Immer für dich da (German Edition)
sie und hoffte, nicht rot zu werden.
Jetzt musste er doch lächeln. »Ich wollte Ihnen ein Kompliment machen.«
»Ach, verantwortungsbewusst ist ein Kompliment?«
»Was wäre Ihnen denn lieber?«
»Sexy. Geistreich. Schön.« Sie lachte nervös und klang jetzt doch eher wie ein Mädchen. »Sie wissen schon: das, was alle Frauen hören wollen.«
Er lehnte sich zurück. Blieb zu hoffen, dass er keine Distanz herstellen wollte. Plötzlich hätte sie sich ohrfeigen können, dass sie mit keinem ihrer Kommilitonen geschlafen hatte. Sie war sicher, dass er ihr ihre Unschuld ansehen konnte. »Wie lange sind Sie jetzt schon beim Sender – zwei Monate?«
»Fast drei.«
»Und, wie gefällt es Ihnen?«
»Gut.«
»Gut? Eine seltsame Antwort. Unsere Branche liebt man entweder oder man hasst sie.« Er stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Empfinden Sie Leidenschaft dafür?«
Da war es wieder, das eine Wort, das sie und Tully so voneinander trennte wie die Spreu vom Weizen.
»J-ja.«
Er musterte sie und lächelte wissend. Sie fragte sich, wie tief er ihr mit seinen blauen Augen in die Seele blicken konnte.
»Tully jedenfalls empfindet Leidenschaft.«
»Ja.«
Da fragte er, bemüht beiläufig: »Trifft sie sich mit jemandem?«
Kate betrachtete es als persönlichen Triumph, dass sie bei dieser Frage keinerlei Reaktion zeigte. Jetzt endlich wusste sie, warum er sie zum Essen ausgeführt hatte. Sie hätte es wissen müssen. Am liebsten hätte sie gesagt: Ja, sie hat seit Jahren einen Freund, doch das wagte sie nicht. Zwar musste Tully Chad nicht mehr verstecken, aber sie stellte ihn auch nicht zur Schau. »Was glauben Sie?«
»Ich glaube, sie trifft sich mit vielen Männern.«
Glücklicherweise kam die Kellnerin mit dem Essen, und Kate tat so, als konzentrierte sie sich darauf. »Was ist mit Ihnen? Ich habe nicht das Gefühl, dass Sie für Ihren Job besonders große Leidenschaft empfinden.«
Er blickte abrupt auf. »Wie kommen Sie denn darauf?«
Sie aß weiter, sah ihn jedoch an.
»Kann sein«, sagte er leise.
Sie spürte, wie sie erstarrte. Zum ersten Mal betrieben sie keinen müßigen Small Talk. Er hatte gerade etwas Wichtiges vor ihr preisgegeben, da war sie sich sicher. »Erzählen Sie mir von El Salvador.«
»Wissen Sie, was da unten passiert ist? Das Massaker? Das reinste Blutbad. In letzter Zeit hat sich die Lage wieder verschlimmert. Die Todesschwadronen ermorden Zivilisten, Priester und Nonnen.«
Das hatte Kate nicht mal ansatzweise gewusst, dennoch nickte sie und bemerkte, wie er mit seinen Gefühlen kämpfte. Sie hatte ihn noch nie so aufgewühlt, so leidenschaftlich gesehen. Doch lag auch ein rätselhafter Ausdruck in seinen Augen. »Sie klingen, als hätten Sie Ihren Job dort wirklich geliebt. Warum haben Sie aufgehört?«
»Darüber will ich nicht sprechen.« Er trank sein Bier aus und stand auf. »Wir müssen jetzt wieder an die Arbeit.«
Sie blickte auf ihr Essen, das sie kaum angerührt hatten. Offenbar war sie zu weit gegangen, zu neugierig gewesen. »Tut mir leid, wenn ich zu persönlich –«
»Nein, nein. Das Ganze ist schon längst vorbei. Gehen wir.«
Den ganzen Rückweg sagte er kein einziges Wort. Sie marschierten geradewegs ins Büro zurück.
Dort angekommen, fasste sie ihn unwillkürlich am Arm. »Mir tut es wirklich leid. Ich wollte Sie nicht verärgern.«
»Wie ich schon sagte, es ist Schnee von gestern.«
»Aber das stimmt doch nicht, oder?«, sagte sie leise, wusste jedoch sofort, dass sie erneut einen Fehler begangen hatte.
»Zurück an die Arbeit«, sagte er schroff, ging in sein Büro und knallte die Tür hinter sich zu.
Yelm war ein verschlafener kleiner Ort im grünen Tal zwischen Olympia und Tacoma, wo die Menschen einander kannten und es ruhig angehen ließen.
Doch all dies hatte sich ein paar Jahre zuvor plötzlich geändert, als angeblich ein fünfunddreißigtausend Jahre alter Krieger aus Atlantis in der Küche einer ansonsten ganz normalen Hausfrau auftauchte.
Die Einheimischen, deren Credo »Leben und leben lassen« lautete, kümmerten sich eine ganze Weile lang nicht darum. Sie ignorierten die »Verrückten«, die nach Yelm kamen, und achteten nicht darauf, dass viele hochpreisige Grundstücke plötzlich verkauft wurden.
Aber als das Gerücht aufkam, J. Z. Knight wollte eine Art Schule für ihre Jünger bauen, hatten die Einwohner genug. Und jetzt hatten sie laut Aussage des Redaktionschefs der KCPO-Zentrale vor J. Z. Knights Haus Streikposten
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