Immortal. Dunkle Leidenschaft
Meeresluft empfangen, und jenseits einer japanisch anmutenden Holzterrasse und einem weißen Sandstrand ging die Sonne auf. Zu Hause. Ravenscroft.
Adrian legte Ambers leblosen Körper auf eine dicke Matte. Sie rührte sich nicht und atmete auch nicht mehr. Behutsam nahm er ihr den Blumenkranz ab, den sie immer noch trug, und richtete ihr Kleid mit zitternden Fingern.
»Isis«, rief er leise. Er neigte den Kopf auf Ambers unbewegte Brust und wartete.
Nach einiger Zeit – er wusste nicht, wie lange er so hier gehockt hatte – hob er den Kopf und sah, dass die Sonne hoch am Himmel und Isis am Rand der Terrasse stand. Ihre fast durchsichtige ägyptische Tunika schmiegte sich an ihren Leib, und ihr Kopf war von Hörnern gekrönt, die direkt oberhalb ihrer Ohren herauszuwachsen schienen.
Isis glitt auf ihn zu und legte ihm die Hände auf den Kopf. »Du trauerst, mein Sohn. Das ist natürlich.«
»Ist es nicht! «, erwiderte er mit gebrochener Stimme. »Gib sie mir zurück! Du kannst es.«
Isis schüttelte den Kopf. »Sie ist sterblich. Sterbliche hören auf zu leben.«
Adrians Gesicht war nass von Tränen, ohne dass er gemerkt hatte, sie geweint zu haben. Er wischte sie weg und sah, dass seine Hand blutverschmiert war.
»In Tausenden von Jahren habe ich zum allerersten Mal wahres Glück gefunden«, sagte er rauh. »Du könntest es mich wenigstens fünf Minuten lang auskosten lassen.«
»Und was würdest du damit machen?«, fragte Isis in ihrer Altstimme. »Mit diesen fünf Minuten wahren Glücks?«
»Sie lieben. Gut zu ihr sein. Alles für sie tun.«
»Und wenn es das Beste für sie ist, zu sterben?«
Er wurde wütend. »Lass diese kryptischen Göttersprüche! Du weißt, dass ich sie liebe, du weißt, was sie mir bedeutet. Als du Osiris verloren hast, gabst du nicht auf, bis du ihn gefunden und wieder zum Leben erweckt hast. Tu das auch für mich! «
Isis betrachtete ihn eine ganze Weile stumm. Adrians Hand lag auf Ambers Brust. Er vermisste das Pochen ihres Herzens, ihres Lebens. Mit bebenden Lippen beugte er sich hinunter und küsste sie auf die Stirn.
»Was willst du dafür aufgeben?«, fragte Isis ihn.
Ihre Augen ähnelten seinen: dunkel und unergründlich. Was immer sie denken mochte, man konnte es nicht an ihrem Blick ablesen.
»Meine Unsterblichkeit«, antwortete er. »Macht. Magie. Was immer du willst.«
»Es fiele dir schwer, dich einem weltlichen Leben ohne deine Magie anzupassen. Du könntest es mit der Zeit verabscheuen.«
»Dann lerne ich eben, wie man einen Dosenöffner bedient und den Müll hinausbringt. Aber ich wäre bei ihr, und das allein zählt.«
Isis lächelte matt. »Ich brauche dich als Unsterblichen, Adrian. Ich brauche dich für das, was kommen wird. Deine Brüder werden helfen, aber am Ende musst du zur Stelle sein, um Tain zu helfen.«
»Und deshalb lässt du Amber sterben?«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich fragte, was du aufgeben würdest. Du sagtest, deine Unsterblichkeit und deine große Stärke. Lass mich etwas Schwierigeres wählen. Gib Tain auf. Zieh dich zurück, und lass deine Brüder die Aufgabe übernehmen, ihn zu finden. Heile Amber, lehre sie, liebe sie. Lass Tain los!«
Er schluckte. »Sie könnten ihn verletzen.«
»Das könnten sie.«
»Warum muss ich einen für den anderen opfern?«, fragte er. »Kehksut wollte dasselbe von mir.«
»Kein Opfer – das verlange ich nicht von dir. Ich bitte dich, ihnen zuzutrauen, dass sie ihn finden. So muss es sein, Adrian, damit alle Teile sich wieder zum Ganzen fügen.«
»Erzähl mir jetzt bitte nicht, dass das alles ein ausgeklügeltes Spiel der Göttinnen ist, mit dem sie ihre Kinder auf die Probe stellen oder so etwas!«
Sie lachte. »Du nimmst alles viel zu wörtlich, Adrian. Das hast du immer getan. Denk über mein Angebot nach. Bleib bei Amber, heile und liebe sie. Überlass den anderen die Suche nach Tain.«
Adrian nahm Ambers schlaffe Hand in seine und drückte ihr einen Kuss auf. Isis sagte, er hätte eine Wahl , aber eigentlich war es keine.
Tain und sein Dämon hatten Amber und ihre Schwester ausgesucht, weil sie wussten, dass Amber genau die richtige Frau war, um Adrians Herz zu erobern. Sie wussten, dass Amber ihn von seiner Suche nach Tain ablenken würde, sobald Tain bereit war, mit dem Auslöschen der Lebensmagie auf der Welt zu beginnen.
»Meine Brüder sind sich des Problems nicht einmal bewusst«, sagte er. »Der Ruf versagte.«
»Aber der Hexenzirkel des Lichts ist sich dessen sehr wohl
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