Immer für dich da (German Edition)
Meinung, dass dies eine interessante Artikelreihe ergeben könnte. Die Beobachtung einer Highschoolklasse im Jahre 1978 . Wir könnten monatliche Hintergrundberichte darüber bringen, was wirklich hinter den Pforten einer der hiesigen Highschools stattfindet. Ich bin sicher, Ihre Zuschauer –«
»Mrs Hart.« Er blickte sie an. Sie hatte den Eindruck, dass er ein Lächeln unterdrückte.
»Ja, Mr Rorbach?«
»Menschenskind, dies hier ist die Zweigstelle von ABC. Wir stellen keine Schüler ein.«
»Aber Sie haben doch freie Mitarbeiter.«
»An der Washington University und einigen Colleges, ja. Aber unsere Volontäre wissen, wie es in einem Fernsehsender zugeht. Die meisten haben bereits bei einem Campussender gearbeitet. Tut mir leid, aber Sie sind einfach noch nicht so weit.«
»Ach.«
Sie starrten einander an.
»Ich bin jetzt schon eine Ewigkeit in diesem Job, Mrs Hart, und habe selten jemanden kennengelernt, der so ehrgeizig ist wie Sie.« Er klopfte noch einmal auf den Ordner mit ihren Briefen. »Ich sag Ihnen was, schreiben Sie mir einfach weiter. Und ich halte ein Auge für Sie offen.«
»Wenn ich also bereit bin, Reporterin zu werden, stellen Sie mich ein?«
Er lachte. »Schicken Sie mir einfach weiter Ihre Artikel. Und sorgen Sie dafür, dass Sie gute Noten bekommen und aufs College können, klar? Dann sehen wir weiter.«
Plötzlich durchströmte Tully neue Energie. »Ich schicke Ihnen jeden Monat einen neuen Bericht. Eines Tages werden Sie mich einstellen, Mr Rorbach. Sie werden schon sehen.«
»Ich möchte nicht dagegenhalten, Mrs Hart.«
Sie plauderten noch ein Weilchen, dann geleitete Mr Rorbach sie aus seinem Büro. Auf dem Weg zur Treppe blieb er an der Vitrine mit Auszeichnungen stehen, wo Dutzende von Emmys und anderen Preisen im Licht funkelten.
»Eines Tages gewinne ich auch einen Emmy«, erklärte sie und berührte die Vitrine mit den Fingerspitzen. Sie weigerte sich, sich von diesem Aufschub entmutigen zu lassen, denn nichts anderes als ein Aufschub war es.
»Wissen Sie was, Tallulah Hart, das glaube ich Ihnen sogar. Aber jetzt gehen Sie erst mal auf die Highschool und genießen Ihr letztes Jahr. Der Ernst des Lebens kommt noch früh genug.«
Draußen herrschte Bilderbuchwetter: Ein wolkenloser blauer Himmel präsentierte Seattle von seiner besten Seite und brachte so manchen in Versuchung, sein Haus in einer weniger schönen Stadt zu verkaufen und hierherzuziehen.
Tully presste die große schwarze Aktentasche ihres Großvaters an sich und ging die Straße hinauf zur nächsten Bushaltestelle.
Während des gesamten Heimwegs versuchte sie sich einzureden, eigentlich habe sie Glück gehabt, denn jetzt habe sie die Chance bekommen, sich im College zu beweisen und sogar einen noch besseren Job zu bekommen.
Doch ganz gleich, wie sehr sie sich auch bemühte, ihr Gefühl, versagt zu haben, wollte einfach nicht weichen. Als sie zu Hause ankam, fühlte sie sich irgendwie klein und gedrückt.
Sie trat ein und warf die Aktentasche auf den Küchentisch.
Ihre Grandma saß mit einer Stickarbeit im Schoß auf dem alten, zerschlissenen Sofa im Wohnzimmer und hatte die Füße auf den Hocker gelegt. Sie schlief und schnarchte leise.
Bei ihrem Anblick zwang Tully sich zu einem Lächeln. »Hey, Gran«, sagte sie leise und beugte sich zu ihr, um ihre knotige Hand zu berühren. Dann setzte sie sich neben sie.
Ihre Großmutter brauchte eine Weile, um wach zu werden. Langsam wurde ihr Blick hinter der dicken, altmodischen Brille klarer. »Wie war es?«, fragte sie.
»Der stellvertretende Nachrichtenchef meinte, ich sei überqualifiziert, ist das zu glauben? Er sagte, für jemanden mit meinen Fähigkeiten sei der Job eine Sackgasse.«
»Du bist zu jung, nicht wahr?«
Jetzt brannten Tully die Tränen in den Augen, die sie die ganze Zeit zurückgedrängt hatte. Peinlich berührt, wischte sie sie weg. »Sobald ich aufs College komme, werden sie mir einen Job anbieten, das weiß ich genau. Du wirst sehen, eines Tages bist du stolz auf mich.«
»Ich bin doch schon stolz. Du willst nicht meine, sondern Dorothys Anerkennung.« Sie schaute Tully dabei mitleidig an.
Tully schmiegte sich an die schmale Schulter ihrer Großmutter und ließ sich von ihr umarmen. Sie wusste, der Schmerz würde gleich wieder nachlassen; wie ein Sonnenbrand würde er verheilen und sie ein wenig geschützter daraus hervorgehen lassen. »Ich hab doch dich, Grandma, was brauche ich da sie?«
»Warum rufst du nicht mal deine
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