Immortals After Dark 12 - Lothaire
würde! Du wusstest, dass wir uns nie küssen würden. Und dennoch sagtest du, dass ich deiner Voraussicht trotze.«
»Man muss keine Hellseherin sein, um zu erkennen, wie sehr du dich nach ihr sehnst, Lothaire. Sie ist dein fehlendes Puzzleteil. Ohne sie wirst du niemals vollständig sein, ganz egal, wie viele ätherisch schöne Walküren du auch in dein Bett lockst.«
Elizabeth
ist
mein Glück
. »Ich müsste sie hassen für das, was sie mir angetan hat.«
»Nur wegen einer gescheiterten Enthauptung?« Sie tippte sich mit einer Klaue gegen das Kinn. »Wow. Ich hätte dich nie für so ein Weichei gehalten. Ich glaube, ich muss unsere Freundschaft noch einmal ernsthaft überdenken.«
Erneut fletschte er die Fänge. »Hier geht es nicht um meinen Hals. Sie hat mich
verraten
.« Sie hatte ihm ihre Zuneigung vorgegaukelt. »Ich bin in meinem Leben schon oft genug verraten worden. Von meinem Vater, meinem Onkel, von
dir
.«
»Von mir?«
»Jetzt tu nicht so unschuldig, Walküre. Ich weiß von deinem Verrat.
Du
hast Stefanowitsch vor meinem bevorstehenden Anschlag auf sein Leben gewarnt.«
Sie zuckte gleichmütig mit den Achseln. »Ich hab’s ihm gesagt – aber erst, nachdem ich dir erklärt hatte, dass ich genau das tun würde. Ich habe dich wiederholt ermahnt, geduldig zu sein, mir zu vertrauen, aber du wolltest ja nicht hören. Du hast dich nicht davon abbringen lassen.«
»Du warst meine älteste Freundin! Ich hätte nie gedacht, dass du dich tatsächlich an ihn wenden würdest.«
»Ich habe es nur zu deinem Besten getan, um deinem Schicksal eine andere Richtung zu geben, ehe es eine tragische Wendung nehmen konnte.«
»Eine
tragische
Wendung?« Er drehte sich um und hämmerte mit der Faust auf seinen Schreibtisch, der mit solcher Wucht zersplitterte, dass die Papiere in alle Richtungen flatterten. »Was hätte denn wohl schlimmer sein können als das, was geschehen ist? Ich habe sechshundert Jahre die Hölle durchgemacht, nur wegen dir! Hast du eine Ahnung, wie es dort in diesem Grab war, als sich Insekten in meinen lebenden Körper bohrten und an meinem Fleisch nagten? Ich hatte keine Ahnung, wann das ein Ende finden würde … Und dann der Blutbaum, der in mir wuchs.« Er schwankte, als die Erinnerungen ihn zu überwältigen drohten. »Er … nährte sich von mir. Ich habe darum gebetet, zu sterben. Hauptsache, der Schmerz würde enden.«
»Wenn Stefanowitsch dich nicht erwischt hätte, hättest du deine Braut niemals gefunden.«
Einatmen, um ruhiger zu werden. Ausatmen. Schöpfe neue Kraft aus der Verbindung mit Elizabeth.
»Wovon zum Teufel redest du da?«
»Hast du dich niemals gefragt, warum ich dich« – Nïx malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft – »
verraten
habe?«
»Weil wir natürliche Feinde sind. Du hasst instinktiv, was ich bin. Es war nur eine Frage der Zeit.«
Sie hockte sich auf die Sitzbank unter dem Fenster. »Wenn du nicht von Stefanowitsch geschnappt worden wärst, wärst du während der Invasion der Horde in Draiksulia ums Leben gekommen.«
»Die Horde ist niemals in die Ebene der Feyden eingefallen.«
Sie schnipste mit den Fingern. »
Genau
. Du und all unsere Walküren-Verbündeten wurden verschont. Und das nur aufgrund einiger Worte, die deinem Vater ins Ohr geflüstert wurden.«
Sein Mund öffnete sich.
»Wärst du dort ums Leben gekommen, hättest du niemals Kontakt mit Saroya aufgenommen, die noch weitere Morde begangen hätte, während sie in Elizabeths Körper steckte, sodass keine Zeit geblieben wäre, einen Exorzismus zu versuchen.« Nïx’ leere goldene Augen schimmerten. »Ich sah die alternative Zukunft deiner Braut klar und deutlich. An einem Herbstmorgen erledigte Elizabeth die Wäsche für ihre Mutter, nahm die getrocknete Kleidung von der Leine und faltete sie. Dann griff sie nach der Remington ihres Vaters und ging alleine in den Wald. Sie schob sich den Lauf unters Kinn. Blut, Gehirnmasse und Knochen verteilten sich auf den Blättern.«
Er zuckte zusammen.
»Ich habe alles gesehen. Hältst du mich immer noch für eine Verräterin?«
Ich hätte Elizabeth nicht, wenn Nïx nicht getan hätte, was sie damals tat.
Aber er hatte sie sowieso nicht!
Dann wurden seine Augen schmal. »Warum hast du mich so lange in dem Grab gelassen? Du warst da, in der Nacht, in der Fjodor mich freiließ. Ich habe dich im Wald gesehen.«
»Meine Voraussicht funktioniert bei dir nicht. Ich war erst in der Lage, dich zu finden, als ich Helenas Schicksal las.
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