Immer verlasse ich dich
eine
Waffe hinter dem Tresen bereit?«
»Nein. Ich jedenfalls nicht.«
Sicher hat Cecchi diese Sache überprüft
und Arlene sagt die Wahrheit. Also keine Mittel. Und ihr Motiv ist dürftig, muß
ich zugeben. Die Gelegenheit ist der ein z ig springende Punkt. Sie
behauptet, einen Schuß gehört zu haben, einen Weißen aus Megs Laden wegrennen
sehen und dann die Leiche entdeckt zu haben. Aber so muß es nicht gewesen sein.
Sie könnte Meg ebensogut selbst erschossen, Hilfe geholt und dann ihre
Geschichte erfunden haben. Warum glaube ich nicht daran? Nicht etwa, weil
Arlene Kornbluth kein ernstzunehmendes Motiv hat oder nicht wie eine Mörderin
aussieht, was immer das heißen mag, sondern weil ich überzeugt bin, daß der
Mord an Meg mit den Aktivitäten des Händlervereins zusammenhängt.
Ich muß mit Peter und Paul und diesem
Winx reden. Ich weiß, die Polizei hat sie schon alle vernommen, aber das spielt
keine Rolle. Als sie die Leute befragten, wußten sie nichts von den Kartons in
Megs Keller, und Fingers Faye war noch munter wie ein Fisch im Wasser. Ganz zu
schweigen von den beiden anderen Toten.
»Noch eins, Arlene. An dem Tag, als der
große Streit draußen auf der Straße stattfand, der Tag, an dem Sie frei hatten,
war, wie jemand sagte, auch Blythe da. Irgendwelche Ideen dazu?«
»Tja, vermutlich wissen Sie, daß Meg
und Blythe eine wechselhafte Beziehung hatten, um es milde auszudrücken.
Allerdings kann ich nicht recht sagen, was sie mit dieser Clique zu tun haben
sollte.«
Eine wechselhafte Beziehung. Ja, das dachte ich früher auch einmal.
Und jetzt weiß ich über Ray Davies Bescheid. Doch in den letzten Jahren hatte
Meg immer gesagt, sie und Blythe kämen prima miteinander aus. Na und. Wen
kümmert es, was Meg mir gesagt hat? Ich muß den Tatsachen ins Auge sehen: Was
Meg mir sagte und was sie tat, konnten zwei völlig verschiedene Dinge sein.
»Hatte sich das Verhältnis in den
letzten Jahren nicht gebessert?«
»Ja, sicher. Etwas. Zumindest sprach
Blythe mit Meg. Es gab ein paar Jahre, in denen sie überhaupt nicht miteinander
verkehrten.«
Absurderweise komme ich mir privilegiert
vor, weil ich das wußte. Ich bin zu bemitleiden. Der kleinste Hinweis auf
Loyalität, Vertrautheit bestärkt mich in dem Drang abzuleugnen, was mit jedem
Tag klarer zutage tritt. Ich bedanke mich bei Arlene, verlasse das Geschäft und
gehe über die Straße zu der Tierhandlung mit dem Namen Claw & Paw
hinüber.
Da ich kein Haustier habe, wegen Kips
Allergien, kenne ich den Laden nur von außen. Zum Glück ist er nicht einer von
der Sorte, in dem es von zusammengepferchtem Viehzeug nur so wimmelt. Bis auf
Fische, Tauben und offensichtlich Schlangen, von denen eine um den Hals eines
Mannes gewickelt ist, der hinter dem Tresen sitzt, führt Claw & Paw
keine Tiere.
Ich schätze Schlangen nicht besonders.
Dieses Exemplar ist lang und dünn, von der Farbe trockenen Laubs. Ihre Augen
sind schmal, und aus ihrem Maul schnellt aus einem für mich unersichtlichen
Grund immer wieder eine scheußliche dunkle Zunge hervor.
Obwohl der Mann sitzt, kann man
deutlich sehen, daß er sehr groß ist. Er trägt ein rotes Harley-Davidson-T-Shirt,
das seine starke Muskulatur deutlich abzeichnet. Wahrscheinlich macht er
Bodybuilding, wie jeder in New York City, ausgenommen Kip, ich und die
Obdachlosen. Die Leute haben jetzt sogar alle ihre ganz persönlichen Trainer
mit Namen wie Buck, Sly und Del. Susan erzählte mir kürzlich, daß ihrer Todd
heißt! Für mich liegt auf der Hand, warum kein Trainer einen Namen besitzen
kann, der länger als eine Silbe ist.
Der Schlangenmann hat kurze blonde
Haare, eine Schwindelversion des geometrischen Haarschnitts Schwarzer. Wieso
kopieren Weiße den Stil der Afroamerikaner, wenn andererseits der Rassismus
grassiert? Auf dem rasierten Teil seines Kopfes springt der Anfangsbuchstabe P hervor. Er könnte sowohl der eine als auch der andere der beiden Besitzer
sein.
»Peter?« frage ich.
Er beobachtet mich, als wollte ich ihm
seine Sozialversicherungsnummer entlocken, und sein Blick fragt: Wer will
das wissen?
Ich antworte auf die unausgesprochene
Frage. »Lauren Laurano, Privatdetektivin.«
»Sie nehmen mich auf den Arm«, sagt er.
Es ist nicht das erste Mal, daß ich
diese Antwort erhalte, und das letzte Mal wird es auch nicht sein, da bin ich
sicher.
Ärgerlich und langweilig ist es aber
trotzdem, ihm sagen zu müssen, daß ich ihn nicht auf den Arm nehme.
»Haben Sie einen Ausweis?«
Ich
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