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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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ziehen sie sich zurück«, sagte Bördensen.
    »Ein trockener Alkoholiker wird nicht unbedingt in einen Irish Pub gehen, wenn er nicht muss«, sagte Söhnen.
    »Eine Partymaus, die zum Workaholic geworden ist, auch nicht«, sagte Bördensen. »Wer kriegt diesen Flyer?«
    »Die Leute, die ihn abonnieren. Ungefähr zweitausend.«
    »So viele?«
    »Wir haben den Laden vor sechs Jahren gekauft. Mit allem Drum und Dran, Kundenkartei eingeschlossen.«
    »Kundenkartei?«
    »Wir haben Firmen, die buchen ihr privates Karaoke, keltische Hochzeiten, Bloomsday- und St. Patrick’s Day-Partys. Nur mit Pub Crawls und Junggesellenabschieden kann man den Laden nicht über Wasser halten. Wenn die Tote vorher schon in der Kartei war und sich nie gemeldet hat, haben wir keine Ahnung, wieso sie diesen Flyer bekommt.«
    »Kann sie hier gearbeitet haben?«
    »Welche Haarfarbe hat sie?«
    »Sie war ursprünglich brünett, aber an dem Tag, an dem sie ermordet wurde, hatte sie die Haare blondgefärbt.«
    »Nein, dann nicht bei uns. Vielleicht vorher. Blond wird zu karottig, wenn man es rot färbt. Meistens jedenfalls.«
    »Beschweren sich die Gäste darüber, dass Siobhan nicht rothaarig ist?«
    »Im Gegenteil. Sie bringt den Leuten irische Flüche bei und hat jeden Abend das meiste Trinkgeld.«
    »Wie viele Leute arbeiten hier?«
    »In einer Vormittagsschicht sind wir zu fünft, einer macht Theke, die anderen servieren und kassieren. Da ist der hintere Bereich aber noch zu, nur draußen und hier vorne. Abends am Wochenende sind wir zwölf mit zwei Leuten für die Theke, in der Hauptsaison sechzehn mit dreien für die Theke. In der Küche sind auch noch zwei Leute. Eine Putzfrau haben wir auch. Mein Mann oder ich – einer ist immer da.«
    Bördensen pfiff durch die Zähne. »Gibt es auch Kellner?«
    »Klar gibt es die.«
    Bördensen stellte sich vor, wie sein rothaariger Kollege Stiesel hier zwischen den Tischen durchwuselte.
Kleiner, kann ich noch ein Guinness haben
, würden die Gäste sagen. Bördensen gefiel die Vorstellung.
    »Mit den Tischen draußen haben wir fast fünfhundert Sitzplätze. Und am Wochenende stehen die Leute hier in jeder freien Ecke«, sagte Dagmar Söhnen.
    »Eine Goldgrube.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wir fallen nicht vom Fleisch, mein Mann und ich, aber so eine große Kneipe zu schmeißen, ist der härteste Job der Welt. Das ist der vollkommene Wahnsinn, vor allem im Sommer.«
    »Im Herbst wird es ruhiger?«
    »Weniger Touristen. Wenn es kälter wird, trinken die Leute weniger Bier. Bier ist ein Durstlöscher.«
    »Das heißt, im Winter haben Sie auch weniger Personal.« Bördensen nahm einen Schluck.
    Sie nickte. »Für gewöhnlich kommen die ersten Saisonkräfte im Mai. Im Juli kommt dann die zweite Gruppe. Aber die, die im Juli kommen, müssen hier schon mal gearbeitet haben. Oder Profis sein. Im Juli haben wir keine Zeit, jemand anzulernen. Da muss jeder Handgriff sitzen.«
    »Weil die Gäste sonst woanders hingehen?«
    »Weil schlechter Service die Leute aufbringt. Wer zu lange auf sein Bier warten muss, wird schnell aggressiv. Vor allem, wenn es das sechste oder siebte Bier ist.«
    »Und ob sie dann ihre Aggressionen woanders ablassen, ist egal?«
    Söhnen rümpfte die Nase. »Die meisten, die hier rausgehen, haben gute Laune. Und den Vorwurf können Sie auch den Fluggesellschaften machen oder den Taxifahrern. Einmal Saufen und zurück. Ist ein harmloser Spaß, wenn alle damit umgehen können. Auf dem Oktoberfest gibt es mehr Schlägereien als hier im ganzen Jahr. Wenn jemand genug hat, kriegt er nichts mehr oder fliegt raus.«
    »Von wem haben Sie den Laden denn gekauft?«
    »Von den Gründern. Ein Ehepaar, sie Deutsche, er Ire. Kommt Ihnen das bekannt vor? Mein Mann kommt auch aus Kilkenny. Unsere Vorgänger haben 1997 hier angefangen und 2007 an uns verkauft.«
    »Hieß er damals auch schon The Harp?«
    »Nein, damals hieß er The Swan. Wir haben Livemusik, deshalb haben wir das geändert.«
    »Und wo sind die Voreigentümer jetzt?«
    »Auf Malta.«
    »Den Vorruhestand genießen?«
    »Von wegen. Da unten machen sie einen englischen Pub. Mit Fish und Chips und Meerblick und Palmen. Kneipe machen ist wie eine Droge.«
    »Und Sie halten auch zehn Jahre durch?«
    »Mindestens.«
    »Und dann?«
    »Machen wir in Bonn eine Jazzkneipe auf.«
    »In Bonn?«
    »Da komme ich her«, sagte Dagmar Söhnen.

16
    Stiesel setzte sich an seinen Schreibtisch. Er war froh, dass Bördensen heute später ins Büro kam.

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