Imperator 01 - Die Tore von Rom
in der ersten Reihe stehen, um sie aufzuhalten.«
»Um deinen Fehler gutzumachen?«, fragte Marius.
Der Mann nickte matt.
»Es sei dir gewährt. Dein Gesicht wird das erste sein, das sie zu sehen bekommen. Und sie werden kommen. Nicht als Lämmer, sondern als Wölfe.«
Marius blickte dem gebrochenen Mann nach, der steif davonwankte, und schüttelte den Kopf. So viele wollten einfach nicht glauben, dass Sulla ihre geliebte Stadt angreifen würde. Für Marius war es längst Gewissheit. Die täglich eintreffenden Nachrichten besagten, dass es Sulla gelungen war, den aufständischen Armeen unter Mithridates das Rückgrat zu brechen und dabei ein Gutteil von Griechenland in Schutt und Asche zu legen. Kaum ein Jahr war vergangen, und er würde als Held und Eroberer zurückkehren. Das Volk würde ihm alles gewähren. In einer derartig gestärkten Position würde er seine Legion keinesfalls im Feld oder in einer benachbarten Stadt lassen und mit seinen Kumpanen in aller Stille in den Senat zurückkehren. Das war das Risiko, das Marius eingegangen war. Obwohl es sonst nichts Bewundernswertes an diesem Mann gab, musste er zugeben, dass Sulla ein hervorragender Feldherr war, und Marius hatte die ganze Zeit über gewusst, dass er sehr wohl gewinnen und als Sieger zurückkehren konnte.
»Die Stadt gehört mir«, murmelte er dumpf und ließ den Blick über die Soldaten schweifen, die Brustwehren für Bogenschützen auf den gewaltigen Toren bauten. Er fragte sich, wo sich sein Neffe herumtreiben mochte und bemerkte geistesabwesend, dass er ihn in den letzten Wochen kaum zu Gesicht bekommen hatte. Müde rieb er sich den Nasenrücken. Er wusste, dass er sich zu wenig Ruhe gönnte.
Seit einem Jahr hatte er ständig zu wenig Schlaf bekommen, hatte seine Versorgungslinien aufgebaut, seine Männer bewaffnet und für die Belagerung Roms vorgesorgt. Rom war als Stadtfestung neu erschaffen worden, es gab keinerlei Schwachpunkte mehr an den Mauern. Die Stadt würde standhalten, das wusste er. Sulla würde sich an den Toren aufreiben.
Seine Zenturios waren handverlesen, und der Verlust dieses einen heute Morgen war durchaus ärgerlich. Jeder Mann war aufgrund seiner Flexibilität befördert worden, seiner Fähigkeit, auf neue Situationen zu reagieren, bereit für die Zeit, in der die größte Stadt der Welt ihren eigenen Kindern im Kampf gegenübertrat – sie vernichtete.
Gaius war betrunken. Er stand mit einem vollen Weinbecher am Rand eines Balkons und versuchte, klar aus den Augen zu sehen. Unten im Garten plätscherte ein Brunnen. Mit verschwommenem Blick beschloss er, hinunterzugehen und den Kopf ins Wasser zu stecken. Die Nacht war warm genug.
Drinnen umfing ihn der Lärm des Gelages als tosendes Durcheinander aus Musik, Gelächter und trunkenen Rufen. Es war bereits nach Mitternacht, keiner war mehr nüchtern. Die flackernden Öllampen an den Wänden warfen ein sanftes Licht auf die Zecher.
Eine Frau streifte Gaius und legte ihm kichernd einen Arm um die Schultern, sodass er etwas von dem Rotwein auf den hellen Marmorboden verschüttete. Ihre Brüste waren unverhüllt, und sie zog seine freie Hand auf sie, während sie ihre Lippen auf seinen Mund presste.
Er löste sich von ihr und schnappte nach Luft. Sie nahm ihm den Wein aus der Hand und leerte den Becher mit einem Zug. Dann warf sie ihn über die Schulter, langte nach unten in die Falten seiner Toga und liebkoste ihn mit erotischer Fingerfertigkeit. Er küsste sie wieder und wankte unter ihrem betrunkenen Gewicht zurück, bis sein Rücken an einer Säule unweit des Balkons Halt fand. Er spürte den kalten Stein durch den Stoff.
Die Menge nahm keine Notiz von ihnen. Viele waren nur noch halb bekleidet, und in dem in der Mitte des Raumes eingelassenen Wasserbecken aalten sich nasse Pärchen. Der Gastgeber hatte für etliche Sklavenmädchen gesorgt, doch die Ausschweifungen hatten sich mit zunehmender Trunkenheit ausgeweitet, und zu dieser fortgeschrittenen Stunde nahmen die letzten hundert Gäste so ziemlich alles, was sie bekommen konnten.
Gaius stöhnte, als die Fremde ihren Mund über ihm öffnete, und winkte einem vorübereilenden Sklaven, damit er ihm noch einen Becher Wein brachte. Er ließ ein paar Tropfen auf seine nackte Brust fallen und sah zu, wie die Flüssigkeit bis zu ihrem emsig arbeitenden Mund hinunterrann, wo er ihn geistesabwesend mit den Fingern in ihre weichen Lippen rieb.
Die Musik und das Lachen rings um ihn herum wurden immer lauter. Die Luft
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