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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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Schulter und raunte: »Mordsache, zwölf Jahre alt, sehr eilig, eventuell Serientäter.«
    Der Archivbote stieß einen tiefen Seufzer aus, streckte die Beine durch und legte die Hände auf die Knie. Im Schritttempo rollte er hinter den Tresen und holte aus einer anderen Schublade ein anderes Formular hervor.
    »Das ist der Bestellzettel für sehr eilige Fälle und eventuelle Serienmörder. Morgen ab zehn.« Er rollte langsam davon, aber Pachulke stellte sich ihm in den Weg. »Jetzt.«
    »Wie, jetzt? Morgen um zehn ist jetzt. Jetzer geht’s nicht.«
    »Natürlich geht es jetzer.« Pachulke sah auf die Uhr. »Es ist jetzt 9.30 Uhr, sagen wir um 9.40 Uhr.«
    »Völlig ausgeschlossen. 19.40 Uhr heute Abend. Das ist mein letztes Wort.« Der Archivbote machte ein paar Trippelschritte weg vom Tresen und schätzte mit den Augen die Distanz zwischen sich und Pachulke.
    »Denk nicht mal dran«, sagte Pachulke und zückte eine kleine Plastiktüte. »Das sind Kugellager.«
    Der Archivar wurde blass. »Oh, bitte nicht die Kugellager, bitte nicht. Wir brauchen Tage, bis wir die wieder eingesammelt haben.«
    »9.50 Uhr und keine Minute später«, sagte Pachulke. »Zwei Frauen sind ermordet worden. Zwei Frauen wurden geschminkt, nachdem sie ermordet wurden. Die eine liegt bei Tenbrink in der Gerichtsmedizin und hat am Dienstag um diese Zeit noch ahnungslos Kombucha getrunken. Eile tut not.«
    »Zehn Uhr.« Das Kinn des Archivars sackte auf seine Brust. »Die Akten aus 2001 sind ziemlich weit weg. Ich darf auf dem Rückweg eine kleine Rast einlegen. Für das Recht auf Rast auf dem Rückweg hat die Archivbotengewerkschaft sieben Jahre lang gekämpft.«
    »Also gut, zehn Uhr, abgemacht«, sagte Pachulke. »Eine junge Frau. Sie wurde erschlagen. Irgendwann im ersten Halbjahr 2001. Vielleicht Mai, vielleicht Juni. Der Mörder hat sie geschminkt, nachdem sie tot war.«
    Der Archivbote warf sich herum und glitt auf seinen leicht laufenden Rollen davon.
    Pachulke setzte sich in den Besucherbereich und griff sich einen Kommentar zum Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen von 1880. Man kam viel zu wenig zum Lesen in diesem Job. Wenn Pachulke ehrlich war, war sein Wissen über Viehseuchen im neunzehnten Jahrhundert äußerst lückenhaft. Jetzt war ein günstiger Moment, um wertvolles Basiswissen anzulegen. Lebenslanges Lernen war nicht bloß eine Phrase. Pachulke studierte den § 34 des Viehseuchengesetzes:
Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche verdächtig sind, müssen von dem Besitzer oder demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zu polizeilichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden
.
    Da rauschte der Archivbote schon wieder heran. Pachulke seufzte. Was ein sicheres Behältnis war, hätte ihn interessiert.
    Mit einer schwungvollen Bewegung nahm der Bote seine Aktenbox vom Rücken, löste die beiden Klickverschlüsse, hob den Deckel von der Box und überreichte Pachulke eine dicke Akte. Aus dem Aktenkarton holte er ein graues Klemmbrett mit einem Formular für die Aktenaushändigung. »Hier und hier unterzeichnen«, sagte er und deutete auf ein schwarz umrandetes Feld links unten und ein rot umrandetes Feld darunter.
    »Was ist das?«, fragte Pachulke.
    »In dem schwarzen Feld bestätigen Sie, dass Sie die Akte erhalten haben, im roten Feld bestätigen Sie, dass wir Sie zwischen zwei von unseren fahrbaren Aktenregalen zerquetschen dürfen, wenn Sie die Akte verlieren.«
    »Aha«, sagte Pachulke und unterschrieb zweimal.
    »Oder Kaffeeflecken draufmachen.«
    »Verstehe.« Pachulke stelle das Viehseuchengesetz zurück ins Regal.
    »Oder wenn Sie die Akte in einem Raum aufbewahren, wo es zu hell, zu warm oder zu feucht ist.«
    »Gut, dann weiß ich ja Bescheid«, sagte Pachulke.
    Es gab einen kleinen Leseraum im Archiv, und Pachulke suchte sich einen Platz an der Fensterfront. Er nahm die Akte aus dem Jahr 2001 in die Hände. Sie wog schwer, weil sie zahlreiche Fotos enthielt, das wusste er. Auf dem Deckel klebte ein rosa Sticker mit einem traurigen Smiley, das interne Zeichen, dass dieses Ermittlungsverfahren ohne Ergebnis eingestellt worden war. Viele traurige Smileys hatte Pachulke in seinen Dienstjahren nicht produziert, aber die halbe Handvoll wurmte ihn, trotz seiner ausgeklügelten Ehrgeizvermeidungsstrategie.
    Er mochte sie nicht, diese Menschen, die andere Menschen umbrachten. Jeder sollte so lange leben, wie er wollte oder konnte. Vergangene

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