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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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Bördensen war im Irish Pub am Hackeschen Markt. Stiesel brauchte Zeit allein, um sich zu sortieren. Er nahm die Platte mit seinen Notizen vom Vortag und arbeitete sich durch die unerledigten Zettel, zerriss, fasste zusammen.
    Da hörte er von oben eine jammernde Stimme. »Hilfe, aufmachen. Lassen Sie mich raus, ich bin unschuldig.«
    Jemand war wohl in der Nacht im Vernehmungszimmer gelandet. Hatten Dorfner und Zabriskie bei Antigen einen Treffer gelandet?
    Stiesel ging nach oben zum Vernehmungszimmer. »Wer sind Sie denn?«, fragte er. »Und warum sind Sie hier?«
    »Torsten Heimann ist mein Name. Ich bin verschleppt worden gestern Nacht. Ich habe nichts getan.«
    »Wer hat Sie denn verschleppt?« Der Schlüssel zum Vernehmungsraum hing sonst immer an einem Haken neben der Tür. Jetzt fehlte er.
    »Ein Irrer namens Dorfmann.«
    »Dorfner, Sie meinen Dorfner. Mein eigentlich sehr kompetenter Kollege«, log Stiesel.
    »Von mir aus auch das, aber er ist komplett verrückt.«
    »Hat er gesagt, warum er Sie hierher gebracht hat?«
    »Ich soll eine Frau ermordet haben. Eine blöde Maklertusse.«
    »Und? Haben Sie sie umgebracht?« Stiesel glaubte sofort, dass Torsten Heimann eine schlimme Nacht gehabt hatte, aber auch ein blindes Huhn wie Dorfner fand einmal ein Korn.
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Wie kommt mein Kollege dann bloß auf Sie? Haben Sie einer Maklerin in letzter Zeit gehässige SMS geschickt?«
    Schweigen. Hinter der Tür scharrten Füße auf dem Boden. Stiesel fragte sich, wie alt Torsten wohl war. »Haben Sie Verena Adomeit angedroht, sie fertig zu machen? Es ihr heimzuzahlen, sie aus dem Kiez rauszuprügeln?«
    Stille im Vernehmungsraum. Stiesel glaubte, das Knirschen von Zähnen zu hören.
    »Das waren doch nur verbale Drohgebärden. Ich hab die Alte ein bisschen gedisst, nichts weiter.«
    »Aber irgendjemand hat die Alte ein bisschen erwürgt.«
    »Das ist der totale Polizeistaat hier. Kaum wird jemand umgebracht, schon wird es jemandem angehängt. Ihr seid die Büttel der Herrschenden. Und wo bleiben die einfachen Menschen? Wo sollen sie wohnen?«
    »Lassen Sie sich Zeit mit Ihrer Klassenanalyse. Ich suche erst einmal meinen Kollegen Dorfner.«
    Kollege Dorfner schlief auf seinem Schreibtisch. Als Stiesel ihn an der Schulter berührte, murmelte er: »Steven, bist du das? Es ist noch viel zu früh.«
    »Stiesel ist mein Name. Dein Gefangener da drüben, was hat er ausgefressen?«
    Dorfner schreckte hoch. »Der Mörder, das ist der Mörder. Er hat sie umgelegt. Die Maklerin.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    »Er hat die Hass-SMS geschrieben?«
    »Und?«
    »Was und? Und er hat diese Frau umgebracht.«
    »Warum, Dorfner?«
    »Weil er die SMS geschrieben hat.«
    »Die Antwort ist leider falsch.«
    »Warum?«
    »Weil das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Überleg doch mal: Wer kann Makler nicht leiden?«
    Dorfner kaute auf seiner Unterlippe herum. »Eigentlich alle.«
    »Eben. Bloß weil dieser Torsten diese SMS geschrieben hat, hat er die Frau noch lange nicht umgebracht. Vielleicht hat der Mord mit der Tatsache, dass Verena Adomeit Maklerin war, gar nichts zu tun.«
    »Aber es passt doch so gut.«
    »Viel zu gut, Dorfner«, sagte Stiesel. »Gib mir den Schlüssel zum Vernehmungsraum. Ich werde mit Heimann reden. Du schaltest dich über den Lautsprecher zu.«
    »Wenn du meinst, Stiesel«, sagte Dorfner. »Aber das ist mein Verdächtiger. Und wenn er dich eingelullt hat, entlassen wir wieder einen Schwerverbrecher sehenden Auges in die Freiheit.«
    »Nimm dir bitte noch einmal Tenbrinks Obduktionsbericht zur Adomeit vor.«
    Sein erster Weg führte Pachulke an diesem Morgen direkt ins Archiv. Das Archiv war auf dem Dachboden des Polizeipräsidiums, weil die Keller in der Stadt meistens feucht waren. Sie mussten erst aufwendig ausgebaut werden, bevor man dort Akten lagern konnte.
    Pachulke trat an den Tresen und haute mit der flachen Hand auf die Tischglocke. Gleich darauf kam ein Archivbote in seinem hautengen Trikotanzug aus grauem Satin auf Rollschuhen angesaust. Auf den Rücken hatte er eine Standardarchivbox geschnallt, gleichfalls grau. Sein Haar war unter einer grauen Kappe verborgen. Er bremste elegant, holte unter dem Tresen einen Stift und ein Formular hervor und sagte: »Bestellzettel ausfüllen, morgen ab elf.« Er fuhr einen Halbkreis und wollte wieder in den langen Gang zurück, von dem Regale abzweigten, die auf Schienen bewegt werden konnten.
    Pachulke legte ihm die Hand auf die

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