Imperator 01 - Die Tore von Rom
hatte, machte sich Alexandria eilig zu ihrem wahren Ziel auf, einem kleinen Juwelierladen am Ende der Marktbuden. Sie hatte ihn schon oft aufgesucht, um sich die Entwürfe des Mannes anzusehen. Die meisten Stücke waren aus Bronze oder Zinn. Silber wurde bei der Schmuckherstellung kaum verwendet, und Gold war zu teuer, es sei denn, es handelte sich um Auftragsarbeiten. Der Kunstschmied selbst war ein kleiner Mann, der stets eine schwere Lederschürze über seiner groben Tunika trug. Er blickte auf, als sie den kleinen Laden betrat, und unterbrach die Arbeit an einem kleinen Goldring, um das Mädchen im Auge zu behalten. Tabbic war ein misstrauischer Mensch, und Alexandria spürte seine Blicke, als sie seine Waren betrachtete.
»Kaufst du auch Sachen an?«, fragte sie.
»Manchmal schon«, lautete die Antwort. »Was hast du denn?«
Sie zog die Bronzescheibe aus einer Tasche ihrer Tunika. Er nahm sie ihr aus der Hand und hielt sie ins Tageslicht, um das Muster zu begutachten. Er hielt sie sehr lange ins Licht, und sie wagte nicht, etwas zu sagen, aus Angst, ihn zu verärgern. Ohne etwas zu sagen, drehte er sie immer wieder hin und her und musterte jede noch so kleine Kerbe im Metall.
»Wo hast du das her?«, wollte er schließlich wissen.
»Ich habe es selbst gemacht. Kennst du Bant?«
Der Mann nickte bedächtig.
»Er hat mir gezeigt, wie es geht.«
»Es ist ziemlich grob, aber ich denke, ich könnte es weiterverkaufen. Die Ausführung ist unbeholfen, aber das Muster ist sehr hübsch. Das Löwengesicht kommt sehr schön heraus, man merkt nur, dass du noch nicht sehr geübt mit Hammer und Ahle bist.« Er drehte die Scheibe noch einmal um.
»Sag mir jetzt die Wahrheit! Woher hast du die Bronze, um das herzustellen?«
Alexandria sah ihn erschrocken an. Er erwiderte ihren Blick ohne zu blinzeln, aber seine Augen sahen freundlich aus. Rasch erzählte sie ihm von ihren Einkäufen, und dass sie immer ein paar kleine Münzen vom Haushaltsgeld für sich behalten hatte, genug, um die unbearbeitete Metallscheibe an einer der Marktbuden zu kaufen.
Tabbic schüttelte den Kopf. »Dann darf ich es nicht nehmen. Es gehört dir nicht. Die Münzen sind das Eigentum des Marius, also auch die Bronze. Du solltest sie ihm geben.«
Alexandria spürte, dass sie jeden Augenblick in Tränen auszubrechen drohte. Sie hatte so viel Zeit auf dieses kleine Stück verwendet, und jetzt sollte alles umsonst gewesen sein. Wie benommen sah sie zu, wie er es von einer Seite zur anderen drehte. Dann drückte er es ihr wieder in die Hand.
Enttäuscht schob sie die Scheibe in die Tasche zurück.
»Tut mir Leid«, sagte er.
Dann sah er sie an und fuhr fort: »Ich heiße Tabbic. Du kennst mich nicht, aber ich habe einen Ruf zu verlieren. Ich bin für meine Ehrlichkeit bekannt, und vielleicht auch für meinen Stolz.« Er hielt eine andere Metallscheibe hoch, eine, die grausilbern schimmerte.
»Das ist Zinn. Es ist weicher als Bronze. Es lässt sich leichter bearbeiten. Man kann es hübsch polieren, und es verfärbt sich nicht so hässlich, sondern wird nur stumpf. Nimm es mit und gib es mir zurück, wenn du etwas daraus gemacht hast. Dann hefte ich eine Nadel daran und verkaufe es als Mantelspange für einen Legionär. Wenn sie genauso gut wird wie die bronzene, bekomme ich womöglich eine Silbermünze dafür. Davon ziehe ich den Preis für das Zinn und die Nadel ab, so bleiben für dich sechs, vielleicht sieben Quadranten übrig. Ein Vermittlungsgeschäft, verstehst du?«
»Wo ist dein Profit bei diesem Geschäft?«, fragte Alexandria, die bei dieser Wendung des Schicksals große Augen machte.
»Bei diesem ersten Geschäft verdiene ich nichts. Ich investiere ein wenig in das Talent, das du meiner Meinung nach besitzt. Grüße Bant von mir, wenn du ihn wieder siehst.«
Alexandria steckte die Zinnscheibe ein und musste erneut gegen die Tränen ankämpfen. So viel Freundlichkeit war sie nicht gewöhnt.
»Ich danke dir. Und die Bronze werde ich Marius geben.«
»Das solltest du auch, Alexandria.«
»Woher … woher weißt du, wie ich heiße?«
Tabbic nahm den Ring, an dem er gearbeitet hatte, als sie hereinkam.
»Wenn ich Bant treffe, redet er kaum noch von etwas anderem.«
Alexandria musste sich sputen, wenn sie vor Ablauf der zwei Stunden zurück sein wollte, aber ihre Füße waren leicht und am liebsten hätte sie laut gesungen. Sie würde aus der Zinnscheibe etwas Schönes schaffen, und Tabbic würde sie für mehr als eine Silbermünze
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