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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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oder hatte auch er einen Grund gehabt, warum er auf den Bus ausweichen musste? Und wo waren sie sich begegnet? Irgendwo zwischen dem Büro von Verena Adomeit, Joachim-Friedrich-Straße im tiefsten Wilmersdorf, und ihrer Wohnung mitten im schicken Teil von Kreuzberg hatten sich ihre Wege gekreuzt.
    Eine Schallplatte war Pachulke losgeworden im Bus, aber das konnte natürlich nur ein Anfang sein. In der Plastiktüte waren noch zwei weitere Schallplatten. Er musste sich von ihnen trennen, aber das hieß nicht, dass er auf die Musik verzichten würde.
    Er lief durch den Ostbahnhof und stand bald an einer kleinen hässlichen Grünanlage, die alles hatte, was es brauchte, um zur kleinsten hässlichsten Grünanlage des Jahres gewählt zu werden. Gegenüber vom Bahnhofsgebäude stand ein Kaufhaus, und links davon zog sich eine Ladenzeile mit Geschäften, die technische Gerätschaften und Dienstleistungen anboten.
    Pachulke steuerte zielstrebig auf Ye Olde Internetcafé zu und trat ein. Im schummrigen Dämmerschein der Bildschirme saßen die Menschen beim Chat. Pachulke trat an den Tresen. »Guter Mann«, sagte er, »mir wurde hinterbracht, dass Sie auch Schallplatten digitalisieren.«
    »Machen wir, stimmt«, sagte der Dienstleister ohne aufzusehen. Er saß hinter dem Tresen, und seine Spielfigur, ein blonder Hüne mit einem Doppelhornhelm, war gerade dabei, ein paar Riesen niederzumetzeln. Die Handlung des Computerspiels wurde mit Kampfschreien und Waffengeklirr untermalt.
    »Und was würde das kosten?«
    »Kommt ganz drauf an, was Sie möchten. Wir bieten Sicherungsdigitalisate für Sprechaufnahmen für vier Euro pro LP-Seite.« Der blonde Hüne spaltete einen Schädel. »Eine fast professionelle Digitalisierung für den Hausgebrauch für zehn Euro.« Der Hüne nahm einen Morgenstern und schlug einen dreiköpfigen Drachen zu Brei. »Und die Variante Snob für den High-End-Sesselfurzer, der meint, seine Plattensammlung wäre etwas Besonderes, für fünfzehn Euro pro LP-Seite.«
    Pachulke nickte. »Perfekt, das Verfahren für den Snob hätte ich gerne, und zwar für diese beiden Aufnahmen.«
    »Was ist es denn?«, fragte der Dienstleister. Der blonde Hüne tauchte den bluttriefenden Morgenstern in einen reißenden Bach, während sich von hinten ein Troll anschlich.
    »Haydn Streichquartette, mal einfach so zum Testen. Und ein Doppelalbum Große Wagnerarien, eine Kompilation, nicht wirklich gut, aber mir geht es um die Stimmen.«
    »Wagner war ’ne coole Sau«, sagte der Dienstleister. »Zettel ausfüllen, morgen um zehn Uhr Vormittag ist es fertig.«
    »Was spielen Sie denn da?«, fragte Pachulke.
    »Grand Theft Nibelungenhort 5. Wagner war einfach geil.«
    Pachulke brauchte einen Kaffee. Er hatte zwei seiner Schallplatten einem wildfremden Menschen anvertraut, dem womöglich die sittliche Reife fehlte, um die kulturelle Bedeutung klassischer Musik auf Langspielplatten vollständig zu erfassen.
    In einem Laden mit dem einladenden Namen Futterluke fand er einen freien Tisch und dachte nach. Die Dinge hatten sich verselbständigt. Natürlich hatte er sich immer für Schallplatten interessiert, aber dieses Obsessive war erst vor acht Jahren … aufgetaucht.
    Vor acht Jahren hatte er bei seinem Vorgesetzten gesessen und sein Jahresgespräch absolviert. Der kleine Mann hinter dem großen Schreibtisch hatte sich die Hände gerieben. »Es sieht sehr gut aus für Sie, Pachulke. Die Verwaltung kann einen erfahrenen Praktiker gebrauchen. Und warten Sie mal ab, Sie sind noch im richtigen Alter für diesen Schritt, um in ein paar Jahren ganz nach oben zu kommen.« Er zwinkerte Pachulke zu. »Sie können sich nur selbst stoppen.«
    Also stoppte Pachulke sich selbst. Er wurde verschroben genug, um nicht ganz nach oben zu müssen. Er machte früher Schluss und vergaß nicht den Hinweis, dass er Opernkarten hatte. Erst spielte er mit Büroklammern, um sich zu verstellen. Doch dann wurde die Verstellung zu seiner zweiten Natur, und es gefiel ihm wirklich, im Büro zu sitzen und etwas zu basteln, damit der Tag verging. Eine seiner früheren Arbeiten hieß
Sieben Würmer
. Inzwischen wählte er Titel wie
Spaghetti
. Eine Doppelhelix hatte er auch schon gebaut.
    Und anstatt die Wochenenden dranzugeben und rund um die Uhr zu ermitteln, tummelte er sich auf Flohmärkten und war froh, dass in den oberen Etagen sein Name nur noch mit einem Anflug von Enttäuschung erwähnt wurde.
    Dabei brauchte er das. Früh um vier in einem Waldstück stehen und

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