Immortal: In den Armen der Dunkelheit
seinem Po waren leider allzu deutlich zu erkennen. Andererseits hätte Leanna Dunkelheit weder vor dem Pfeifen der mit Metalldornen versehenen Peitsche bewahrt noch vor den Schmerzensschreien des Mannes.
Für einen Lebenden war er viel zu bleich; er war ein Vampir, höchstwahrscheinlich erst vor sehr kurzer Zeit zu einem geworden. Und er war nicht der einzige Vampirsklave in diesem Raum: eine junge Frau lag bleich und regungslos auf einer samtbezogenen Chaiselongue. Zwei tiefe Bissnarben verunstalteten die glatte weiße Haut ihres Halses, und ihr langes dunkles Haar hing über den Rand der Chaiselongue hinab. Leanna wurde eiskalt, als sie in das Gesicht der jungen Frau sah.
Solange.
Tot, aber nicht vergangen, lag sie im tiefen Schlummer nach ihrem ersten Vampirbiss. Wenn sie aufwachte, wäre sie eine Vampirin.
Legrand unterbrach sein Peitschen und neigte den Kopf. Er hatte Leanna gespürt. Langsam drehte er sich um. Für einen Moment sagte er nichts, sondern konzentrierte sich auf das, was er von seinem Besuch erahnen konnte. Die blutige Peitsche baumelte an seinen langen Fingern.
Leanna reckte ihr Kinn, streckte die Brust heraus und begegnete dem Blick des Vampirs mit stummer Herausforderung. Innerlich krümmte sie sich vor Angst. Europas Vampirmeister war ein großer Mann, weit über zwei Meter, und sein Oberkörper strotzte vor Muskeln. Bei seinem Tod war Legrand in bester körperlicher Verfassung gewesen, und zweitausend Jahre hatten seiner körperlichen Vollkommenheit nichts anhaben können.
Er hob die Peitschenhand und strich sich eine lange schwarze Strähne aus dem Gesicht. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Seine Lederhose – das einzige Kleidungsstück, das er trug – stand vorn offen und gab den Blick auf jenes Körperteil frei, das gleichfalls zu seinem protzigen Namen passte.
Der Geruch sexueller Ekstase, gewonnen aus dem Leid seines Opfers, hing wie Schmutz an ihm. Ein tiefer, gequälter Laut entfuhr den Lippen des jungen Mannes. Entschlossen machte Leanna sich noch gerader. Legrand war ein Monster, eine untote Abscheulichkeit, die vernichtet werden musste.
Und sie würde es mit Freuden tun.
Lässig legte sie ihre Abendtasche auf einen niedrigen Tisch.
»Ah, was haben wir denn hier?« Legrand fuhr sich mit der Zungenspitze über die blutbefleckten Lippen. Gleichzeitig wanderte sein Blick über Leanna, was sich anfühlte, als würde ihr ein Insekt über die Haut krabbeln. Für einen winzigen Moment fürchtete sie, dass er ihren Blendzauber durchschaute. Aber nein, er begutachtete bloß sein neuestes Spielzeug.
»Remy schickt mir also ein hübsches kleines Geschenk.« In seinen Worten schwang noch eine gewisse aristokratische Note mit, und sah man genauer hin, ließ sich erahnen, dass er einst ein gutaussehender Mann gewesen sein musste.
»Ja, das tut er«, murmelte sie.
»Wie immer beweist mein Untergebener einen tadellosen Geschmack.« Legrand schwenkte seine Peitsche geradezu achtlos in Richtung seines Sklaven, worauf sich weitere blutige Risse an dessen Rücken auftaten, und der junge Mann ächzte. »Dieses hier langweilt mich allmählich schon. Mit ihm wird es erst wieder unterhaltsam, wenn meine jüngste Sklavin erwacht.« Lächelnd schaute er zu Solange. »Ich freue mich schon darauf, diesen Wurm mit seiner nunmehr untoten Gemahlin zu vereinen.«
Leannas Vermutung wurde bestätigt. Der junge Vampir war Jacksons entführter Diener Jean-Claude, tot und zum Vampir gewandelt, wie Jackson befürchtet hatte.
Solanges Ehemann zerrte an seinen Fesseln und funkelte Legrand an. »Schmor in der Hölle, Legrand!«
»Schweig!«
Der Vampir fuhr herum und landete einen üblen Hieb auf Jean-Claudes bereits zerfetztem Rücken. Der Angekettete bog seinen Rücken durch, während ihm ein Schrei in der Kehle stecken blieb. Nach einem zweiten Hieb sackte er stumm in sich zusammen, und sein Kopf fiel zur Seite.
»Endlich Ruhe! Ach, nun ja, der hier ist jung und aufmüpfig. Es wird noch eine Zeit brauchen, um ihn zu brechen. Bis dahin«, Legrand zeigte lächelnd seine Reißzähne, »ist mir frisches süßes Blut wie deines überaus willkommen.«
Leanna musste ihre gesamte Selbstbeherrschung aufbieten, damit er ihr den Ekel nicht ansah.
Wieder musterte er sie. »Ja, Remy hat eine gute Wahl getroffen. Nur hätte er dir die Kleidung abnehmen sollen, ehe er dich zu mir schickt. Los, zieh dich aus, und beeile dich!«
Leanna erstarrte.
Sogleich verengten sich Legrands Augen, und er packte den
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