Immortal. Dunkle Leidenschaft
ob ihre Kristalle noch genügend Kraft besaßen, um ihr dabei zu helfen.
Zudem war sie panisch vor Angst. Es war fast kein Licht mehr da, und die überwältigende Todesmagie zerstörte beinahe den letzten Rest ihrer Energie. Zitternd sank sie auf den Boden der Blase und versuchte, die beiden Gestalten auszumachen, die unweit von ihr kämpften.
Adrian würde sich sehr bald entscheiden müssen, denn er konnte nur entweder den Dämon töten oder Amber retten. Sie war nicht sicher, was von beidem er wählen würde, und es quälte sie, dass er überhaupt vor die Wahl gestellt wurde. Aber wenn sie oben geblieben wäre, wie er es wollte, hätte der Dämon sie wahrscheinlich gefunden und umgebracht, um ihre Leiche den Tunnel hinunterzuwerfen und Adrian damit zusätzlichen Schmerz zu bereiten.
Sie vermutete, dass der Dämon ihre Motorräder und die Ausrüstung längst gefunden und zerstört hatte. Also selbst wenn sie hier rauskam …
Die Todesmagie verfinsterte ihr Gemüt und raubte ihr den Lebenswillen. Sie musste sich aber aus eigener Kraft am Leben erhalten, damit Adrian seine Energie ausschließlich gegen den Dämon richten konnte.
»Du kennst nicht zufällig gute Luftzauber, Ferrin, oder?«, fragte sie zittrig.
Die Schlange in ihrer Tasche rührte sich nicht. Ferrin nutzte ihre Körperwärme, um sein Reptilienblut vor dem Einfrieren zu bewahren, und Amber wurde bewusst, wie viel sie in der letzten Woche zu akzeptieren gelernt hatte, empfand sie doch nichts als Mitleid für die Schlange.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke, wenngleich sie nicht sagen konnte, ob Ferrin oder Adrian ihn ihr womöglich eingegeben hatten. Eigentlich klang es eher wie Susans Stimme: Ruf die Göttin an!
Amber ließ ihre Kristalle aufs Eis fallen. Natürlich, das einfachste Ritual, das sie hier zustande bringen konnte, war ein spirituelles, mit dem sie die Göttin zu sich einlud. Und selbst wenn sie damit nichts anderes bewirkte, würde sie doch wenigstens ruhiger und könnte sich einen Ausweg überlegen. Ein spiritueller Ritus schützte sie vor dem Gedanken, Tausende Meter unter Eis und Wasser mit zwei sich bekämpfenden übernatürlichen Wesen gefangen zu sein und als einzigen Freund eine Schlange zu haben, die sich bemühte einzuschlafen.
Sie malte einen Kreis, schloss die Augen und stimmte einen universellen Lobgesang auf die Göttin an. »Mutter des Mondes, Königin der Nacht, gesegnet sei die Göttin, gesegnet ihre Macht. Bei Gaia, Isis, Diana, Hekate, Demeter, Ischtar …«
Eine wunderbare Ruhe legte sich auf Ambers schmerzende Glieder, und die brennende Enge in ihrem Hals wich unter dem tröstenden Gesang. Die Kälte, die Angst, der eisige Wassergeruch und selbst die furchterregenden Kampfgeräusche ebbten ab.
In der Dunkelheit glaubte sie die Silhouette einer schmalen Frau mit dünnen Hörnern auf dem Kopf zu erkennen. Ihr Kleid war nur ein heller leichter Stoffumhang, der über ihrer Schulter verknotet war, und ihr schwarzes Haar reichte ihr bis zur Taille. Die Frau wandte den Kopf und sah Amber mit großen schwarzen Augen an, die von dichten Wimpern umrahmt waren und gleichermaßen sinnlich wie weise wirkten.
Ohne den Mund zu bewegen, sprach die Erscheinung: »Du liebst meinen Sohn.«
Amber liefen Tränen übers Gesicht, während sie sich anstrengte, sich auf die Frau zu konzentrieren, die immer verschwommener wurde, je länger Amber sie anstarrte. »Ja, wenn er nicht gerade ein rücksichtsloser Sturkopf ist.«
»Du liebst ihn, und das braucht er. Mehr als deine Magie und mehr als deine Hilfe braucht er deine Liebe.«
Amber biss die Zähne zusammen. »Man kann allerdings nicht behaupten, dass er meine Liebe mit Freuden annimmt.«
»Du musst ihn dazu bringen, dass er es tut. Er braucht dich. Am Ende wird es deine Liebe sein, die ihn rettet. Halte sie fest.«
»Meine Liebe, die ihn rettet?«, wiederholte Amber verwirrt, als die Göttin bereits zu verblassen begann. »Warte einen Moment, was wird mich retten?«
»Freunde«, sagte Isis’ schwindende Stimme noch, dann war sie fort.
Amber klammerte sich an die Ruhe, die sie gefunden hatte, und versuchte, nicht an die Gefahr zu denken, sondern die Göttin ein weiteres Mal herbeizurufen. Nichts.
Als sie ihre Steine zusammenlegte, um es noch einmal zu probieren, brach die Luftblase ein. Ein Wasserschwall schleuderte sie durch die halb eingebrochene Eishöhle, und kantige Eisbrocken schlitzten ihre dicke Kleidung auf bis auf die Haut. Sie schlug mit dem Gesicht auf den
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