Immer für dich da (German Edition)
aufzunehmen. »Wir sollten morgen Abend zu dieser Party gehen. Du weißt schon, die, von der du in deinem letzten Brief geschrieben hast.«
»Die Schulabschlussparty bei Karen?«
»Genau.«
»Meine Eltern würden einen Aufstand machen, wenn sie davon erfahren.«
»Wir sagen, du übernachtest bei mir. Deine Mom wird glauben, Cloud sei für einen Tag zurückgekehrt.«
»Wenn ich erwischt werde –«
»Wirst du nicht.« Als Tully sah, wie besorgt ihre Freundin war, wusste sie, dass sie ihren Plan eigentlich hätte aufgeben sollen. Es war leichtsinnig, vielleicht sogar gefährlich. Aber sie konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Wenn sie nicht etwas Drastisches tat, würde sie in der Düsternis ihrer eigenen Gefühle und Ängste versinken. Dann würde sie an ihre Mutter denken, die sie so oft im Stich gelassen hatte, und an die Fremden, bei denen sie wohnen sollte, und an ihre Großmutter, die für immer fort war. »Wir werden nicht erwischt, versprochen. Du vertraust mir doch, oder?«
»Klar«, sagte Kate langsam.
»Großartig. Dann gehen wir auf die Party.«
»Kinder! Frühstück ist fertig!«
Kate war als Erste am Tisch.
Die Mutter hatte gerade einen Teller mit Pfannkuchen darauf abgestellt, als es an der Tür klopfte.
Kate sprang auf. »Ich geh schon.« Sie rannte zur Tür, riss sie auf und mimte Überraschung. »Mom, sieh mal, wer da ist! Tully! Ich hab dich ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
Kates Mom stand in ihrem bodenlangen Bademantel und den rosafarbenen Hausschuhen am Tisch. »Hey, Tully. Schön, dich wiederzusehen. Wir haben dich dieses Jahr beim Zelten vermisst, aber ich weiß ja, wie wichtig dein Job ist.«
Tully kam unsicher herein. Sie blickte auf und wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Ton heraus. Sie stand einfach nur da und starrte Kates Mom an.
»Was ist denn?«, fragte diese und trat auf Tully zu. »Was ist los?«
»Meine Grandma ist gestorben«, antwortete Tully leise.
»Oh, Schatz …« Kates Mutter zog Tully in die Arme und drückte sie fest an sich. Eine Ewigkeit hielt sie sie so, bis sie sie schließlich zum Sofa im Wohnzimmer führte.
»Mach den Herd aus, Katie«, sagte sie.
Kate gehorchte und folgte ihnen dann ins Wohnzimmer. Am Türbogen, der die zwei Zimmer miteinander verband, blieb sie stehen. Die beiden anderen schienen gar nicht zu bemerken, dass sie da war.
»War die Beerdigung schon?«, fragte die Mutter sanft und hielt Tullys Hand.
Tully nickte. »Alle sagten, es täte ihnen leid. Ich hasse diesen Satz, wirklich.«
»Aber die Leute wissen nur nicht, was sie sonst sagen sollen.«
»Mein Lieblingssatz war: Sie ist jetzt an einem besseren Ort, der kam ziemlich häufig. Als wäre man besser tot, als bei mir zu bleiben.«
»Und deine Mom?«
»Sagen wir einfach, dass sie sich nicht grundlos ›Cloud‹ genannt hat. Sie tauchte auf und verzog sich ganz schnell wieder.« Tully blickte zu Kate und fügte rasch hinzu: »Aber jetzt ist sie hier. Wir wohnen gegenüber.«
»Natürlich. Sie weiß doch, dass du sie jetzt brauchst.«
»Kann ich heute Nacht dort schlafen, Mom?«, fragte Kate; ihr klopfte das Herz so heftig, dass sie meinte, ihre Mutter könnte es hören. Zwar versuchte sie, so unschuldig wie möglich dreinzublicken, rechnete jedoch fest damit, von ihrer Mutter durchschaut zu werden.
Allerdings würdigte sie Kate keines Blickes. »Natürlich. Ihr Mädchen müsst jetzt zusammenhalten. Aber vergiss nie, Tully Hart: Du bist die nächste Jessica Savitch. Du wirst es überstehen. Versprochen.«
»Meinen Sie wirklich?«, fragte Tully.
»Ich weiß es. Du bist etwas ganz Besonderes, Tully. Und du kannst dir sicher sein, dass deine Grandma dir vom Himmel aus zusieht.«
Plötzlich verspürte Kate den Drang, dazwischenzugehen und ihre Mom zu fragen, ob sie auch glaube, sie könne die Welt verändern. Sie öffnete schon den Mund, doch bevor sie ihre Frage stellen konnte, hörte sie Tully sagen: »Sie werden stolz auf mich sein, Mrs M. Ich verspreche es.«
Kate hielt inne. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, dass ihre Mutter stolz auf sie war. Sie war nichts Besonderes, so wie Tully.
Aber eigentlich sollte ihre Mutter das doch denken und auch sagen. Stattdessen wurde sie – wie alle anderen auch – in Tullys Bann gezogen.
»Wir werden beide Reporterinnen«, sagte Kate lauter, als sie beabsichtigt hatte. Als sie die verwirrten Blicke der anderen bemerkte, kam sie sich vor wie eine Idiotin. »Kommt schon.« Sie zwang sich zu
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