Immortals After Dark 12 - Lothaire
zeigte Regin Ellie ihr wahres Gesicht, indem sie Ellie dazu brachte, sich selbst ins Gesicht zu schlagen. »Warum verprügelst du dich denn selbst? Hör schon auf, dich zu schlagen, Vampir.«
»Vampir?«, ertönte Nïx’ Stimme von der Tür her. Ihre Haare waren völlig zerzaust, ihr Blick wild. Die tollwütige Fledermaus saß auf ihrer Schulter und schlug wie verrückt mit den Flügeln, genauso durchgeknallt wie ihre Besitzerin. »In Val Hall?« Ihre bernsteinfarbenen Augen färbten sich silbern. Eine seltsame Elektrizität ließ die Luft knistern.
Jeder einzelne von Ellies verbesserten Sinnen schrie: GEFAHR . Aber die drohte ihr doch sicher nicht von Nïx, oder?
Die Hellseherin griff an – allerdings ohne ihre Fledermaus. Sie versetzte Regin einen Schlag, der diese quer durchs ganze Zimmer schleuderte.
Noch ehe Ellie reagieren konnte, kniete Nïx auf ihren Schultern und hielt sie mit unglaublicher Kraft nieder. Nïx murmelte etwas, während ihr vereinzelte Haarsträhnen ins hagere Gesicht fielen. »Helena hat mit einem gebrochenen Herzen bezahlt. Furie hat bezahlt. Emmaline …«
»Nïx! Ich bin’s, Ellie! Was machst du denn da?«
Die Hellseherin legte den Kopf auf die Seite, wie ein Tier. »Du weißt nicht, wo Furie ist?« Draußen blitzte es, ein Donnerschlag ließ das Haus erbeben.
»Nïxie, ganz ruhig!« Regin kam herbeigeeilt und zerrte am Arm ihrer Schwester. »Wir haben doch nur rumgealbert.« Aber selbst Regin hatte Nïx’ Kräften nichts entgegenzusetzen.
Endlich gestattete Nïx es Regin, sie von Ellie herunterzuziehen. Gemeinsam landeten sie in einem Gewirr aus Armen und Beinen auf dem Boden. Die Hellseherin blinzelte verwirrt. »Was ist denn passiert?«
»Das fragst du mich?«, schrie Ellie, doch sie bereute es sofort, als sie Nïx ansah. Die Walküre wirkte erschöpft, ja, sogar krank.
Ihre Fledermaus kam auf sie zugewatschelt und hüpfte auf ihren Arm. Das schien sie zu beruhigen.
»Was soll der Scheiß, Nïx? Du bist in letzter Zeit echt schräg drauf!« Regin begann, ihre Gliedmaßen zu entwirren, und scheuchte die Fledermaus fort. »Du bist total walkürenrittmäßig über Vampirellie hergefallen.«
Nïx runzelte die Stirn über irgendetwas, was Ellie nicht sehen konnte, dann seufzte sie traurig. »Und ich fürchte, von uns beiden bin ich noch diejenige, die besser dran ist …«
54
König Lothaire, der wahnsinnige König.
Ihm gefiel der Spitzname, den er häufig hörte, wenn die Leute fragten: »Was hat der wahnsinnige König denn jetzt schon wieder angestellt?«
Sie nannten ihn nicht so, weil er den Verstand verloren hatte, sondern aufgrund seines Benehmens: Er schlief so gut wie nie, wanderte zu jeder Uhrzeit durch die Straßen und schmiedete Pläne, wie er seine neuen Untertanen so bald wie möglich in den Krieg gegen die Horde schicken konnte.
An diesem Tag hielt Lothaire zur Dämmerstunde Hof. Er saß auf seinem vergoldeten Thron, der mit vergoldeten Schädeln verziert war.
Sein
Design. Wenn er eine Königin gehabt hätte, hätte ihr Thron ähnlich ausgesehen. Selbstverständlich wären ihre Schädel zierlicher gewesen.
Aber er hatte keine Königin.
Die königlichen Cousins, die ihm als Rat zur Seite standen, wussten genau, wie sie seinen Geisteszustand einzuschätzen hatten, und hielten nur an solchen Abenden Hof, an denen Lothaire gefasster und bei halbwegs klarem Verstand zu sein schien.
In den letzten drei Wochen waren diese Abende überraschend häufig gewesen.
Elizabeth und er hatten ihr Blut ausgetauscht, was bedeutete, dass er unzerstörbar mit ihrem Geist verbunden war. Im Gegensatz zu der Verbindung mit Chase erhielt das Band zu seiner Braut Lothaire mehr oder weniger bei klarem Verstand.
Es war ein Segen, denn er weigerte sich, den Eindruck zu vermitteln, dass er aufgrund seiner Braut, der Königsmörderin, litt. Lothaire würde nicht zulassen, zu einem Objekt des Mitleids zu werden. Wie oft hatte er sich über Männer lustig gemacht, die an gebrochenem Herzen litten? Wie oft hatte er sie verspottet: »Oooohh, haben wir uns letzte Nacht über die Tränchen hinwegmasturbiert?«
Das Schicksal hatte dafür gesorgt, dass die Verbindung zu Elizabeth ausreichend war und er auch ohne sie überleben konnte. Er brauchte sie nicht länger. Zum Glück, denn er wollte sie auch gar nicht mehr.
Belügst du dich etwa selbst, Lothaire?
Als er der versammelten Hofschar nun feierlich verkündete: »Ich will meinen Rat sehen – allein!«, zerstreuten sich seine Untertanen
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