Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
bringe dich schnell zum Netzwerk, damit sie dir eine Bluttransfusion verabreichen. Am liebsten wäre es mir natürlich, wenn du dich zu mir setzt und mir Gesellschaft leistest.«
Ihre hübschen Gesichtszüge erbleichten. Mit zusammengepressten Lippen und sichtlich aufgebracht verließ sie die Küche, um dann mit einem Esszimmerstuhl zurückzukehren. Sie stellte ihn vor der Spüle auf, setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Nur mühsam verkniff er sich ein Grinsen. Zweifellos würde sie nur noch wütender werden, wenn er ihr sagte, dass er sie einfach bezaubernd fand, wenn sie sauer war.
»Warum hasst du das Netzwerk so?«, fragte er, während er einen Kochtopf mit gefiltertem Wasser füllte und auf den Herd stellte.
»Ich hasse das Netzwerk nicht«, erwiderte sie, ihre Worte mit Bedacht wählend. »Ich mag nur keine Ärzte. Ich traue ihnen nicht.«
Er lächelte. »Da hast du etwas mit den älteren Unsterblichen gemeinsam.« Er ging zum Kühlschrank, holte einen Topf mit der selbstgemachten Pastasoße, die sie vorher zusammen zubereitet hatten, und stellte sie auf den Herd, um sie zu erwärmen.
Dann holte er Biogemüse aus dem Gemüsefach des Kühlschranks und legte es auf die Arbeitsfläche.
Die meisten Unsterblichen waren Vegetarier. Nahrungsmittel, die Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte begünstigten sowie das Risiko für Herzkrankheiten, Krebs, Diabetes, Alzheimer und andere Krankheiten erhöhten, richteten in den Körpern von Unsterblichen genau die gleichen Schäden an wie bei normalen Menschen. Der Unterschied bestand darin, dass das Virus imstande war, diese Schäden zu heilen. Diese Reparaturen erforderten jedoch zusätzliches Blut, und da die Blutkonserven eine großzügige Spende vonseiten der Sekundanten, ihren Familien und den Netzwerkangestellten waren, wollten die Unsterblichen ihren Großmut nicht noch weiter ausnutzen. Darüber hinaus sensibilisierte ihr feiner Geschmackssinn sie für die Chemikalien, die in Nahrungsmitteln, die nicht dem Standard von Bioprodukten entsprachen, enthalten waren.
»Und warum mögen sie keine Ärzte?«, wollte Ami wissen.
»Wenn du wüsstest, wie primitiv die medizinischen Behandlungsmethoden im Mittelalter waren, würdest du diese Frage nicht stellen. Die meisten Krankheiten und Verletzungen wurden damals mithilfe von Blutegeln behandelt; außerdem schor man den Menschen den Kopf und ließ sie zur Ader, weil man glaubte, dass sich durch ein Ungleichgewicht der Körpersäfte ›schlechtes Blut‹ im Körper sammeln würde, das man nur herausfließen lassen musste.«
Sie sah entsetzt aus. »Teilst du diese Haltung? Du giltst als einer der … älteren Unsterblichen, nicht wahr?«
Er lächelte wieder. (Das tat er häufig in ihrer Gegenwart.) »Schon in Ordnung, Ami. Sprich es ruhig aus. Ich bin alt.«
Sie winkte ab und sagte mit scherzhaft übertriebener Unbeschwertheit: »Ach, was sind schon achthundertfünfzig Jahre?«
Marcus lachte und warf ihr einen neugierigen Blick zu, während er das Gemüse wusch. »Das macht dir nichts aus? Dass ich so viel älter bin als du?« War diese Frage zu direkt?
Sie zuckte mit den Achseln. »Nein, warum sollte es? Ich bin auch älter, als ich aussehe. Macht dir das etwas aus?«
»Das ist nicht wirklich dasselbe, aber ich verstehe, was du meinst.« Er trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und holte dann den Gemüseschäler und sein Lieblingsmesser aus der Schublade. »Und um deine Frage zu beantworten: Ich fürchte mich weder vor Ärzten noch verabscheue ich sie, aber das liegt daran, dass sich meine menschliche Existenz stark von der anderer Unsterblicher unterschied. Ein Umstand, den ich zwei einzigartigen Frauen zu verdanken habe.«
»Ist eine von ihnen die Frau, die auf den Porträts zu sehen ist?«
»Ja.« Überall im Haus hingen Porträts, Zeichnungen und Fotos von Bethany, die sie mit ihrem Mann Robert und ihren gemeinsamen Kindern zeigten. Die meisten Bilder waren alt, es gab aber auch ein paar, die jüngeren Datums waren und sie zusammen mit ihrem Bruder zeigten. Auf vielen Bildern war Marcus ebenfalls zu sehen.
»Mein Vater starb, als ich noch sehr jung war«, sagte er offen heraus, den Blick auf die Karotten gerichtet, die er gerade schälte, und den Sellerie, den er im Anschluss hackte.
»Das tut mir leid«, sagte Ami sanft.
»Ein Jahr später war meine Mutter gezwungen, einen brutalen Bastard zu heiraten, der sie am Ende umgebracht hat.«
Entsetzt schnappte Ami nach
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