Immortals After Dark 12 - Lothaire
junge Vampir bemühte sich, seine verzweifelte Miene zu überspielen. »Unglücklicherweise ist das wahr, Onkel.« Er gab sich stoisch, doch insgeheim verließ er die Burg jede Nacht, um alles zu ficken, was sich bewegte. Er war genauso geil, wie Lothaire es in derselben Lage vor unzähligen Zeitaltern gewesen war. Erst letzte Nacht hatte Mirceo vergnügt an den Brüsten einer Frau gesaugt, während ein Mann ihm den Schwanz lutschte – bis der arme Mirceo mit einem Mal … seinen Enthusiasmus verloren hatte.
»Fürchte dich nicht«, sagte Lothaire. »Vermutlich wird es dir nicht einmal auffallen, dass anscheinend alle anderen auf der Welt außer dir ununterbrochen ficken wie die Tiere.«
Mit diesem Kommentar gelang es Lothaire mit einem Schlag, sowohl Mirceo als auch dessen prüde Schwester in Verlegenheit zu bringen. Volltreffer!
Stelian wechselte rasch das Thema. »Du bist viel gereist.«
Als Ältester der Königsfamilie hatte er die Position des Torwächters inne – die mächtigste Stellung nach dem König. Stelian war derjenige, der entschied, wer Dakien betreten oder verlassen durfte, und er allein lehrte sein Volk, wie man den Nebel nutzte, um das Königreich unbemerkt verlassen zu können.
Er schien überrascht – und verstimmt – zu sein, dass Lothaire diese Kunst so rasch erlernt hatte. Doch Stelian hatte sofort darauf hingewiesen, dass er allein sämtliche dunklen Geheimnisse des Nebels kannte.
Gib mir ein wenig Zeit.
Nichtsdestotrotz musste der Torwächter seine Arbeit verdammt gut gemacht haben, wenn Dakien nicht einmal im
Buch
des Mythos
verzeichnet war. Durch seine Spionage wusste Lothaire, dass Stelian eher locker und unbeschwert war – bis jemand versuchte, das Land ohne Autorisation zu verlassen.
Und dann? Sogar Lothaire hatte angesichts Stelians eisiger Reaktion eine Braue gehoben.
»Ich reise in der Tat viel«, gab Lothaire zu. Um seine geistige Gesundheit zu stabilisieren, kehrte er häufig in sein Apartment zurück, um Elizabeths Duft in sich aufzunehmen, indem er sein Gesicht in ihre Seidennachthemden oder ihr Kissen vergrub.
Auch wenn es nicht dasselbe war, wie sie zu berühren, reichte ihr Duft – zusammen mit der Blutverbindung – meist aus, um die Nächte zu überstehen.
Er fragte sich, was die Dakier wohl von ihrem neuen König halten würden, wenn sie herausfanden, dass er stets die Unterwäsche seiner Braut in der Tasche trug.
Aber welcher wahnsinnige König trug nicht die Wäsche seiner Königin bei sich?
»Die Hauptstadt ist langweilig«, sagte er zu Stelian. Das entsprach der Wahrheit, obwohl andere Spezies hier durchaus willkommen waren – vorausgesetzt, sie reisten nie wieder ab. Dadurch gab es genug Nymphen, die sich um geile junge Vampire wie Mirceo kümmerten.
»Du hältst dich doch die ganze Zeit über im Nebel auf, wenn du in die Welt hinausreist?«, fragte Stelian. »Von allen unbemerkt?«
»Wie sonst könnte ich zurückkehren?« Lothairianisch. Er hatte der Alten befohlen, für ihn allein ein Signalfeuer zu ersinnen, denn manchmal gefiel es Lothaire, gesehen zu werden.
Ein Teil von ihm hätte den Nebel am liebsten komplett abgeschafft, sodass sich seine Untertanen der ganzen Welt zeigen konnten. Ansonsten war Lothaire nur der König eines Reiches, von dessen Existenz niemand wusste.
Mit anderen Worten: Er war der Baum im Wald, der umfiel, ohne ein Geräusch zu verursachen – wenn niemand in der Nähe war, der zerquetscht werden konnte.
Doch die Nebelhülle beschützte die Dakier auch vor Invasion und Seuchen. Außerdem bedeutete im Grunde jede Exkursion, dass sie auszogen, um zu spionieren; ein Unternehmen, das er aus vollem Herzen unterstützte.
»Soviel ich weiß, hast du unsere Soldaten bei ihren Übungen beobachtet«, sagte sein ungestümer Vetter Viktor. »Was hältst du von ihnen?« Er war General und zu Recht stolz auf seine Bataillone.
Die Armee war bestens ausgebildet, diszipliniert und ging meisterlich mit dem Schwert um. Grundsätzlich waren die Dakier von sämtlichen mittelalterlichen Waffen fasziniert: Streitkolben, Wurfdolche, Peitschen, Kampfäxte.
Sobald ein Dakier eine Waffe in der Hand hatte, entwickelte er eine kaltblütige Zielstrebigkeit. Auch wenn er sowieso schon von Logik beherrscht wurde, konnte er sich dadurch noch besser konzentrieren und war in der Lage, jeden Zug des Gegners vorherzusehen.
Ganz so wie ich selbst.
»Die Soldaten machen sich ein klein wenig zu viel Gedanken über die Kriegerehre«, erwiderte Lothaire.
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