigte. Als sie endlich fertig waren, war es bereits dunkel. Kate schaltete die Waschmaschine an und ging dann zu ihrer Mutter, die mit dem Vater auf dem Sofa saß. Sie sahen erschöpft aus.
»Darf ich jetzt Tully anrufen?«
Dad blickte auf seine Uhr. »Um halb zehn? Das sähe ihre Großmutter bestimmt nicht so gern.«
»Aber –«
»Gute Nacht, Katie«, sagte der Vater entschieden.
»Das ist so ungerecht!«
»Wer hat gesagt, das Leben sei gerecht? Ab ins Bett!«, meinte die Mutter lachend.
Fast vier Stunden stand Tully hinter einer Ecke ihres Hauses und sah den Mularkeys beim Ausladen zu. Ein Dutzend Mal war sie nahe dran gewesen, einfach rüberzurennen, aber sie war noch nicht bereit für einen stürmischen Familienempfang. Sie wollte mit Kate allein sein, an einem stillen Plätzchen, wo sie reden konnten.
Also wartete sie, bis im Haus alle Lichter ausgingen, und überquerte erst dann die Straße.
Gegen elf warf sie Steinchen hinauf zu Kates Fenster.
Beim vierten Steinchen streckte ihre Freundin den Kopf aus dem Fenster. »Tully!« Dann knallte sie das Fenster zu. Und es dauerte nicht mal eine Minute, bis sie aus dem Hintereingang des Hauses mit ausgestreckten Armen auf Tully zugeschossen kam. Als Tully Kates Umarmung spürte, fühlte sie sich zum ersten Mal seit Tagen sicher und geborgen.
»Ich hab dich so vermisst.« Sie umarmte sie noch fester.
Tully brachte kein Wort heraus. Es kostete all ihre Selbstbeherrschung, nicht in Tränen auszubrechen. Sie fragte sich, ob
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