Immer für dich da (German Edition)
die Lautstärke des Walkie-Talkies herunter und stellte es ab, bevor der Maskierte etwas hörte. Dann hakte sie es in ihrem Gürtel ein, zog ihre Jacke darüber und verbarg damit auch die Batterietasche.
Der Mann mit der Waffe drehte sich zu ihr um.
»Du da! Runter auf den Boden!« Er zielte an die Decke und schoss, um seinem Befehl Nachdruck zu verleihen.
»Tully? Was zum Teufel ist da los?«, drang Johnnys Stimme über Kopfhörer zu ihr.
Tully bemühte sich, das Kabel ebenfalls unter ihrer Jacke zu verstecken. Dann stellte sie ihr Walkie-Talkie so ein, dass alles Gesendete in voller Lautstärke zu hören war, und hoffte, Johnny würde etwas mitbekommen. »Ein Raubüberfall auf den Laden«, flüsterte sie so laut, wie sie wagte, und drückte auf den Ausgangsknopf.
Über Kopfhörer hörte sie Johnny sagen: »Ach, du Scheiße. Mutt, ruf die Polizei und fang dann an zu drehen. Tully, bleib ganz ruhig und geh verdammt noch mal runter auf den Boden. Wir können live aufnehmen. Stell dein Mikrophon laut. Ich hab die Verbindung zum Sender, sie sind jetzt auf Sendung. Stan, kannst du mich hören?«
Ein paar Sekunden später sagte Johnny: »Okay, Tully. Wir stellen jetzt durch zu Mike. Er ist mit den 22-Uhr-Nachrichten auf Sendung. Alles, was du sagst, wird live gesendet. Du kannst ihn zwar nicht hören, aber er dich.«
Tully stellte ihr Mikrophon an und flüsterte hinein: »Ich weiß nicht, Johnny. Wie soll ich –«
»Wir können dich hören, Tully«, unterbrach er sie. »Du bist live auf Sendung. Los.«
Offenbar hatte der Maskierte etwas gehört, denn plötzlich schwang er wieder zu ihr herum und zielte auf sie. »Ich hab doch gesagt, du sollst auf den Boden, verdammt noch mal.«
Sie hatte gerade noch Zeit zu sagen: »Hören Sie, wollen wir nicht –«, da drückte er den Abzug.
Ein lautes Krachen folgte. Tully hatte kaum Zeit aufzuschreien, da traf die Kugel sie bereits an der Schulter und riss sie zu Boden. Ihr Kopf schlug hart auf.
Einen Moment lang lag sie einfach nur da, rang nach Luft und starrte auf das Neonlicht über sich, das vor ihren Augen verschwamm.
»Tully?«
Da war Johnnys Stimme, direkt in ihrem Ohr. Langsam, ganz langsam rollte sie sich zur Seite. Ihre Schulter pochte vor Schmerz, doch sie biss die Zähne zusammen und bewegte sich weiter. Zusammengekrümmt schob sie sich bis zum Ende des Gangs, riss dort eine Schachtel Watte auf und drückte einen dicken Bausch auf die Wunde. Das tat so weh, dass ihr schwindelig wurde.
»Tully? Was ist passiert? Sprich mit mir. Geht’s dir gut?«
»Ich bin noch da. Ich hab nur … ich stille nur die Blutung. Ich glaube, es ist nichts Schlimmes.«
»Gott sei Dank«, sagte Johnny. »Soll ich das Mikro ausschalten?«
»Auf keinen Fall.«
»Okay. Du bist auf Sendung, denk dran. Du musst reden. Mich kann man nicht hören, dich aber schon. Dies ist dein großer Durchbruch, Mädel, und ich bin hier und helfe dir. Kannst du die Szene beschreiben?«
Trotz ihrer Schmerzen gelang es ihr, in die Hocke zu gehen, langsam vorwärtszukriechen und mit gelegentlichen Seitenblicken die Lage einzuschätzen. »Vor wenigen Minuten kam ein maskierter Mann mit einer Waffe in diesen Laden am Beacon Hill und forderte den Kassierer auf, ihm alles Geld zu geben. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, feuerte er erst einmal in die Luft und dann auf mich.« Sie wagte nur zu flüstern.
Dann hörte sie einen Laut. Es klang, als weinte jemand. Sie kroch um eine Ecke und sah einen kleinen Jungen, der sich ans Süßigkeitenregal drängte.
»Hey«, sagte sie und streckte die Hand aus. Er griff danach und hielt sie so fest, dass sie sie nicht mehr zurückziehen konnte. »Wer bist du denn?«
»Gabe. Ich bin mit meinem Opa hier. Haben Sie gesehen, wie der Mann geschossen hat?«
»Ja. Ich suche jetzt deinen Opa und seh mal nach ihm. Bleib hier. Wie ist dein Nachname, Gabe, und wie alt bist du?«
»Linklater. Und im Juli werde ich sieben.«
»Okay, Gabe Linklater. Bleib hier unten und verhalt dich ruhig. Und wein nicht mehr. Du bist doch schon ein großer Junge.«
»Ich versuch’s.«
Sie sprach leise ins Mikrophon und war nicht sicher, ob der Sender sie hören konnte, doch sie redete einfach immer weiter. »Ich habe gerade den siebenjährigen Gabe Linklater im Gang mit den Süßigkeiten gefunden. Er ist mit seinem Großvater hier, den ich jetzt suche. Ich höre, wie der Schütze drüben an der Kasse den Angestellten bedroht. Sagt der Polizei, es sei nur ein Täter.« Sie kroch
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