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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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gehen. Niemand, der sagt, diese zwei gebrochenen Rippen und Hautabschürfungen habe ich mir selbst eingebrockt, geht vor Gericht. Und die weltfremden Sesselfurzer in unseren Gerichtssälen lassen sich alles erzählen.«
    »Ach, und im Sudan sind das keine Sesselfurzer?«
    »Ganz und gar nicht. Ein fünfköpfiges Gremium von Männern, die mitten im Leben stehen: ein Paramilitär, ein Parapsychologe, ein Paranoiker, ein Paratrooper und ein Paranussfarmer.«
    »Steht das in deiner sauberen Zeitschrift?«
    Dorfner nickte. »In jeder Ausgabe gibt es eine umfassende Rechtsprechungsübersicht. Jeder soll wissen, was er tun darf und was nicht. Und dann ist eben Phantasie gefragt. Forced Yoga liegt zugegebenermaßen in einer Grauzone, aber wenn man bestimmte Auflagen beachtet, gibt es keine Bedenken, sagt der Supreme Court des Sudan.«
    »Was für Auflagen?«
    »Eigentlich ganz einfach: Wenn du jemandem in einer Vernehmung die Beine verknotest, ist es Folter. Wenn du dazu Sitarmusik laufen lässt, ist es Forced Yoga. Es gibt eine Position beim Yoga, die Ochsenfrosch heißt. Das ist ein anderes Wort für Beineverknoten.«
    Sie standen vor dem Büro von Antigen. Es war in einem kleinen Pavillon untergebracht. An der Fassade aus den fünfziger Jahren hingen viele Plakate in den Fenstern. Slogans waren auf die Hauswand gesprüht:
Sterbt Yuppies! Fair Mieten statt vermieten. Nur ein toter Makler ist ein guter Makler
.
    »Aber über meine Vernehmungsmethoden regst du dich auf. Eine Todesdrohung neben der anderen«, sagte Dorfner. »Und jetzt hat es diese Frau in Stralau erwischt.«
    Zabriskie murmelte etwas von Meinungsfreiheit und fügte hinzu: »Reiß dich am Riemen, Dorfner. Antigen haust zwar in einer Bruchbude, aber das gibt dir nicht das Recht, ihr Büro zu zerlegen.«
    Sie traten ein. Hinter einem Schreibtisch saß eine Frau mit einem blonden Pferdeschwanz und einer dicken Hornbrille und telefonierte.
    »Ja, um sechzehn Uhr in der Samariterstraße 11, um 16.30 Uhr in der Kinzigstraße 18 und um siebzehn Uhr in der Colbestraße 4, jeweils zwei Mann bitte.« Die Stimme am anderen Ende der Leitung sagte etwas. Darauf wieder die Frau: »Selbstverständlich, zwei Mann oder zwei Frau.« Wieder gab es eine Antwort. Darauf die Frau: »Ja klar, zwei Mann oder zwei Frau oder zwei Transgender. Hauptsache jemand geht hin.« Zabriskie und Dorfner sahen sich an. Jetzt war die Frau wieder an der Reihe. »Zwei Mann, zwei Frau, zwei Transgender, zwei Schwule, zwei Lesben oder zwei davon in beliebiger Kombination. Wer geht denn jetzt hin?« Sie lauschte in den Hörer. »Armin und Holger, also zwei Mann, sag ich doch. Was?« Sie holte tief Luft. »Also Holger nennt sich jetzt Loretta. Na, Hauptsache er geht hin.« Pause.
    »Lass mich das machen«, sagte Dorfner zu Zabriskie. »Die meisten Frauen stehen auf mich.«
    »Hauptsache, sie geht hin«, sagte die Frau hinter dem Schreibtisch. »Und die anderen Termine? Wiebke und Mona, sehr gut. Und in die Colbe? Dirk und Martin. Na wunderbar, ich danke dir.« Sie legte auf und starrte Zabriskie und Dorfner an. »Bullen?«, fragte sie. Und dann: »Kaffee?«
    »Woher wissen Sie …?«
    »Zwanzig Jahre politische Arbeit in dieser Stadt. Milch, Zucker?«
    »Milch«, sagte Zabriskie. »Ich bin Kriminalhauptkommissarin Zabriskie und das ist mein Kollege Dorfner. Der tut nichts, der will nur ein paar Fragen stellen.«
    »Es geht um Mord«, sagte Dorfner. »Mit Milch und Zucker, bitte.«
    »Mord mit Milch und Zucker«, sagte die Frau. »Das klingt dramatisch.« Sie holte eine Thermoskanne und zwei Tassen.
    »Eine Maklerin ist ermordet worden«, sagte Zabriskie. »Sie hat Post von Ihnen erhalten.«
    »Etwa zweihundert Makler in dieser Stadt erhalten regelmäßig Post von uns.«
    »Drohbriefe?«, fragte Dorfner.
    »Keine Drohbriefe. Wir weisen auf die verfassungsmäßige Sozialbindung des Privateigentums hin, das ist alles.«
    »Und was bedeutet
ein ernstes Wörtchen reden
? Was heißt das? Würgen, bis der Arzt kommt?«, fragte Zabriskie.
    »Nein, das ist ein unangekündigter Besuch in den Geschäftsräumen. Das macht jeder Lobbyist so. Wir sind auch Lobbyisten. Lobbyisten für eine soziale Stadt. Wo ist sie denn ermordet worden?«
    »Auf Stralau.«
    »Aha, Mord in einem innovationsfreudigen Umfeld.« Die blonde Frau stellte den Kaffee vor Dorfner und Zabriskie auf den Tisch.
    »Sie versauen den Maklern die Geschäfte.«
    »Wir beobachten den Markt. Wenn Wohnungsinteressenten ihre Meinung ändern, weil sie

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