Immer Schön Gierig Bleiben
hat, einen Wirrkopf, einen Hyperaktivisten. Wir brauchen ein Internetcafé.«
»Ein Internetcafé?«
»Um die Website von Antigen noch einmal durchzusehen.«
Im Internetcafé auf der Warschauer Straße rief Dorfner die Website von Antigen auf. Unter
Wer wir sind
fanden sie die blonde Frau wieder, die Helene Dommat hieß. Außerdem hatte Antigen noch zwei namentlich genannte Mitarbeiter, eine Anwältin und den Webmaster, einen jungen Mann mit blonden Dreadlocks. Dorfner klickte sich zu den Foren weiter. Es gab eins zu Verkäufen und Vermietungen, die erfolgreich durchgeführt worden waren, und ein anderes, in denen geplatzte Verträge aufgelistet wurden. Außerdem gab es eine Liste von Maklern, die zugesichert hatten, andere Reviere zu beackern.
Im Forum
Strategiediskussion
tobte ein heftiger Streit. Ein Aktivist beschimpfte Antigen als »reformistisch« und forderte, »eine Strategie der Stärke«. Außerdem überzog er alle Makler mit Schmähungen. Jeder seiner Forenbeiträge war mit einem winzigen Porträt versehen. Ein junger Mann mit blonden Dreadlocks, der sich
kiez_kenner
nannte.
»Wie blöd muss jemand sein, der sein eigenes Bild in dieses Forum stellt?«, sagte Zabriskie.
»Vielleicht hat er die Nerven verloren«, sagte Dorfner.
»Sieht so aus«, sagte Zabriskie. »Was machen wir jetzt?«
»Wir beschatten dieses Büro«, sagte Dorfner. »Wenn die Blonde weiß, dass er in Frage kommt, wird sie ihn warnen. Und wenn er der Technik-Heini bei Antigen ist, wird er bald hier auftauchen und die Festplatte und das Büro leer räumen.«
»Das klingt erstaunlich logisch«, sagte Zabriskie.
»Es gibt da einen Film mit Jean-Claude Van Damme.«
»Keine Details, bitte.« Zabriskie räusperte sich: »Dorfner, du warst ja jetzt schon ein paarmal draußen, ohne dass du Menschen oder Gegenständen Schaden zugefügt hast.«
»Du warst ja immer dabei, Zabriskie.«
»Dorfner, ich habe heute Abend einen Arzttermin. Meinst du, du schaffst es, diese Beschattung und eventuell auch die Festnahme alleine durchzuführen, ohne dass es eine Katastrophe gibt?«
»Versprochen, Zabriskie.« Dorfner setzte sich kerzengerade auf und streckte Zabriskie die Hand hin. »Der Mann ist so gut wie tot, so gut wie in Gewahrsam, wollte ich sagen.«
»Und das Forced Yoga?«
Dorfner knetete seine Hände und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Der Sudan ist weit und wir sind hier in diesem Dings – in diesem Rechtsstaat. Großes Zen-Meister-Ehrenwort. Kein Forced Yoga.«
Etwas später saß Zabriskie im Wartezimmer. An der Wand hing ein Poster, das einen Querschnitt des Auges zeigte, daneben ein weiteres Poster, das über frühe Signale für Grauen Star aufklärte. Sie wurde aufgerufen und verscheuchte Dorfner aus ihren Gedanken. Sie musste sich konzentrieren.
»Bitte lesen Sie die dritte Zeile«, sagte der Augenarzt.
Das erste konnte eine Drei sein, oder war es doch eine Acht?
»Drei«, sagte Zabriskie schließlich. »Sieben, Zwei, Fünf.«
»Und die nächste Zeile, bitte«, sagte der Augenarzt. Es klang so gutmütig in Zabriskies Ohren. Wollen doch mal sehen, wann unser kleiner Blindfisch das Handtuch wirft.
»Neun, Eins, Sechs, Zwei, Null.« Immer frisch voran. Wenn schon blamieren, dann richtig. Vielleicht geben sie mir gleich einen Hund.
»Und die letzte Zeile, bitte.«
Braves Mädchen. Zabriskie konzentrierte sich und entspannte ihre Augenmuskeln. Schön weit aufmachen. »Vier, Zwei, Sieben, Acht.«
»Und vielen Dank, das war’s auch schon.« Der Augenarzt war vermutlich zehn Jahre jünger als Zabriskie, was seinen gütigen Ton noch etwas nerviger machte. Er notierte etwas in einem Formular, rückte seine Brille zurecht und sagte: »Alles bestens. Für Ihr Alter sind das herausragende Werte. Ich habe meine erste Brille mit zwölf Jahren bekommen.«
»Aber diese Sehstörungen am Morgen …«, sagte Zabriskie.
»Haben mit der Krümmung Ihrer Hornhaut nichts zu tun. Trinken Sie gelegentlich Alkohol?«
Ob ich an der Flasche hänge, willst du wissen. Ja, ich sehe weiße Mäuse, die aber gestochen scharf
. Zabriskie räusperte sich. »Gelegentlich, eigentlich mehr ab und zu, besser gesagt eher selten.«
»Und gelegentlich am Abend vor einem Morgen, an dem Sie nicht so gut lesen können?«
»Ist schon vorgekommen. Ich muss abends auch mal abschalten. Das ist kein leichter Job, den ich habe.«
»Ich verstehe«, sagte der Augenarzt. »Aber wenn Sie das Licht in der Küche abschalten, wie oft drücken Sie dann auf den
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