Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer für dich da (German Edition)

Immer für dich da (German Edition)

Titel: Immer für dich da (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
Vom Netzwerk:
wussten es, doch Johnny war es vielleicht am deutlichsten bewusst. Und obwohl weder er noch Tully und Kate je von der Zukunft sprachen, spürten sie ihre bevorstehende Trennung ständig näher rücken, und dies machte ihr Beisammensein noch intensiver. An den seltenen Abenden, da sie nicht arbeiteten, gingen sie gemeinsam aus, spielten Pool und tranken Bier. Am Ende ihres zweiten gemeinsamen Jahres wussten sie alles Wissenswerte voneinander – zumindest alles, was sie preiszugeben bereit waren.
    Das wirklich Wichtige jedoch blieb ungesagt. Kate entging nicht die Ironie des Ganzen: Wie konnten drei Menschen, die Tag für Tag das Geröll des Lebens nach dem Körnchen Wahrheit durchsiebten, so blind sein, was ihr eigenes Leben betraf?
    Tully wusste nicht, dass Johnny sie begehrte, und Johnny hatte keine Ahnung, dass Kate ihn begehrte.
    So dauerte ihr seltsames Dreiecksverhältnis an, Tag für Tag, Abend für Abend. Ständig fragte Tully Kate, warum sie sich eigentlich nie verabredete. Kate hätte ihr nur zu gerne die Wahrheit anvertraut, doch jedes Mal, wenn sie einen Anlauf nahm, scheute sie kurz davor zurück. Wie konnte sie ihr nach der selbstgerechten Predigt, die sie Tully wegen Chad gehalten hatte, von Johnny erzählen? Schließlich war es noch schlimmer, in seinen Chef verliebt zu sein als in seinen Dozenten.
    Außerdem, was wusste Tully schon über unerwiderte Liebe? Tully würde sie nur drängen, sich mit Johnny zu verabreden. Und was sollte Kate dann sagen? Das geht nicht, weil er in dich verliebt ist? In einem geheimen Winkel ihres Herzens, vor dem sie sich meist verschloss, lauerte noch eine andere Wahrheit, die nur in ihren Alpträumen offenbar wurde. Bei Tageslicht hätte sie darüber gelacht, doch nachts, allein, im Dunkeln, befürchtete sie, dass Johnny für Tully erst attraktiv würde, wenn sie von Kates Liebe zu ihm erführe. Das wollte Kate nicht riskieren. Sie konnte damit leben, ihn nicht zu bekommen. Aber ihn an Tully zu verlieren wäre einfach unerträglich.
    Also biss Kate die Zähne zusammen, konzentrierte sich auf ihre Arbeit und hielt ihre Träume von Liebe vor aller Welt verborgen.
    Sicherheitshalber achtete sie darauf, nie zu lange mit Johnny allein zu sein. Obwohl sie längst nicht mehr so nervös oder ungeschickt in seiner Gegenwart war, war ihr dennoch bewusst, dass seinem scharfen Blick irgendwann vielleicht nicht mehr entging, was sie so eifrig vor ihm zu verbergen suchte.
    Das gelang ihr alles in allem ziemlich gut, bis Johnny sie an einem kalten Novembertag im Jahr 1984 in sein Büro rief.
    An diesem Tag waren sie wieder allein.
    Kate strich sich ihren Angorapullover glatt und setzte ein unverbindliches Lächeln auf. Als sie sein Büro betrat, stand er am Fenster und starrte hinaus. »Was ist, Johnny?«
    Er sah schrecklich aus. Verhärmt. »Erinnerst du dich an das, was ich dir über El Salvador erzählt habe?«
    »Natürlich.«
    »Nun, ich habe dort unten noch Freunde. Einer von ihnen, Pater Ramón, wird vermisst. Seine Schwester glaubt, er sei verschleppt worden und werde nun gefoltert oder sei möglicherweise bereits tot. Sie möchte, dass ich komme und schaue, ob ich etwas tun kann.«
    »Aber das ist doch gefährlich –«
    »›Gefahr‹ ist mein zweiter Vorname.« Er lächelte, aber es war nur eine verzerrte Version seines üblichen Lächelns.
    »Darüber scherzt man nicht. Du könntest getötet werden. Oder verschwinden wie der Journalist bei dem Putsch in Chile. Der ist auch nie wieder aufgetaucht.«
    »Glaub mir. Ich meine es todernst. Ich war schließlich da, schon vergessen? Ich weiß, wie es ist, wenn einem die Augen verbunden werden und man darauf wartet, erschossen zu werden.« Er wandte das Gesicht ab. Sein Blick verlor sich ins Leere, und Kate fragte sich, woran er wohl dachte. »Jedenfalls kann ich die Menschen, die mich damals beschützt haben, nicht im Stich lassen. Könntest du das, wenn Tully dich um Hilfe bitten würde?«
    »Du weißt genau, dass ich ihr immer helfen würde. Allerdings begibt sie sich nicht in Krisengebiete, es sei denn, du zählst den Schlussverkauf bei Nordstrom dazu.«
    »Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann. Hältst du also den Laden am Laufen, während ich weg bin?«
    »Ich?«
    »Wie ich schon mal sagte: Du bist ein verantwortungsvolles Mädchen.«
    Sie konnte nicht anders; sie trat zu ihm und sah ihn an. Er würde weggehen und konnte verletzt werden, wenn nicht gar Schlimmeres. »Eine Frau«, sagte sie.
    Ernst sah er auf sie herab.

Weitere Kostenlose Bücher