Immer Schön Gierig Bleiben
üblichen gewalttätigen Details: der Kehlkopf eingedrückt, Einblutungen der Augenschleimhäute, Todeszeitpunkt zwischen siebzehn und neunzehn Uhr.
Aufgrund der stabilen Witterungsverhältnisse und der Tatsache, dass die Leiche sehr schnell gefunden wurde, lässt sich der Todeszeitraum sehr genau eingrenzen
.
Laut Aussage des Fahrers Mehro war Verena Adomeit um 17.28 Uhr aus dem Bus 347 gestiegen. Blieben gut neunzig Minuten. Pachulke las weiter: Kein Geschlechtsverkehr mit einem Mann in den letzten zweiundsiebzig Stunden, keine Spur von postmortalen sexuellen Handlungen, keine Abwehrverletzungen. Sie hatte ihren Mörder gekannt und ihm vertraut.
Das Würgen erfolgte mit einer Hand. Die schwachen Druckspuren im Halsbereich sprechen dafür, dass der Täter Handschuhe getragen hat, die Fingerabdrücke verhinderten und ihm einen festen und sicheren Zugriff auf den Kehlkopfbereich des Opfers ermöglichten
.
War das wirklich ein romantisches Rendezvous gewesen, auf einem Friedhof? Manche Liebespaare fühlten sich wohl zwischen Grabsteinen, weil einer der beiden todkrank war, oder weil der Sex bei den Toten ihnen eine besondere Lebendigkeit gab. Aber die Handschuhe sprachen für eine geplante Tat. Wer will denn seiner Liebsten in Handschuhen durchs Haar streichen?
Pachulke las:
Auffällig ist, dass die Tote offenbar nach dem Eintritt des Todes geschminkt wurde. Auf ihren Augenlidern findet sich ein heller Lidschatten, der durch einen dunkleren Braunton überdeckt wurde. Auch der ursprünglich rosa Lippenstift wurde in einem kräftigen Rot nachgezogen. Durch die konkurrierenden Farben wirkt die Tote
verschminkt,
allerdings gibt es keinerlei Verletzungen im Gesichtsbereich. Der zweite Schminkvorgang wurde mit großer Sorgfalt, beinahe schon professionell durchgeführt. Es macht nicht den Eindruck, als sollte das Gesicht der Toten durch die Schminke verunstaltet oder zur Fratze verzerrt werden. Auch die Positionierung der Leiche auf den Grabsteinen und die Art und Weise, wie die Hände und Arme gelegt wurden, sprechen gegen eine postmortale Erniedrigung
.
Pachulke ging die Fotos durch. Verena Adomeit lag da wie aufgebahrt, nur der Sarg fehlte.
Tenbrink hatte weiter ausgeführt:
Kleine Einkerbungen auf der Nasenwurzel weisen darauf hin, dass die Tote langjährige Brillenträgerin war, eine Brille wurde bei der Leiche allerdings nicht gefunden
.
Pachulke fiel Bördensens Bericht zum Badezimmer ein, die Packung mit den Kontaktlinsen. Er griff zum Telefon. Tenbrink meldete sich sofort.
»Danke für den Bericht«, sagte Pachulke. »Eine Frage: Trug die Leiche Kontaktlinsen?«
Tenbrink räusperte sich. »Werden Kontaktlinsen in meinem Bericht erwähnt?«
»Nein«, sagte Pachulke und trank einen Schluck Kaffee.
»Dann waren auch keine da.«
»Kann es sein, dass beim Erwürgen der Kopf so erschüttert wird, dass beide Kontaktlinsen aus den Augen fliegen?«
»Wenn der Täter beherzt zugreift, mit der Hand gegen die Kehle schlägt, ist das möglich. Oder wenn die Leiche zu Boden geht und der Kopf irgendwo aufprallt.«
»Das heißt, wenn wir die Kontaktlinsen finden, haben wir den genauen Tatort.«
»So sieht’s aus«, sagte Tenbrink. »Ich hoffe, wir sehen uns am Sonntagnachmittag bei mir.«
»Selbstverständlich«, sagte Pachulke. Tenbrinks Fünfzigster. Da hatte er noch Zeit, vorher auf den Flohmarkt zu gehen.
9
Bördensen hatte eine Straße zugewiesen bekommen, die Fischzug hieß und sich parallel zur Tunnelstraße in südlicher Richtung bis zur Inselspitze zog. Zwei Straßen nördlich von ihm war Zabriskie zugange. Am ersten Haus gab es acht Klingelschilder, bei vier gab es noch keinen Namen. Ob er und Lilly vielleicht hierherziehen konnten? Aber er wollte sich ja nicht um eine Wohnung bewerben.
Er läutete links unten. Alles blieb still, und er läutete rechts unten. Diesmal ertönte der Summer. Bördensen stieg die vier Stufen bis zu den ersten Wohnungstüren empor. Dort standen ein Mann und eine Frau. Beide trugen eine Brille, beide hatten glatte schwarze Haare, beide hatten Hausanzüge aus grober blauer Baumwolle an.
»Guten Tag, Bördensen, Kriminalpolizei. Wie Sie vielleicht gehört haben, ist gestern auf dem Friedhof …«
»Sorry, we don’t speak German«, sagte der Mann, und beide verbeugten sich.
»Ah sorry, my name is Bördensen, police.«
»Police.« Die beiden verbeugten sich wieder. »We are not illegal. Dou you want to see Visa?«, sagte der Mann.
Die Frau machte auf dem Absatz kehrt und
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