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Immorality Engine

Immorality Engine

Titel: Immorality Engine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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seinen eigenen Scherz, der in diesem Fall sogar
wörtlich zu nehmen war. Victorias Herz bestand aus einer Reihe von Zahnrädern
aus Messing und komplizierten Taktgebern, die im Brustkorb wie eine geheime,
versteckte Uhr tickten. Er hatte das künstliche Herz für sie konstruiert und ihr mit eigenen Händen eingesetzt. Dieses Herz
war vermutlich die beste Arbeit, die er je geschaffen hatte. Eine Schande, dass
er es nicht jemandem gegeben hatte, der es eher verdient gehabt hätte.
    Seufzend blickte Fabian aus dem Fenster der Droschke. Eigentlich war
es kein Wunder, dass sie so mit ihm umsprang. Schließlich beherrschte sie das
größte Reich auf der Welt. Sie konnte gar nicht anders, als überall ihren
Willen durchzusetzen. Aber diese Gedanken halfen nicht, seine Stimmung zu
heben, als er zum Buckingham-Palast zu einem Gespräch raste, das er weder
brauchte noch wünschte.
    Sandford, der Butler der Agenten, hatte ihn wie üblich
zuvorkommend empfangen. Er hatte Fabian durch den Privateingang hereingebeten,
ihm den Mantel abgenommen und ihm einen ordentlichen Drink angeboten. Ein Blick
in das mit Leberflecken übersäte Gesicht des alten Mannes hatte Fabian
überzeugt, dass er den Drink sicher gut brauchen konnte. Also hatte er die
Stärkung dankbar angenommen und rasch hinuntergekippt.
    Nun stand er vor Queen Victoria höchstpersönlich, die in all ihrem
mechanischen Glanz vor ihm erstrahlte.
    Im Audienzsaal herrschte ein ewiges Zwielicht, denn die schweren
Vorhänge waren stets vorgezogen. Dafür gab es zwei gute Gründe. Einmal sollten
neugierige Augen daran gehindert werden, nach drinnen zu spähen – die Welt
außerhalb des Palasts wusste wenig oder gar nichts über den derzeitigen Zustand
der Queen –, und zweitens musste die Herrscherin vor Licht geschützt
werden. Die Lichtempfindlichkeit war eine unerwartete Nebenwirkung seiner
Behandlungen gewesen. Alles, was stärker war als ein stumpfer Schein, bereitete
ihr schreckliche Qualen. Deshalb bewohnte sie hauptsächlich diesen einen Raum
im Palast, wo sie an ihr Lebenserhaltungssystem angeschlossen war und sich im
Dunkeln verstecken konnte.
    Die Queen fuhr den Rollstuhl nach vorne, um ihn zu begrüßen. Sie
wirkte alt und müde. Fabian machte sich sofort daran, die Apparate zu
überprüfen, die sie umgaben. Sie war auf den Sitz geschnallt, in der Brust
mündeten zwei große Schläuche, die aus den hinten am Rollstuhl befestigten
Behältern den Sauerstoff in die kollabierten Lungen pumpten. Summende Maschinen
verteilten Flüssigkeiten im Körper, darunter eine rosafarbene Substanz, die der
Knochenflicker erfunden hatte. Sie wurde aus den destillierten Essenzen
seltener Pflanzen gewonnen, die er im südamerikanischen Dschungel entdeckt
hatte.
    Â»Wie geht es uns heute, Majestät?« Fabian wuselte um sie herum und
überprüfte die Verbindungen und die Funktionen der Apparate.
    Â»Wir schlafen nicht mehr, Doktor. Wir verbringen die Nächte allein
in der Dunkelheit, während das Empire ruht. Wir haben höchst eindringliche
Wachträume.«
    Â»Wovon träumen Euer Majestät?«
    Â»Von Albert. Vom Niedergang des Empire, das ebenso verblasst wie
Englands Licht. Davon, dass alles, was wir aufgebaut haben, zu Staub zerfällt,
wenn keine feste Hand mehr da ist, die es zusammenhält.« Mit glasigen Augen starrte sie in die Ferne, als könnte
sie dort etwas ganz anderes sehen als das düstere Innere ihres Audienzsaals.
    Er zog sich zurück und betrachtete sein Werk. »Faszinierend.«
    Victoria riss den Kopf herum und
starrte ihn an, in ihren Augen blitzte der Zorn. Blitzschnell wechselte sie von
der schrulligen alten Dame zur erbosten Herrscherin. »Wir sind keines Ihrer
kleinen Experimente, Fabian. Das sollten Sie nicht vergessen.«
    Das kam bei Fabian gar nicht gut an. Am Haaransatz bildeten sich
Schweißperlen. Es war heiß im Audienzsaal. »Jawohl, Euer Majestät. Natürlich.
Ich wünsche es nur zu verstehen, damit ich helfen kann …«
    Victoria winkte geringschätzig und fiel ihm ins Wort. »Eitles
Geschwätz, papperlapapp. Wir wissen, wie Ihr Verstand funktioniert, Doktor.
Wagen Sie ja nicht, uns mit Plattitüden und Lügen zu beschwichtigen. Unser
Körper mag hinfällig sein, aber unser Geist ist es nicht. Sie halten uns für
ein Rätsel, ein medizinisches Problem, das es zu ergründen

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