Imperator 01 - Die Tore von Rom
er sein eigenes Schwert und baute sich, sich seiner Nacktheit offensichtlich überhaupt nicht bewusst, lässig vor seinem Gegenüber auf.
»Verrätst du mir noch deinen Namen, ehe ich dich erledige?«, fragte der Hauptmann und nahm die leicht geduckte Stellung des Schwertkämpfers ein. »Nur damit ich meinem Herrn etwas berichten kann.«
»Gibst du mir deine Kleider freiwillig? An einem so herrlichen Morgen sollte man sich nicht gegenseitig umbringen«, konterte Gaius und lächelte dabei freundlich.
Der Hauptmann wollte etwas erwidern, aber Gaius griff an. Sein Streich wurde pariert, denn der Mann hatte mit einem solchen Trick gerechnet. Gaius erkannte rasch, dass er es mit einem erfahrenen Gegner zu tun hatte und konzentrierte sich auf jede Bewegung des Tanzes. Sie hatten nicht genug Platz, um sich frei zu bewegen, außerdem lauerte zwischen ihnen die Treppe und drohte, einen von ihnen ins Straucheln zu bringen.
Mit Finten und halbherzigen Stößen loteten sie den Kampfplatz aus, suchten nach gegnerischen Schwächen. Der Hauptmann staunte über das Können des jungen Mannes. Er hatte sich seinen Posten in Cinnas Garde gekauft, nachdem er einen Schwertkampfwettbewerb der Stadt gewonnen hatte und wusste, dass er besser war als die meisten Männer, doch hier wurden seine Angriffe immer wieder mit Geschwindigkeit und Präzision abgewehrt. Trotzdem machte er sich deshalb keine Sorgen. Im schlimmsten Fall musste er nur eine Weile durchhalten, bis Hilfe eintraf, und sobald die Suchenden bemerkten, dass hier oben gekämpft wurde, würden immer mehr die Treppe heraufkommen und den Eindringling überwältigen. Seine Hoffnung musste sich in seinem Gesicht widergespiegelt haben, denn jetzt ging Gaius, nachdem er seinen Gegner genügend taxiert hatte, in die Offensive.
Der Jüngling durchbrach die Verteidigung des Hauptmanns und traf ihn an der Schulter. Der Mann quittierte die Wunde mit einem Grunzen, doch Gaius lenkte seinen Gegenangriff seitlich ab und ritzte einen Schnitt in die lederne Brustplatte. Jetzt stand der Hauptmann mit dem Rücken an der Wand des kleinen Glockenturms, und schon ließ ein schmerzhafter Schlag auf seine Finger den Gladius die Treppe hinunterscheppern. Die Hand fühlte sich taub an, und der Hauptmann blickte in Gaius’ Augen, erwartete den Schlag, der ihm den Garaus machen würde.
Gaius wurde kaum langsamer. Erst in der letzten Sekunde, bevor sein Schwert gegen die Schläfe des Mannes krachte, drehte er es so, dass es mit der flachen Seite auftraf. Bewusstlos sank sein Gegner zu Boden.
Von unten wurden immer mehr Rufe laut. Mit fliegenden Fingern machte sich Gaius daran, den Hauptmann auszuziehen.
»Mach schon, mach schon …«, murmelte er vor sich hin. Immer einen Plan in der Hinterhand haben, das hatte ihm Renius damals eingebläut, doch abgesehen davon, dem Mann seine Kleider zu stehlen, hatte er noch keine Zeit gehabt, über einen weitergehenden Fluchtplan nachzudenken.
Es dauerte ewig, bis er angezogen war. Der Hauptmann rührte sich, und Gaius verpasste ihm noch einen Schlag mit dem Griff und nickte zufrieden, als die zuckenden Bewegungen wieder nachließen. Er hoffte, dass er ihn nicht umgebracht hatte. Der Mann hatte nur das getan, wofür er bezahlt wurde, ohne jede Gehässigkeit. Gaius atmete tief durch. Treppe oder Fenster? Er überlegte nur eine Sekunde, schob seinen eigenen Gladius in die Scheide des Hauptmanns und schritt die Treppe hinunter ins Haupthaus.
Als er die Nachrichten von dem atemlosen Boten vernahm, ballte Marius die Fäuste.
»Wie viele Tage sind sie hinter dir?«, fragte er so ruhig, wie es ihm möglich war.
»Wenn sie Gewaltmärsche einlegen, nicht mehr als drei oder vier. Ich bin so schnell wie möglich hergeritten, habe immer wieder die Pferde gewechselt, aber die meisten von Sullas Männern waren bereits an Land, als ich aufgebrochen bin. Ich habe gewartet, um sicherzugehen, dass es die Hauptstreitmacht war, und nicht nur eine Finte.«
»Das hast du gut gemacht. Hast du Sulla selbst gesehen?«
»Ja, wenn auch nur aus der Ferne. Es sah aus, als ob seine komplette Legion landen und sich auf den Rückweg nach Rom machen würde.«
Marius warf dem Mann eine Goldmünze zu, der sie geschickt aus der Luft fing. Der Legat erhob sich.
»Dann müssen wir uns auf ihren Empfang vorbereiten. Hol die anderen Kundschafter zusammen. Ich möchte, dass ihr Sulla meine Willkommensgrüße überbringt.«
»Legat?«, fragte der Bote verwundert.
»Keine Fragen. Ist er denn
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