Immortal. Dunkle Leidenschaft
wo sie langsam ersticken würde.
Andererseits konnten sie Tain niemals finden, wenn der Dämon bei dem Kampf umkam. Auf jeden Fall musste der Dämon einen guten Grund haben, Adrian so hartnäckig von seinem Bruder fernzuhalten.
Und während sie fieberhaft überlegte, wurde ihr plötzlich klar, dass es hier gar nicht um das Auffinden von Tain ging. Vielmehr lockte der Dämon Adrian, den mächtigsten der Unsterblichen, in eine Falle, um ihn abzulenken, während er seine Pläne mit Tain – wie immer diese aussehen mochten – in die Tat umsetzte.
Und was, wenn Adrian recht hatte, als er sagte, Tain wolle gar nicht gefunden werden? Was, wenn der Dämon nicht bloß versuchte, Adrian auszulöschen, sondern darüber hinaus Tain beschützte?
Vor siebenhundert Jahren hatte Tain sich von jemandem fortlocken lassen. Adrian glaubte, sein Bruder wäre getäuscht worden, aber könnte er nicht auch aus freien Stücken mitgegangen sein?
Was, wenn sie es nicht mit einem mächtigen Dämon zu tun hatten, der die Unsterblichen seiner Macht unterwerfen wollte, sondern mit einem Unsterblichen, der danach strebte, die Dämonen, die Vampire und die Todesmagie zu kontrollieren?
»Ach du Scheiße!«, flüsterte sie mit bibbernden Zähnen.
Sie nahm ihr Funkgerät aus der Parkatasche, das jedoch trotz der schützenden Plastikhülle durchnässt war. Ohnehin könnte das Signal wohl kaum die gigantischen Eis- und Wassermassen über ihnen durchdringen. Und ihr Handy hatte sie gar nicht erst auf diese Expedition mitgenommen.
Mit zitternden Händen holte sie ihren Kristallbeutel hervor und suchte sich die klarsten Quarze, die sie finden konnte. Dann zeichnete sie mit einem kleineren Quarzkristall einen Kreis um sich herum ins Eis, schloss die Augen und baute die Kraft um sich herum auf.
Zum Zaubern brauchte man eigentlich keine Kerzen, Messer, Kelche und brennenden Weihrauch. Diese Sachen halfen zwar, sich zu konzentrieren und die magische Energie zu verstärken, aber eine echte Hexe konnte ebenso gut allein in einem Wald oder an einem Strand stehen und dort zaubern. Dazu musste sie nichts weiter tun, als die Energie aus den sie umgebenden Dingen und sich selbst zu bündeln und in ihren Zauber zu lenken.
Kerzen in der richtigen Farbe oder die richtigen Kräuter waren im Grunde nebensächlich. Beim Zaubern ging es um die Verbindung zu den Gottheiten und die Fähigkeit, Energie aufzubauen, nicht darum, zur richtigen Zeit das richtige Pulver in den richtigen Behälter zu schütten.
Andererseits schadete es natürlich auch nicht, alles zu nehmen, was man konnte, um den Zauber zu verstärken. Amber malte mit einem Karneol das Runenzeichen für Sieg ins Eis. Dann hockte sie sich hin und versuchte, ihren Verstand zu beruhigen, was angesichts der Schlacht neben ihr ein beinahe aussichtsloses Unterfangen war.
Einmal flog Adrians Schwert durch die Luft und durchstach die Blase, die Amber schützte. Sie hielt den Atem an, doch ihr Schutzschild schloss sich sofort wieder. Adrians Magie hielt, während das Schwert auf Ambers magischen Zirkel zuschlitterte. Hastig zeichnete Amber eine Öffnung, als das Schwert sich in Ferrin verwandelte und wie der Blitz auf sie zuglitt. Die Schlange kroch an Ambers Bein hinauf, unter ihren Parka und in eine der wenigen noch trockenen Innentaschen.
Amber klopfte sanft auf die Tasche, bevor sie ihre Energie wieder ganz auf den flachen Kristall konzentrierte.
Valerian! , rief sie im Geiste. Wir stecken hier in der Scheiße. Wir brauchen dich!
Außerhalb ihres Kreises aus Ruhe und Luft kämpften Adrian und der Dämon in Wasser und Eis, und die Explosionen ihrer beiden Magien brachten den Gletscher über ihnen zum Beben.
Valerian!
Im Kopf schrie sie weiter seinen Namen, während die Höhle um sie herum schwärzer wurde. Adrian kämpfte nur noch mit seiner Macht und seinen Muskeln. Er gab alles, um den Dämon zu überwältigen, dessen Todesmagie wie tiefste Dunkelheit durch die Höhle strömte. Die Schwärze wurde beständig dichter und breitete sich aus, bis Amber weder Adrian noch seine weiße Magie mehr erkennen konnte. Schließlich begannen die Wände ihrer Luftblase einzuknicken.
Valerian wachte aus einem leichten Schlummer auf, als eine knatternde Stimme das ganze Zimmer erfüllte. »Valerian!«
Erschrocken stellte er den Fernseher ab, wo gerade in den Nachrichten kam, dass die Südstaaten von einer Hitzewelle heimgesucht wurden. Die Stimme gehörte zu Amber, aber sie knisterte und knackte wie Laute aus
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