Immortal Guardians: Dunkler Zorn (German Edition)
tief auf der Hüfte sitzende Jogginghose, ein passendes, hautenges T-Shirt, das ihre schmale Taille betonte. Ihre vollen Brüste wippten trotz des BHs, dessen Umrisse durch den weichen Baumwollstoff erkennbar waren, bei jedem Schritt auf und ab.
Sobald sie ihn sah, stürmte sie auf ihn zu. »Na endlich!« Sie griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her den Flur hinunter zum vorderen Teil des Hauses.
Marcus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sie ihn hinter sich herschleifte.
Nein, er wusste wirklich nie, was sie als Nächstes tun würde.
Als sie ihre zarten Finger mit den seinen verschränkte, kribbelte es in seinem Bauch. Er erinnerte sich daran, wie er sich als kleiner Junge gefühlt hatte, als er sich mit der Tochter des Schmieds in den Schatten versteckt hatte, um zum ersten Mal in seinem Leben ein Mädchen zu küssen.
»Beeil dich«, drängte sie ihn, »sonst ist er weg.«
Er? Von wem zur Hölle sprach sie?
Marcus schärfte seine Sinne, während sie ihn um die Ecke herumführte und Richtung Küche zerrte. Sein Gehörsinn fing keinerlei Signale auf, auf seinem Besitz befand sich weder ein Vampir, noch ein Unsterblicher, noch ein Mensch.
Als sie in der Küche waren, führte sie ihn direkt zum Waschbecken. Ihr süßer Duft, der von keinem Parfum verfälscht wurde, lenkte ihn ab, als sie ihn an ihre Seite zog.
»Da«, sagte sie und deutete aus dem Fenster.
Marcus beugte sich vor und spähte in die Nacht hinaus. Wie die meisten Unsterblichen lebte er relativ abgeschieden und hatte keine unmittelbaren Nachbarn. Um ihn herum gab es nur Wald und Felder.
Die Jahre, die er in einem Haus in einem typischen bürgerlichen Vorort in Houston, Texas, Tür an Tür mit Bethany gewohnt hatte, waren – abgesehen von der Zeit, die er mit ihr verbracht hatte – ziemlich hart gewesen.
Es war nicht immer so unangenehm gewesen, inmitten der Vertreter der Spezies zu leben, deren Schutz er sich zur Aufgabe gemacht hatte. Aber in den vergangenen Jahrzehnten hatten die Menschen eine Entwicklung zum Schlechteren durchgemacht: Sie waren lauter und rücksichtsloser geworden, und hatten sich eine selbstverliebte Ich-tue-was-mir-gefällt-und-es-ist-mir-scheißegal-ob-dir-das-passt-Haltung zugelegt. Sie hörten stundenlang dröhnend laute Musik in ihren Garagen, auf ihren hinteren Veranden und in ihren Häusern, und auch aus den Lautsprechern der vorbeifahrenden Fahrzeuge erscholl unerträglich laute Musik. Diese Lärmbelästigung führte zu Bluthochdruck und stellte einen Angriff auf den Seelenfrieden von Mitbürgern dar, die noch daran glaubten, dass man auf seine Mitmenschen Rücksicht nehmen sollte. Insbesondere für den übernatürlich scharfen Gehörsinn der Unsterblichen erwies sich dieses Verhalten als schmerzhaft, manchmal kam es einer regelrechten Folter gleich.
Die wenigen mutigen (oder verrückten) Unsterblichen, die in Städten oder Vororten lebten, gaben teilweise Tausende von Dollar aus, um ihre Wohnungen oder Häuser schalldicht zu isolieren und auf diese Weise etwas Frieden zu finden.
Zum Glück litt Marcus nicht mehr unter diesem speziellen Problem, da er inzwischen statt unter Menschen inmitten der Natur lebte.
Ami, die neben ihm stand, beugte sich vor und schaltete die Außenbeleuchtung ein, die er extra für sie installiert hatte.
Als Unsterblicher konnte Marcus auch ohne Licht hervorragend sehen und suchte den Garten mit den Augen nach Raubtieren ab.
Die Bäume in seinem Garten waren noch jung, sie waren erst vor acht Jahren gepflanzt worden, als das Haus gebaut worden war. Sie boten nur wenig Versteckmöglichkeiten. In den viel größeren Bäumen, die halbkreisförmig um Garten und Haus herum wuchsen, war ebenfalls nichts zu sehen. Und auch auf der hinteren Veranda rührte sich nichts; kein Einbrecher weit und breit, der sich Zugang zum Haus zu verschaffen suchte.
Ami und er hatten alle Topfpflanzen, die sie besaßen, in die Garage gestellt, um sie vor den kalten Temperaturen zu schützen, die sich in den nächsten Nächten wie eine eisige Decke über das Land breiten würde. Die hintere Veranda wirkte deshalb etwas trostlos und leer, mal abgesehen von mehreren Vogelfutterhäuschen und einer Schale Vogelfutter, die auf den Holzdielen stand. In dieser Schale stand mit einer Pfote ein kleines, pelziges Tier.
»Siehst du es?«, fragte Ami.
Marcus sah sie an und folgte ihrem Blick, als ihm klar wurde, dass sie das Tierchen dabei beobachtete, wie es sich Futter ins Mäulchen stopfte.
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