Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
hätte unrecht gehabt.«
Er drückte aufmunternd ihre Hand, um sich dann wieder der Planung zuzuwenden.
Der Flur vor ihrem Zimmer lag verlassen da, als Seth mit Chris’ Unterlagen in der Hand dort auftauchte. Und auch ein rascher Blick in den Raum ergab, dass sich niemand darin befand.
Was nicht weiter verwunderlich war, da die geheimnisvolle Frau einfach nicht zu schlafen schien.
Da Seth diese Tatsache zunehmend Sorge bereitete, war er mittels seiner Fähigkeiten vorsichtig in sie gedrungen und hatte festgestellt, dass sie mittlerweile zwar schlafen wollte, aber es einfach nicht konnte. Jedenfalls nicht, solange sie sich nicht sicher fühlte. Das Ganze funktionierte offenbar wie ein unbewusster Schutzmechanismus, der nicht auszuschalten war.
Dabei hatten David und Darnell sich die größte Mühe gegeben, vertrauenserweckend zu erscheinen. Mehr konnten sie nicht tun.
Sie war ja so winzig, kaum einen Meter fünfzig groß. Da war es nicht so einfach, harmlos auszusehen, wenn man sie gut drei Köpfe überragte und mindestens fünfzig Kilo mehr auf die Waage brachte.
Seth machte sich auf den Weg nach unten. Die einzigen Lebenszeichen kamen aus der großen Halle, die abgesehen von den Steinwänden wie ein modernes Wohnzimmer aussah. Im Dunkeln vor dem Eingang stand David. Gerade wollte der Älteste ihn rufen, als dieser den Kopf hob und einen Finger auf die Lippen legte.
Mit leisen Schritten schlich Seth zu ihm und linste ins Wohnzimmer.
Darnell hockte auf dem Sofa und hielt einen Controller in den Händen. Auf dem riesigen Fernsehbildschirm sprang Lara Croft gerade von einem Felsvorsprung und schnappte sich das Ende eines Seils, das über einem dunklen Abgrund baumelte.
Die geheimnisvolle Frau stand eine Armlänge vom Sofa entfernt, ihr Blick klebte förmlich an der Mattscheibe.
»Siehst du«, erklärte Darnell mit einem jungenhaften Grinsen, »ich hab dir ja gesagt, dass sie es schafft.«
Sie bekam leuchtende Augen. Und wenn sich dazu noch ihr Mund bewegt hätte, wäre das ein Lächeln gewesen, dachte Seth überrascht.
»Nun lasse ich sie schwingen und zum nächsten Seil springen, wieder schwingen und dann auf den nächsten Vorsprung landen.«
Skeptisch wandte sie sich wieder dem Bildschirm zu und lehnte sich dabei an einen Sessel.
Das hellblaue T-Shirt mit dem V-Ausschnitt schmiegte sich an ihre kleinen Brüste und betonte ihre hervortretenden Schlüsselbeine. Ihre Arme waren längst nicht mehr so abgemagert, seit sie wieder regelmäßig aß. Und auch an den Hüften hatte sie etwas zugelegt, obgleich ihr die schwarzblaue Schlafanzughose heftig um die Beine schlabberte.
Trotzdem war sie noch immer viel zu dünn. Sie wirkte so fragil, dass es ihm fast das Herz brach. Und David. Und Darnell ebenfalls.
Selbst ihr Gesicht sah nicht mehr so ausgezehrt und blass aus, sie hatte ein wenig Farbe bekommen und war mit den vollen Lippen, der kecken Stupsnase und den geschwungenen Brauen nun äußerst hübsch anzusehen. Nur unter ihren Augen zeichneten sich tiefe Schatten ab, ein Zeichen ihrer Übermüdung.
Doch zugegeben, für acht Tage ohne Schlaf sah sie noch immer fantastisch aus.
Seth hatte mal über eine Studie gelesen, in der getestet worden war, wie lange Menschen ohne Schlaf auskommen. Das Längste waren elf Tage gewesen. Doch schon vom vierten Tag an nahmen die motorischen und geistigen Fähigkeiten stark ab. Das Kurzzeitgedächtnis litt. Die Probanden hatten Konzentrationsschwierigkeiten, begannen zu halluzinieren und waren starken Stimmungsschwankungen unterworfen, wobei die Symptome von Tag zu Tag schlimmer wurden.
Nicht so die geheimnisvolle Frau, sie hatte lediglich dunkle Ringe unter den Augen.
Unter Seths prüfendem Blick schaute sie nun staunend zu, wie Lara Croft von Seil zu Seil schwang.
»Uff, geschafft!« Darnell grinste sie triumphierend an.
Und als sie sein Lächeln erwiderte, blieb Seth die Luft weg.
Auch Darnell erstarrte kurz, bekam sich aber gleich wieder in den Griff und tat so, als wäre nichts gewesen. »Wenn Lara es zum nächsten Felsvorsprung geschafft hat, dann halt nach Medipacks Ausschau. Sie hat nämlich kaum noch welche, und irgendwo muss da eins rumliegen.«
Tatsächlich setzte sich ihr Gast nun auf die Armlehne des Sessels, um Lara Croft besser beobachten zu könnnen.
Seth warf David einen fragenden Blick zu. »Wie lange geht das schon so?«, fragte er, unhörbar für menschliche Ohren.
»Seit du weg bist«, antwortete David ebenso leise. »Darnell hat die ganze
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