Imperator 01 - Die Tore von Rom
meiner Tochter über die Dächer meines Hauses nachsteigt.«
Cornelia wischte sich mit der Hand über die Augen und drückte die Sorgen wieder zurück. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Du bist kein grausamer Mann, Vater, also tu nicht so, als wärst du einer.«
Er verzog das Gesicht, und die Stille dehnte sich ein paar Augenblicke lang.
»Ich warte noch zwei Tage, dann lasse ich dich von meiner Wache nach Hause holen.«
Cornelia drückte den Arm ihres Vaters. »Nein. Ich gehöre dir nicht mehr. Julius ist mein Mann, und er erwartet, dass ich hier bin.«
Dann konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten und fing an zu schluchzen. Cinna zog sie an sich und nahm sie fest in die Arme.
Sulla runzelte die Stirn, als seine Männer losrannten, um die Hauptstraßen zu sichern, die ihnen den Zugang zum großen Forum und dem Herzen der Stadt sicherten. Nach dem ersten blutigen Handgemenge war die Schlacht um Rom für ihn gut gelaufen; ein Viertel nach dem anderen hatte er rasch und rücksichtslos eingenommen und dann gegen einen völlig unorganisierten Feind gehalten. Bevor die Sonne richtig aufgegangen war, befand sich ein Großteil der tiefer gelegenen östlichen Stadtteile Roms unter seiner Kontrolle, sodass er genügend Platz für seine Truppen hatte, damit sie sich zurückziehen, ausruhen und neu formieren konnten. Dann waren taktische Probleme aufgetaucht. Je weiter sich das von ihm kontrollierte Gebiet ausdehnte, umso weniger Männer hatte er, um die Grenze zu sichern, wobei er wusste, dass sie ständig der Gefahr ausgesetzt waren, an dieser oder jener Stelle von einer übermächtigen Streitmacht angegriffen zu werden.
Sullas Vorstoß verlangsamte sich, und seine Befehle gingen in immer rascherer Folge hinaus an die Truppen, beorderten sie von einem Ort zum anderen oder wiesen sie an, die Stellung zu halten. Er wusste, dass er eine sichere Basis brauchte, bevor er den Gegner auffordern durfte, sich, in welcher Form auch immer, zu ergeben. Nach Marius’ letzten Worten musste Sulla sogar damit rechnen, dass dessen Soldaten bis zum letzten Mann kämpften. Ihre Treue war legendär, sogar in einem System, in dem Treue überall gehegt und gepflegt wurde. Er musste dafür sorgen, dass sie jede Hoffnung verloren, und das war mit einem langsamen Voranschreiten nicht zu erreichen.
Er stand gerade auf einem offenen Platz oben auf dem Caelius-Hügel. Die verstopften Straßen hinter ihm bis hin zum Caelimontana gehörten ihm. Die Brände waren gelöscht worden und seine Legion hatte sich von dort bis hin zur Porta Raudusculana an der südlichen Spitze der Stadtmauer eingegraben.
Auf dem kleinen Platz standen fast einhundert seiner Männer, jeweils in Vierergruppen. Jeder von ihnen hatte sich freiwillig gemeldet, was ihn sehr rührte. War es das, was Marius empfunden hatte, als seine Männer ihm ihr Leben angeboten hatten?
»Ihr habt eure Befehle. Bleibt in Bewegung und sorgt für Chaos. Wenn ihr auf einen überlegenen Gegner trefft, zieht euch zurück und greift später an. Ihr seid mein Glück und das Glück der Legion. Mögen die Götter mit euch sein.«
Sie salutierten wie ein Mann, er erwiderte den Gruß mit steifem Arm. Er rechnete damit, dass die meisten innerhalb einer Stunde tot sein würden. Wäre es Nacht gewesen, hätte er sie besser einsetzen können, im hellen Licht des Tages jedoch waren sie nicht viel mehr als eine Ablenkung. Er sah die letzte Vierergruppe durch die Barrikade schlüpfen und mit eiligen Schritten in einer Seitenstraße verschwinden.
»Schlag Marius’ Leiche in Tücher ein und lege ihn in den Schatten«, sagte Sulla zu einem Soldaten. »Ich weiß noch nicht, wann ich die Zeit finde, ihm ein angemessenes Begräbnis auszurichten.«
Zwei oder drei Straßen entfernt stieg ein Schwarm Pfeile in die Luft. Sulla beobachtete ihre Flugbahn mit Interesse, rechnete den mutmaßlichen Standpunkt der Bogenschützen aus und hoffte, dass einige seiner Vierertrupps sich in deren Nähe aufhielten. Die schwarzen Schäfte zogen über ihn hinweg und prasselten dann auf die Steine des Hofes, den Sulla als vorübergehenden Befehlsstand gewählt hatte. Einer seiner Boten ging mit einem Pfeil in der Brust zu Boden, ein anderer schrie auf, obwohl er unverletzt schien. Sulla verzog missmutig das Gesicht.
»Wache! Bringt den Mann irgendwo hin und peitscht ihn aus. Römer schreien nicht, wenn sie Blut sehen, und sie fallen auch nicht in Ohnmacht. Sorg dafür, dass ich ein wenig von seinem Blut auf seinem
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