Immer wieder du: Roman (German Edition)
stumm den Kopf, bevor ich meine Stimme wiederfinde. »Ich habe die Schicht getauscht.«
»Ach so.« Er lächelt nicht. Sein Gesicht wirkt alt, und das flößt mir Unbehagen ein. »Nun ja, ich helfe heute bei den Wombats aus, daher sehen wir uns später.«
»Okay«, sage ich leise. Dann ist er verschwunden.
Den Rest des Tages sehe ich ihn nicht mehr. Ich schaue mich immer wieder um, aber Ben kommt weder in die Nähe der Koalas noch in meine.
Zu Feierabend verschwinde ich fünf Minuten früher, damit ich ihn am Ausgang abfangen kann. Ich habe so ein mulmiges Gefühl im Magen, dass er unseren Angelausflug morgen absagen wird. Nach einer Weile befürchte ich, dass er schon gegangen ist, daher schlendere ich zum Parkplatz, um nachzusehen, ob sein Wagen noch da ist. Ja, da steht er. Ich entferne mich keinen Meter davon und hoffe, dass Mum wie immer zu spät kommt. Zum Glück taucht Ben vorher auf.
»Hi!« Er wirkt erschrocken. »Was machst du denn noch hier?«
»Ich warte auf meine Mum«, antworte ich. Dann: »Hör zu, ich wollte nur wissen, ob wir morgen noch zum Angeln verabredet sind.«
Er tritt von einem Fuß auf den anderen. »Tut mir leid, Lily. Ich werde es doch nicht schaffen.«
»Warum?«, frage ich voller Panik.
»Ich glaube, ich habe keine Zeit.«
»Wie schade«, sage ich leise.
»Ich fliege in einer Woche, und ich habe noch so viel zu tun. Montag ist mein letzter Arbeitstag …«
»Montag ist dein letzter Arbeitstag?« Ich kann meine Bestürzung nicht verbergen. Er nickt. »Ich dachte … ich dachte, du würdest länger arbeiten«, stammele ich. Aber klar, warum sollte er? Er geht eh weg. Er muss noch jede Menge zu erledigen haben. Wieso sollte er bis zur letzten Minute arbeiten?
»Nein.« Er schüttelt bedauernd den Kopf. »Ich muss mein Haus aufräumen. Platz für den Mieter schaffen.«
»Du verkaufst es also nicht. So wie du gesagt hast.«
Er schenkt mir ein mattes Lächeln. »Nein, ich verkaufe es nicht. Ich vermiete es an Freunde von Freunden.«
Meine Mum biegt in meinem Wagen um die Ecke. Beklommen schaue ich ihr entgegen.
»Ist das deine Mum?«, fragt Ben, und mir fällt ein, dass er sie noch gar nicht kennengelernt hat.
»Ja.«
Sie hält neben mir an und kurbelt das Fenster herunter. »Sorry, ich bin zu spät!«, ruft sie. »Ich habe deinen Wagen genommen, dann kannst du nach Hause fahren.«
»Danke«, erwidere ich, aber es klingt nicht begeistert. Erwartungsvoll schaut sie Ben an.
»Hi«, sagt er und geht auf den Wagen zu. »Ich bin Ben Whiting.«
»Nett, Sie kennenzulernen, Ben.« Mum lächelt zu ihm auf.
»Ich mach mich mal auf den Weg«, sagt er zu mir. »Bis Montag. Nett, Sie endlich kennengelernt zu haben, Cindy.«
»Ganz meinerseits.« Sie wirft ihr Haar nach hinten.
Ich reiße die Fahrertür auf, und Mum schaut alarmiert zu mir auf.
»Ich fahre – schon vergessen?«, sage ich angespannt.
»Ach ja.« Sie kommt wieder zu sich und steigt aus. Ben sitzt inzwischen in seinem Wagen und verlässt den Parkplatz.
»Wer war das denn?«, fragt Mum, sobald sie die Tür zugemacht hat.
»Ben«, erwidere ich.
»Der Ben, der Weihnachten bei uns essen sollte?«
»Genau der.«
»Er sieht gut aus, oder?«
»Mum!«, mahne ich.
»Schon gut, war nur ein Scherz«, sagt sie, aber ich sehe ihr an, dass es das nicht war. Der Gedanke, meine Mum mit Ben … ich könnte kotzen.
»Das ist also der Typ, der dir die ganzen Fahrstunden gegeben hat?«, hakt sie nach.
»Ja«, sage ich kurz angebunden. »Apropos Fahrstunden, kann ich mich jetzt vielleicht mal konzentrieren?«
»Kein Grund, so schnippisch zu sein, Lily«, meckert sie. Ich versuche, sie nicht zu beachten, damit ich mich aufs Fahren konzentrieren kann, aber ich weiß, dass es in ihrem Kopf tickt und sie mich weiter über den schönen Ben ausfragen will.
In meinem Magen rumort es ganz schrecklich. Und das hat nicht viel mit dem verqueren Interesse meiner Mutter zu tun. Ben hat unseren Ausflug morgen abgesagt. Er ist nur noch wenige Tage da, dann wird er für immer verschwinden. Ich weiß nicht, was ich machen soll.
Kapitel 12
Am Montag bringe ich es nicht fertig, mit jemandem zu sprechen. Aber obwohl es mir dreckig geht, weigere ich mich, frei zu nehmen. Es ist Bens letzter Tag, und die Zeit, ihn zur Rede zu stellen, läuft mir davon.
»Schätzchen, du siehst furchtbar aus«, sagt Michael in der Mittagspause zu mir. »Ich hoffe, dich hat nicht dieser komische Grippevirus erwischt.«
»Ich hab bestimmt was Falsches
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