Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
dass die übrigen Wunden langsamer verheilten und von seinen Energiereserven zehrten.
Als Unsterblicher war er stärker und schneller als die angreifende Vampire, aber nur, solange er in Höchstform oder zumindest in guter Verfassung war.
Blutrote Flüssigkeit spritzte ihm ins Gesicht, als er einem der Vampire den Kopf abschlug und einem anderen den linken Arm, beides mit ein und demselben Schwerthieb.
Zum ersten Mal mischte sich Angst in seine vom Adrenalin befeuerte Euphorie, die er seit dem Verlust von Bethany jedes Mal empfunden hatte, wenn er dem Tod ins Auge sah. Statt die Herausforderung auszukosten, ertappte er sich dabei, intensiv auf jeden Pistolenschuss zu lauschen, der die Nacht zerriss.
Solange das Krachen der Schüsse in seinen Ohren nachhallte, war Ami noch am Leben.
Warum war sie nicht weggefahren? Wie viele Magazine hatte sie noch übrig? Und wann zur Hölle lud sie überhaupt nach? Sie feuerte ohne Unterlass. Was bedeutete, dass sie gut war.
Er lächelte. Vielleicht hatte sich Seth gar keinen Scherz erlaubt. Vielleicht war sie wirklich in der Lage, einem Unsterblichen einen Arschtritt zu verpassen. Zumindest bei den Vampiren schien ihr das sehr gut zu gelingen.
Das wohlvertraute Hochgefühl durchströmte ihn. Mit neuer Kraft stürzte er sich auf die Woge von Vampiren, die über ihm zusammenzuschlagen drohte, und gliederte die übermächtig werdenden Schmerzen in einzelne, leicht zu ertragendere Bereiche auf, während die Zahl seiner Wunden stetig zunahm.
Sekunden später senkte sich eine seltsame Stille über das Schlachtgetümmel. Die Stille war nicht vollkommen, aber irgendetwas hatte sich verändert.
Keuchende Atemzüge waren zu hören. Lautes Knurren, Ächzen und Geheul setzten sich zu einem schaurigen Chor zusammen, während Klingen die Luft durchschnitten, sich in Fleisch bohrten oder auf Metall trafen.
Was war anders?
Keine Pistolenschüsse.
Marcus’ Blick schoss nordwärts, als er versuchte, Ami hinter dem Getümmel aus Vampiren auszumachen, das zwischen ihnen hin- und herwogte.
War sie verletzt worden? Besiegt? Getötet?
Eine Klinge bohrte sich in seinen rechten Oberschenkel. Eine andere streifte seinen Nacken.
Marcus fluchte.
So funktionierte das nicht.
Der Prius rutschte mehrere Meter vorwärts, als die Vampire ihn mit übernatürlicher Kraft beiseiteschoben, kaum dass Ami ihre letzte Patrone abgefeuert hatte. Ihrer Deckung beraubt, richtete sie sich auf, hob beide Hände über den Kopf und griff nach den japanischen Langschwertern, die sie auf dem Rücken trug.
Als einer der Vampire seine Klinge tief in ihr Bein stieß, schoss Schmerz durch ihre Hüfte.
Mit einem Aufschrei zog sie die beiden Schwerter aus ihren Scheiden und schwang sie über dem Kopf.
Die Vampire, die nicht mehr länger durch den Kugelhagel aus den Glocks auf Abstand gehalten wurden, sprinteten auf sie zu; sie bewegten sich so schnell, dass sie zu Farbkleksen verschwammen.
Ami war schnell. Schneller als alle anderen Sekundanten, wenn man David Glauben schenken konnte. Aber so schnell war sie dann doch nicht.
Sie schwang die Schwerter in Bewegungen, an denen sie viele Stunden gearbeitet hatte, schlug von unten, von oben, links, rechts, schräg zur Seite … und kämpfte darum, immer eine Klinge zwischen sich und die grimmigen Gestalten mit den glühenden Augen und den tropfenden Reißzähnen zu bringen, die sie umzingelten.
Die Vampire spielten mit ihr. Verhöhnten sie. Fügten ihr unzählige oberflächliche Verletzungen zu, um ihr Angst zu machen. Hier ein paar Schnitte. Dort ein paar Schrammen. Ein paar Stichwunden. Blaue Flecke.
Als Ami klar wurde, dass sie unwillkürlich die Luft anhielt, atmete sie zischend aus. Die schwierigste Aufgabe während ihres Trainings hatte darin bestanden, nicht unwillkürlich die Luft anzuhalten, wenn es zur körperlichen Auseinandersetzung kam. Und offensichtlich war es ihr immer noch nicht gelungen, diese Aufgabe zu meistern.
Hinter ihr zerriss ein markerschütternder Schrei die Luft. Eine Blutfontäne spritzte gegen ihre Schulter, als sie etwas Schweres im Rücken traf, sodass sie fast in die Knie gegangen wäre.
Sie machte ein paar taumelnde Schritte nach vorn und ließ gleichzeitig die Hände mit den Langschwertern sinken. Die Spitze einer Klinge streifte ihre linke Schulter. Ein glänzendes Bowiemesser, länger und breiter als ihr Unterarm, verfehlte nur knapp ihre Kehle. Sie war zu sehr ins Straucheln geraten, um sich zu verteidigen, und schnappte hörbar
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