Immortal Guardians: Düstere Zeichen (German Edition)
Bruder trinkt und schlägt seine Frau, die ihn aber nicht verlassen will. Ich habe den Kontakt zu ihnen schon vor langer Zeit abgebrochen.«
Schweigend reichte er ihr ein Glas.
Sarah blickte ihn unsicher an. »Willst du mir jetzt nicht erzählen, was für ein schlechter Mensch ich bin, weil ich sie im Stich gelassen habe?«
»Ich glaube nicht an diesen Blödsinn, dass man sich lieben muss, nur weil man zufälligerweise verwandt ist. Dafür ist das Leben viel zu kurz. Jedenfalls für euch Menschen. Zu kurz, um es an Leute zu verschwenden, die einen schlecht behandeln und nur unglücklich machen.«
Langsam wich die Anspannung von ihr. »Mit der Meinung stehst du aber ziemlich allein da.«
»Ich glaube, da täuschst du dich.« Roland reichte ihr ein weiteres Glas und berührte dabei mit seinem Arm ihre Schulter. Sie war gut anderthalb Kopf kleiner als er. »Außerdem weiß ich, wie schlimm man es mit seiner Familie erwischen kann.«
Neugierig sah sie ihn an. »Lausige Eltern?«
»Lausiger Bruder«, sagte er und reichte ihr mit finsterer Miene das letzte Glas. »Er war derjenige, der meine Entführung und Verwandlung durch den Vampir geplant hat.«
Entsetzt blickte sie zu ihm auf. Roland war also nicht, wie sie angenommen hatte, zufällig Opfer eines blutrünstigen Vampirs geworden. Jemand aus seiner eigenen Familie hatte ihn ausgeliefert.
»Wie konnte er dir das nur antun?«, flüsterte sie.
»Das war ganz leicht. Ich habe ihm blind vertraut.«
Was für ein schrecklicher Verrat. Marcus hatte ihr ja gesagt, dass Roland dreimal übel mitgespielt worden sei.
»Bist du je dahintergekommen, warum er das getan hat?«
»Ich war der Erbe, er der zweitgeborene Sohn. Als mein Vater starb, bekam ich den Titel, die Ländereien, das gesamte Vermögen. Ich hatte alles, was Edward wollte.«
»Aber so war es damals eben. Ich meine, es kann ihn ja wohl kaum überrascht haben. Außerdem hätte es ja wohl andere Mittel und Wege gegeben, an Geld und Besitz zu kommen.«
»Mich aus dem Weg zu räumen war eben das Einfachste. Ich bin bei Weitem nicht der erste Erbe gewesen, der dem Neid eines jüngeren Bruders zum Opfer gefallen ist.« Er schüttelte den Kopf. »Man muss schon sagen, Edward hat seine Rolle wirklich gut gespielt und sich seinen Groll nie anmerken lassen. Er war mein bester Freund. Ich habe ihm mehr vertraut als allen anderen auf der Welt und hätte jeden, der Zweifel an seiner Aufrichtigkeit angemeldet hätte, erschlagen.«
Sarah wischte sich die Hand an der Jeans ab und legte sie auf seinen Arm. »Manche Menschen sind einfach fantastische Schauspieler, sie zeigen niemandem ihr wahres Gesicht.«
»Mein Bruder war oscarverdächtig. Selbst in meiner Gefangenschaft bei dem Vampir habe ich ihn noch für unschuldig gehalten. Er war dabei, als der Angriff passierte. Auf dem Weg zum Hof wurden wir von einer Gruppe Vampirlakaien angefallen. Edward konnte nicht mit dem Schwert umgehen, also habe ich ihn voraus in den Wald geschickt, während ich möglichst viele der Männer niedermachte. Ich war so froh, dass es ihm gelungen war, zu entkommen.«
Obgleich er leise sprach, schwangen Schmerz und Ärger in seiner Stimme mit. Der Verrat seines Bruders hatte Narben auf seiner Seele hinterlassen. »Erst als ich schließlich entkam, habe ich die Wahrheit erfahren.«
Sarah runzelte die Stirn. »Wenn er deinen Tod wollte, warum hat er dich dann von einem Vampir verwandeln lassen?«
»Das wollte er ja gar nicht. Er ist davon ausgegangen, dass ich getötet werden würde. Und der Vampir hätte mich auch umgebracht, wenn ich nicht ein Begabter gewesen wäre.«
»Das verstehe ich nicht. Hat es sich der Vampir deshalb anders überlegt?«
»Nein.« Roland reichte ihr die letzte Gabel zum Spülen. »Es gibt zwei verschiedene Methoden, einen Menschen oder Begabten zu verwandeln. Die erste ist die humanere, dabei trinkt der Vampir den Menschen fast leer und flößt ihm dann sein eigenes Blut ein. Das Virus dringt in so hohen Dosen in den Körper, dass die Verwandlung sehr schnell vonstattengeht.«
Nachdem Sarah die Gabel abgespült und auf das Abtropfgitter gelegt hatte, wuschen sie und Roland sich nacheinander die Hände und trockneten sie ab.
»Und was ist mit der zweiten Methode?«
»Dabei trinkt der Vampir immer wieder von einem Menschen. So wird das Opfer nur geringen Dosen des Virus ausgesetzt. Wenn man nicht durch HIV oder andere Erkrankungen bereits ein angeschlagenes Immunsystem hat, ist ein einziger Biss kein Problem.
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