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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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bestimmt sei und dass nur Gott Unsterblichkeit verleihen könne. Sein Großvater hatte sich bemüht, die Wirkung dieser Lehren zu mildern, und mit seinem Tod, mit diesem einzelnen, einschneidenden Ereignis, trugen seine Worte ihre Frucht: Ludovico begriff, dass es nicht seiner Natur entsprach, den Tod zu akzeptieren oder sich von ihm besiegen zu lassen. Er würde nicht kampflos untergehen. Das Grab – sein eigenes und das derer, die er liebte – würde warten müssen.
    Die Liebe konnte den Tod nicht besiegen. Aber die Wissenschaft würde es tun. Mit dieser Einstellung wurden seine Experimente noch extremer.
    Bald waren sie illegal.
    Ludovico wurde aus der Universität ausgeschlossen, man drohte ihm mit Gerichtsprozessen. Kein Labor im Westen wollte mehr etwas mit ihm zu tun haben. Die Universität Bagdad bot ihm einen Ausweg an, der ihn schließlich – das hoffte er wenigstens – zu der Entdeckung führen würde, der seine Ahnen zwar auf die Spur gekommen waren, deren letztes Geheimnis sie aber nie gelüftet hatten.
     
    Während die Chemikalien durch seinen Körper strömten, ging er in Gedanken die Ereignisse der letzten zwei Tage durch und betrachtete sie aus einem ganz neuen Blickwinkel. Trotz seiner Freude, ja, Verzückung über die Aussicht, den irakischen Händler und das Buch in seine Hände zu bekommen, konnte er nicht umhin, auch an den lange verschwundenen Geliebten der amerikanischen Archäologin zu denken. Immer wieder durchbrach dieser Gedanke seine Vorfreude und trübte sie, als sei irgendwo in seinem Innern ein Sensor ausgelöst worden. Und plötzlich löste sich ein Gedanke von den äußeren Rändern seines Bewusstseins und drang nach vorn – eine köstliche Offenbarung.
    Wieso habe ich das nicht gleich gesehen?
    Er rechnete im Kopf kurz nach. Was Omar ihm über das Alter der Tochter gesagt hatte, schloss die Möglichkeit nicht aus. Mehr als das. Es passte perfekt.
    Was für ein verschlagenes Luder, dachte er grimmig. Die Alte hatte dieses kleine Geheimnis tatsächlich für sich behalten.
    Rasch sprang er auf und durchquerte sein Arbeitszimmer. Er flog fast über die Fliesen und rief dabei laut nach jemandem, der ihn in den Keller begleitete.
     
    Evelyn fuhr hoch, als sie das Klirren des Schlüsselbundes am Türschloss hörte.
    Sie wusste nicht, wie lange sie schon hier war und ob es Tag war oder Nacht. Jedes Gefühl für Zeit und Ort hatte in der brutalen Isolation ihrer Zelle seine Bedeutung verloren. Sie wusste nur, dass es noch nicht sehr lange war. Wenn man frühere Entführungen in Beirut zum Maßstab nehmen konnte, hatte sie noch eine lange, lange Zeit vor sich.
    Die Tür flog auf, und ihr Peiniger trat ein. Diesmal trug er keinen Arztkittel, was Evelyn irgendwie beruhigend fand. Er ließ den Blick kurz durch die Zelle wandern – wie ein Hotelmanager, der ein Gästezimmer kontrolliert – und setzte sich dann auf die Kante ihrer Pritsche.
    In seinen Augen glühte eine fieberhafte Energie, die sie zutiefst beunruhigte. «Ich glaube, Sie haben bei unserer letzten kleinen Plauderei ein winziges Detail zu erwähnen vergessen», begann er vergnügt.
    Sie wusste nicht genau, wovon er redete, aber was immer es sein mochte, seine Freude darüber, es entdeckt zu haben, konnte nichts Gutes bedeuten.
    «Ihr reisender Casanova», sagte er mit aufreizender Herablassung. «Tom Webster. Ich bin erstaunt, dass Sie immer noch so starke, so beschützerische Gefühle für ihn hegen. Wenn man bedenkt, wie er Sie verlassen hat.»
    Er beugte sich vor und betrachtete sie eingehend, als koste er ihre Angst bei seinem kleinen Spielchen aus. Dabei klaffte sein Hemd auf, und sie sah das Medaillon. Der kurze Blick darauf genügte ihr, um das Symbol des Uroboros zu erkennen. In diesem Augenblick wusste sie, dass er wie auch Tom ihr eine Menge über die längst vergessenen Bewohner der Kammer in Al-Hillah verheimlicht hatte.
    «Schwanger», sagte der Hakim mit rauer Stimme. «Ich irre mich doch nicht, oder? Mia … sie ist Ihre gemeinsame Tochter, nicht wahr?»

40
Eine Männerstimme riss Mia aus ihren finsteren Gedanken.
    «Sie müssen Mia Bishop sein.»
    Als sie sich umdrehte, streckte ihr der Mann bereits die Hand entgegen. «Bill Kirkwood. Ich war auf der Suche nach Jim.»
    Sie reichte dem Fremden die Hand und betrachtete sein Gesicht. Er sah gut aus, aber er hatte etwas Unnahbares an sich, eine Zurückhaltung, die ihr spontan Unbehagen bereitete. «Ich weiß nicht, wo er ist», sagte sie. «Er hat mich vor

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