Imperator 01 - Die Tore von Rom
ihn her. Er kann später wieder runterklettern, wenn er seine Aufgabe erledigt hat«, erwiderte Renius, ohne ihn anzusehen. Er ließ den Blick über die Mauern schweifen, merkte sich die Posten, suchte nach Anzeichen von schwachen Nerven. Einem richtigen Angriff konnten sie nicht standhalten, deshalb betete er zu seinem Hausgott, dass die Sklaven draußen keinen zuwege brachten.
»Haben die Sklaven Bögen?«, fragte er Tubruk.
»Einen oder zwei kleine für die Hasenjagd vielleicht. Auf dem ganzen Gut gibt es keinen anständigen Bogen außer diesem hier. Und den von Cabera.«
»Gut. Sonst könnten sie uns einen nach dem anderen abschießen. Wir werden bald die Fackeln im Hof anzünden müssen, damit die zweite Reihe genug Licht zum Töten hat. Dann heben sich die Männer vor dem Lichtschein ab. Aber sie können nicht im Dunkeln kämpfen. Dieser Haufen hier nicht.«
»Vielleicht überraschen sie dich ja, Renius. Dein Name besitzt immer noch viel Macht. Erinnerst du dich an die Menge bei den Spielen? Jeder Mann hier hat den kommenden Generationen seiner Familie eine Geschichte zu erzählen. Wenn er überlebt.«
Renius schnaubte. »Du solltest jetzt lieber auf die Mauer steigen. Dort drüben ist noch eine Lücke.«
Tubruk schüttelte den Kopf. »Die anderen haben dich als Anführer akzeptiert, das weiß ich. Selbst Julius wird auf dich hören, wenn er sich erst einmal beruhigt hat. Ich bleibe bei Marcus, um ihn zu beschützen. Mit deiner Erlaubnis?«
Renius starrte ihn an. Klappte heute denn überhaupt nichts? Fette Köche, Mädchen mit Messern, anmaßende Kinder? Und jetzt wurden kurz vor dem Kampf seine Befehle ignoriert? Seine rechte Faust schnellte zu einem krachenden Haken nach oben, der Tubruk rückwärts durch die Luft zu schleudern schien. Der Verwalter landete regungslos im Staub. Renius achtete nicht weiter auf ihn und wandte sich an Cabera.
»Wenn er wieder aufwacht, dann sag ihm, der Junge kann auf sich selbst aufpassen. Sag ihm, er soll seinen Posten einnehmen, sonst bringe ich ihn um.«
Cabera lächelte mit großen Augen, doch das Gesicht des alten Manns war wie der Winter. Aus der Ferne hörte man den Lärm von Metall, das gegen Metall geschlagen wurde. Die Geräusche wurden lauter, Gesänge erfüllten die schwarze Nacht. Als die ersten Sklaven die Mauern des Anwesens erreichten, wurden die Fackeln entzündet. Hinter den Landsklaven folgten Hunderte ihrer Genossen aus Rom, die alles niederbrannten, was ihnen in die Hände fiel.
9
Fast wäre alles vorbei gewesen, ehe es richtig begonnen hatte. Wie von Renius vorausgesagt, hatten die Sklaven, die vor den Mauern des Hofes zusammenströmten, keine Ahnung, wie man bewaffnete Verteidiger überwältigte, und liefen stattdessen johlend und schreiend durcheinander. Obwohl das die perfekte Gelegenheit für die Bogenschützen gewesen wäre, hatte Renius mit einem Blick zu Cabera und Lucius den Kopf geschüttelt, woraufhin die beiden mit eingelegten Pfeilen und kaltem Blick zusahen. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass die Sklaven sich ein einfacheres Ziel suchten, und ein paar Pfeile konnten ihren Zorn schnell in blinde Raserei umschlagen lassen.
»Öffnet das Tor!«, schrie jemand aus der Menge der Fackelträger. In dem flackernden Licht sah das Ganze beinahe wie ein Festumzug aus, wenn nicht der brutale Ausdruck in den Mienen der Angreifer gewesen wäre. Renius beobachtete sie und wog die Möglichkeiten ab. Immer mehr potenzielle Angreifer stießen von hinten dazu. Es waren offensichtlich schon jetzt mehr, als auf einem kleinen Landgut leben und arbeiten konnten. Ausgebrochene Sklaven aus Rom, die nichts mehr zu verlieren hatten, ließen die Menge anwachsen und trugen Hass und Gewalt dorthin, wo sonst vielleicht die Vernunft obsiegt hätte. Diejenigen in den vorderen Reihen wurden weiter vorwärts gedrängt, und Renius hob den Arm, bereit, seine beiden einsamen Bogenschützen die ersten Pfeile in die Menge schießen zu lassen. Auf diese Entfernung konnten sie kaum danebenschießen.
Ein Mann trat vor. Er war muskulös und trug einen dichten, schwarzen Bart, mit dem er wie ein Barbar aussah. Vor ein paar Tagen hatte er wahrscheinlich noch geduldig Steine in einem Steinbruch geschleppt oder Pferde für einen nachsichtigen Herren trainiert. Jetzt war seine Brust vom Blut eines anderen Menschen befleckt und sein Gesicht von einem hasserfüllten Grinsen verzerrt. Seine Augen glänzten im Licht seiner Fackel.
»Ihr dort auf den Mauern! Ihr seid
Weitere Kostenlose Bücher