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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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Dorfner«, sagte Stiesel. »Das sind die Drohbriefe.«
    »Na und? Kann ich einem Bürobrief die Fresse polieren, wenn er Leuten Angst macht?«
    »Nein, aber du kannst herausfinden, wer den Drohbrief geschrieben hat.«
    »Und dem darf ich dann die Fresse polieren?« Dorfners Interesse war geweckt.
    »Nein, den müssen wir überführen. Und dann kommt er vor Gericht.«
    »Und danach: Rübe ab.«
    »Dorfner, die Todesstrafe ist abgeschafft.«
    »Ach was, Stiesel, bist du dir da sicher?« Dorfners Aufmerksamkeit erlosch bereits wieder.
    »Schau, wir markieren jetzt alle Substantive, die in den Briefen vorkommen und zählen ihre Häufigkeit. Das macht richtig Spaß«, sagte Stiesel und legte eine Liste an.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, sagte Dorfner, vermerkte das Wort auf seinem Zettel und machte drei Striche dahinter. »Richtig so?«
    »Sehr gut«, sagte Stiesel. »Und jetzt nimm dir einen der Briefe vor.«
    »Stiesel, bist du wirklich bei dem Verein, weil du Wörter zählen wolltest?«
    »Ich will Straftäter überführen. Schau Dorfner, wenn du Liegestütze machst, zählst du doch auch mit. Je feiner unser Netz, desto höher die Chance, einen Täter zu erwischen.«
    »Scheiße«, sagte Dorfner und machte einen Strich auf seiner Liste. »Und was machen wir mit den ganzen Wörtern?«
    »Wir kombinieren sie im Internet und suchen nach Zufallstreffern. Und erweitern unseren allgemeinen Wissensstand.«
    Dorfner sah auf Stiesels Liste und tippte das Wort
Bonzenkinder
ein. Der oberste Link führte zu Amazon:
Bonzenkinder
. »Die
chronique scandaleuse
einer Erzieherin aus dem Kindergarten des Deutschen Bundestags«, las Dorfner vor. Er stupste Stiesel an. »Dürfen wir sie, hat sie vielleicht …?«
    »Wer hat was?«
    »Diese Erzieherin? Hat sie diese Verena umgelegt?«
    »Nein, wie kommst du darauf?«
    »Sie hat ein Wort verwendet, das in dem Erpresserbrief stand.«
    »Vorsichtig, Dorfner, keine voreiligen Schritte oder Mutmaßungen.«
    »Ich denke, wir sollen die Punkte miteinander verbinden. Wie viele andere kennst du, die das Wort
Bonzenkind
verwenden?« Als Stiesel nicht gleich antwortete, sagte Dorfner: »Es war diese Frau, glaub mir. Das ist unsere tödliche Lady!«
    »Du musst mehr Geduld haben, Dorfner«, sagte Stiesel. »Wie lautet der zweite Link?«
    »Antigen e. V. – Initiative gegen Gentrifizierung im Friedrichshain«, las Dorfner vor und klickte auf den Link. »Das sind Musterbriefe«, sagte er.
    »Was für Musterbriefe?«, fragte Stiesel.
    »Die man an Makler schicken soll«, sagte Dorfner. Er klickte auf ein PDF-Dokument und las vor: »Wir wollen ja nicht mäkeln, aber wenn Sie weiter bei uns im Kiez makeln, werden wir ein ernstes Wörtchen mit Ihnen über die sozialen Konsequenzen Ihrer Tätigkeit reden müssen.«
    »Das kommt uns bekannt vor«, sagte Stiesel.
    »Es waren die Linken«, sagte Dorfner.
    »Vor einer Minute war es noch die Erzieherin«, sagte Stiesel.
    »Scheißegal. Wir müssen da hin und den Laden hochgehen lassen. Eine Terrorzelle in Friedrichshain.«
    »Dorfner, du weißt doch: Nur unter Aufsicht«, sagte Stiesel. »Wenn Zabriskie Zeit für dich hat.«
    Auf dem Labortisch von Engine Plink lag die Kleidung von Verena Adomeit, das blaue Kostüm, die Lederschuhe, Slip und BH und die Feinstrumpfhose, ein Knäuel aus hauchdünner weißer Kunstfaser.
    Auf dem Kostüm befanden sich kleine Blätter und winzige Holz- und Rindenstücke, die sich durch einen Abgleich mit den digitalen Fotos von den Grabsteinen und dem kleinen Hof eindeutig dem Fundort zuordnen ließen.
    An der Feinstrumpfhose gab es im Bereich des rechten Oberschenkels pflanzliche Ablagerungen, die zu einer dunkelgrünen Verfärbung geführt hatten. Als hätte ein nachlässiger Maler einmal mit einem schmalen Pinsel über die Feinstrumpfhose gewischt, oder als sei dieser Teil der Feinstrumpfhose über einen schmalen Rasenstreifen gezogen worden.
    Engine Plink nahm die Feinstrumpfhose und roch an der verfärbten Stelle. Der Geruch war zitronig. Hatte die Tote ein Intimspray benutzt? Das wäre Plink beim Entkleiden doch aufgefallen. Sie holte das Fläschchen mit der Lackmus-Tinktur und träufelte einen winzigen Tropfen auf die blaugrüne Schliere. Diese verfärbte sich in ein kräftiges Orangerot. Also sauer. Zitronig und ein niedrigerer pH-Wert als Orangensaft.
    Plink legte die Feinstrumpfhose auf einen Untersuchungstisch. Auf die beiden Füße legte sie jeweils ein Gewicht, dann zog sie den Hosenbund so lange in die andere

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