Immer wieder samstags (Immer wieder ...) (German Edition)
giftgrünen Maske im Gesicht wäre in jeder Situation zum Schreien komisch gewesen, nun aber brachte es mich nicht einmal zum Schmunzeln.
Ihre sowieso schon großen Augen weiteten sich, als sie meinen Aufzug bewusst wahrnahm.
»Komm hoch, es ist offen!« Es war eindeutig ein Befehl, auch wenn sie äußerlich sehr ruhig wirkte.
»Ich muss nach Hause!«
»Zehn Minuten.« Ich verdrehte die Augen, immer diese zehn Minuten...
»Meine Mum fährt dich dann.«
Damit war mein letztes Argument hinfällig, denn mit dem Auto wäre es rechtzeitig zu schaffen und viel bequemer, als den ganzen Weg zu Fuß zurückzulegen.
Geschlagen ging ich auf die Tür der Nachbarvilla zu, um ins Haus zu treten. Ich vermied es, mich genauer umzusehen und steuerte gleich den ersten Stock an, wo Vivi mir bereits entgegenkam. Wortlos nahm sie mich in die Arme und gab mir Halt, ehe sie mich in ihr Zimmer zog. Von der Farbvielfalt fühlte ich mich kurzfristig erschlagen. Ich hielt inne, um nun doch einen Blick zu riskieren, aber es waren einfach zu viele Eindrücke auf einmal. Jedes anfangs normal wirkende Möbelstück erstrahlte in einem anderen Anstrich und buhlte aufgrund der Intensität um Aufmerksamkeit. Jetzt war mir auch klar, woher sie ihre Vorliebe für furchtbare Farben hatte.
Ohne meinen halb entsetzten Ausdruck zu registrieren, schubste sie mich weiter zu ihrem großen Bett, auf dem sie sich neben mir im Schneidersitz niederließ. Genauestens inspizierte sie mein verquollenes Gesicht und die wirren Haare, während sie ihre Augen zu kleinen Schlitzen verengte. Es war wohl offensichtlich, dass meine Optik nur einen Grund haben konnte: Tristan Wrangler.
»Weißt du was? Ich werde ihm einfach seine Gurke abhacken und sie in Essig einlegen«, sagte sie mit Bedacht, wobei sie erschreckend ernsthaft wirkte. Ich musste allerdings lachen, denn Vivi war so niedlich, wenn sie wütend wurde.
»Nein, nein, nein! So ist das nicht! Er hat nichts gemacht …«, seufzte ich auf.
»Wie ist es dann?«, wollte sie neugierig wissen und beugte sich dabei zu ihrem quietschgelben Nachttisch, um eine Tafel Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen rauszuholen. Mein Lebensretter. Nichts ging über Süßes, wenn man deprimiert war. Schwesterlich teilte sie die Tafel in kleine Stücke und schob uns beiden je eins in den Mund, bevor ich noch immer kauend mit der Sprache rausrückte.
»Tristan …« Allein seinen Namen auszusprechen, brachte mich dazu, sofort zu ihm zurück zu wollen, aber das schien im Moment unmöglich.
»Er wollte ganz plötzlich mehr über mich wissen. Über mein Zuhause und wie ich so … lebe«, druckste ich rum. Vivian nickte wissend, schließlich war sie schon bei mir daheim gewesen.
»Du hast natürlich abgeblockt?!« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, denn sie ahnte bereits, dass ich über die dortigen Zustände nichts erzählen wollte. Sie kannte mich gut.
»Was denkst du denn?«, gab ich kleinlaut zu und machte mich über ein weiteres Stück Schokolade her, indem ich zaghaft daran rumknabberte wie ein Hase.
»Glaubst du, er würde dich deswegen verurteilen?« Sie tat es mir gleich, puhlte dabei aber die Nüsse raus, um sie separat zu essen.
»Ich weiß es nicht, aber ich denke ... schon«, zuckte ich mit den Schultern. »Ich will es nicht drauf ankommen lassen und ihn deswegen verlieren. Wahrscheinlich würde er annehmen, dass ich mal genauso werde und ...«
»Papperlapapp!«, unterbrach sie mich und winkte mit einer Hand ab.
»Tristan weiß genau, wie du bist!« Ich verdrehte die Augen. Für Vivi schien immer alles so einfach. »Also, du hast ihm gesagt, dass es ihn nichts angeht, was bei euch los ist, und er ...?«
»Anstatt zu antworten, hab ich ihm vorgeworfen, dass er mich damals vor meinem Vater beschützt hat.« Wo war noch einmal das Loch, in dem ich auf der Stelle versinken konnte? Jetzt fühlte sich das alles so falsch an.
»Oh, und weiter?«
»Ich ...«, angespannt malträtierte ich wieder meine Lippe. »Ich habe ihm ... irgendwie ... zu verstehen gegeben, dass ich ihm nicht wirklich vertraue. Daraufhin ist er ziemlich wütend geworden und hat gesagt, ich … ich ...« Tränen stiegen mir in die Augen, als mir seine Worte wieder in den Sinn kamen, die mich nach wie vor verletzten. »Dann war er wieder so kalt und abweisend wie früher immer und meinte, ich soll mich verpissen, und das hab ich getan!« Um mein Unbehagen zu überspielen, stopfte ich mir gleich zwei Stücken Schoko-Nuss in den
Weitere Kostenlose Bücher