Immortal: In den Armen der Dunkelheit
»Niemand kann sich einmischen, wenn zwei Vampire sich duellieren.«
»Aber ich muss ihm irgendwie helfen können!«
»Nein, tut mir leid, kannst du nicht.«
Ein Geräusch wie Fingernägel auf einer Tafel lenkte Leannas Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Kampf. So schnell, dass Leanna ihn nur verschwommen sah, schoss Legrand auf Jackson zu, der ihm auswich, so dass der Ewige gegen die Wand krachte. Der Kerkerraum erbebte, und die Kerzen in den Wandhaltern flackerten. Eine fiel zu Boden, wo sie vor sich hin brannte. Leanna lief hin und löschte sie mit einem kleinen Zauber.
Zugleich sprang Legrand knurrend wieder auf. Blut rann ihm von der Schläfe.
Jackson war bereit. »Spürst du dein Alter, Legrand?«
Dieser fauchte. Seine Fingernägel verlängerten sich zu Krallen, und wieder verschwammen seine Konturen. Diesmal verfehlte er sein Ziel nicht. Leanna stockte der Atem, als Jackson und sein Feind zusammen auf den Sessel stürzten, dessen Holzbeine wegbrachen. Ringend und kämpfend rollten die beiden gefährlich nahe an Solange heran. Jean-Claude schrie, zerrte verzweifelt an seinen Fesseln und stöhnte laut, als die Vampire fast in die Chaiselongue gekracht wären, auf der seine Frau lag.
Leanna rannte zu dem jungen Vampir. Sie brauchte einen Moment, bis sie einen Zauber gewirkt hatte, der die erste Fessel öffnete, aber letztlich klickte das Schloss auf. Der junge Mann ächzte, als das Eisen aufklappte und einen breiten Ring rohen Fleisches freilegte. Mit einem Ohr auf den Kampf hinter sich lauschend, beeilte Leanna sich, die restlichen Schellen zu lösen.
Jean-Claudes Knie knickten ein, als er von dem Gestell wegstolperte. Leanna versuchte, ihn aufzufangen, doch sein viel schwererer Leib brachte sie aus dem Gleichgewicht, und sie fielen beide um. Schnell richtete der junge Vampir sich wieder auf, verzog jedoch sein Gesicht vor Schmerz, als er in die Hocke ging. Eine ganze Weile rührte er sich nicht, während seine scharfen Augen auf das Geschehen in der Kerkermitte blickten. Wellen von Todesenergie strömten von den Duellierenden aus.
Leanna hockte sich neben ihn. »Kannst du erkennen, was vor sich geht? Wer gewinnt?«
»Nein, ich erkenne nichts. Jackson konnte es nicht erwarten, ihn zu fordern, aber Solange und ich …« Er blickte zu seiner bewusstlosen Frau. »Wir fürchteten, dass er noch nicht bereit ist. Wir wollten, dass er noch mindestens ein Jahr wartet.«
Jean-Claude erhob sich und lief zu seiner Frau. Die tiefen Schnitte, die Legrands Peitsche ihm beigebracht hatte, begannen schon, sich zu schließen. Er beugte sich über Solange und legte eine Hand an ihre Wange.
»Solange? Kannst du mich hören?«
Keine Reaktion.
»Zu früh«, murmelte er.
Die kämpfenden Vampire taumelten gegen den Peitschrahmen, so dass das schwere Holzgestell gegen die Wand geschmettert wurde und in tausend Teile zerbarst. Leanna duckte sich hinter die Chaiselongue, um den herabregnenden Splittern auszuweichen. Eine rauchende Kerze streifte das Polster. Blitzschnell löschte Leanna die Flamme. Jean-Claude schirmte seine Frau mit seinem Körper ab, so gut er konnte.
Vorsichtig lugte Leanna hinter dem schmalen Sofa hervor. Verdammt! Mehrere kleine Feuer schwelten im Raum, von denen Rauchfahnen aufstiegen. »Das kann nicht mehr lange so weitergehen. Wir müssen Jackson irgendwie helfen!«
»Das können wir nicht. Es wird ein Kampf bis zum Tod.« Jean-Claude hob Solange hoch. »Wir sollten fliehen.«
»Weglaufen? Bist du irre? Wir können ihn doch nicht einfach im Stich lassen!«
»Jackson würde es uns befehlen, wenn er könnte«, entgegnete er, auch wenn Leanna ihm ansah, dass es ihm widerstrebte, ohne Jackson zu gehen. »Falls Jackson dieses Duell gewinnt, wird er in Europa herrschen, und alles wird gut. Falls er verliert …« Er drückte seine reglose Frau fester an sich. »Ich muss mich um Solange kümmern. Je mehr Vorsprung wir haben, desto größer sind ihre Überlebenschancen.«
»Ja, ich verstehe. Geh! Bring sie in Sicherheit! Ich bleibe.«
»Aber du kannst hier nichts tun.«
»Nein, das zu glauben, weigere ich mich. Ich verfüge über Magie – mächtige Magie. Es gibt einen Weg, wie ich Jackson helfen kann.«
Jean-Claude sah sie schweigend an, dann nickte er kurz und wandte sich wortlos zur Tür.
Stumm und regungslos starrte Leanna auf die schimmernde Energie in der Mitte des Kerkers. Wenn sie doch nur wüsste, wer gewann! Frustriert schoss sie einen Schwall Elfenfeuer über das
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