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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Überfälle verantwortlich, und versicherte ihr, er habe volles Verständnis für ihre Lage und werde jede ihrer Entscheidungen mittragen.
    Sie legte auf und schaute auf den Computerbildschirm vor sich. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie seit dem Treffen mit Evelyn in der Bar in E-Mail-Abstinenz gelebt hatte. Corben hatte eine Sekretärin gebeten, sie in das System der Presseabteilung einzuloggen, aber als ihre Finger jetzt zur Tastatur wanderten, beschloss sie unvermittelt, diese Abstinenz noch eine Weile zu verlängern.
    Sie war schlicht überfordert. Ihr Blick wanderte aus dem Fenster hin zu den dichtbewaldeten Bergen hinter der Botschaft. Mia versuchte, der verwirrenden, hektischen Szenen, die sich vor ihrem geistigen Auge abspielten, Herr zu werden und die Ruhe der Landschaft dort draußen auf sich wirken zu lassen. Aber stattdessen sah sie plötzlich den Uroboros vor sich, und gleich darauf hatte sie ihn auf ihren Schreibblock gemalt.
    Sie versuchte nicht länger, ihm auszuweichen. Kurz entschlossen wählte sie eine Nummer. Mike Boustany, der Historiker, mit dem sie in ihrem Projekt zusammenarbeitete, meldete sich nach dem vierten Klingeln, und sehr bald schon verwandelte sich sein säuselnder Tonfall in ernste, ehrliche Besorgnis. Dass Rames gekidnappt worden war, hatte er noch nicht gehört, und er erschrak noch mehr, als er erfuhr, dass Mia bei beiden Entführungen Zeugin gewesen war.
    Er wollte wissen, was dahintersteckte, und Mia hatte nicht das Gefühl, ihm irgendetwas verschweigen zu müssen. Er schwieg die meiste Zeit. Offenbar verschlug ihm ihr Bericht die Sprache.
    «Vielleicht gibt es da etwas, wobei Sie mir helfen können, Mike», sagte sie. «Was sagt Ihnen der Begriff Uroboros?»
    «Die schwanzfressende Schlange? Wir haben ein paar Reliefs davon, an phönizischen Tempeln. Meinen Sie die?»
    «Nein. Die, an der ich interessiert bin, ist jüngeren Datums. Aus dem zehnten Jahrhundert vielleicht.» Sie beschrieb ihm die Darstellungen in der unterirdischen Kammer und auf dem Buchdeckel.
    Er schien viel über die Brüder der Reinheit zu wissen, aber über einen Zusammenhang zwischen ihnen und dem Uroboros wusste er nichts. Sie hätte ihm gerne alles erzählt, aber sie spürte, dass es besser war, den Hakim und sein Horrorkabinett nicht zu erwähnen. Stattdessen erklärte sie ihm, warum sie so ratlos war, was die Bedeutung des Uroboros anging, und berichtete kurz, was sie über die arabischen und persischen Wissenschaftler gelesen hatte.
    Auch darüber wusste er viel.
    «Ich verstehe nur eins nicht», schloss sie. «Irgendjemand ist bereit, eine Menge Blut zu vergießen, um dieses Buch in seine Hände zu bringen, aber an dem, womit sich diese Wissenschaftler beschäftigt haben, konnte ich nichts Unheimliches oder Brisantes entdecken. Was also steht in diesem Buch?»
    Boustany lachte leise. «Das muss das iksir sein.»
    «Was? Wovon reden Sie?»
    «Die älteste Sehnsucht des Menschen. Sehen Sie, Sie betrachten alles nur von einem rationalen Standpunkt aus.»
    Sie runzelte die Stirn. «Das hat man mir schon öfter vorgeworfen.»
    «Sie haben sich bei Ihrer Lektüre mit den individuellen Forschungsgebieten und Erfolgen der Wissenschaftler befasst. Aber wie Sie wissen, haben sie sich nicht auf eine einzige Disziplin beschränkt. Sie waren an allem interessiert, was den Menschen betraf, sie wollten die geheimnisvollen Kräfte der Natur unterwerfen. Deshalb studierten sie Medizin, Physik, Astronomie, Geologie … Sie waren wissensdurstig, und es gab so viel zu entdecken. Sie sezierten Leichen und stellten Theorien darüber auf, wie das Sonnensystem funktioniert … Und irgendwann nahm nur noch eins ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch: die Alchemie.»
    «Alchemie? Aber diese Leute waren Wissenschaftler, keine Quacksalber.»
    Boustanys Stimme klang jetzt seelenruhig. «Alchemie war eine Wissenschaft. Ohne sie würden wir heute noch Stöckchen aneinanderreiben, um Feuer zu machen.»
    Und dann führte er sie zurück in die Anfangstage der angespannten Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion und zu den Ursprüngen der Alchemie: Er erklärte, wie die alten Griechen die Wissenschaft – die damals hauptsächlich aus dem Studium der Astronomie und der Erkundung der chemeia , der Vermischung der Substanzen, bestand – von der Religion getrennt hatten und welche Auswirkung das gehabt hatte.
    «Die Wissenschaft der Alchemie etablierte sich, Akademiker und Denker entdeckten ihre rationale Seite», sagte

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