Imperator 01 - Die Tore von Rom
keine falsche Bescheidenheit im Lager: Sie wussten, dass er und sie sich diese Ehre verdient hatten.
Als Marcus in den Lichtschein des Feuers trat und sich auf eine Bank setzte, hörte Gaius mit dem Schärfen auf. Er starrte in die Flammen und lächelte nicht.
»Wie sieht’s aus?«, fragte er wütend, ohne den Kopf zu wenden.
»Ich reise morgen früh ab«, antwortete Marcus. Auch er starrte ins Feuer und fuhr fort: »Es ist am besten so. Marius hat einen Brief für mich geschrieben, den ich zu meiner neuen Zenturie mitnehmen soll. Möchtest du ihn mal sehen?«
Gaius nickte, und Marcus reichte ihm eine Schriftrolle hinüber. Er las:
Carac, ich empfehle dir diesen jungen Mann. In ein paar Jahren wird er ein erstklassiger Soldat sein. Er hat eine rasche Auffassungsgabe und ausgezeichnete Reflexe. Er wurde von Renius ausgebildet, der ihn zu deinem Lager begleiten wird. Übertrage ihm Verantwortung, sobald er bewiesen hat, dass er sie tragen kann. Er ist ein Freund meines Hauses.
Marius. Primigenia.
»Hübsche Worte. Ich wünsche dir viel Glück«, sagte Gaius verbittert, als er zu Ende gelesen hatte und Marcus die Schriftrolle zurückgab.
Der Freund lachte auf. »Das sind mehr als nur hübsche Worte! Dein Onkel hat mir Zugang zu einer anderen Legion verschafft. Du verstehst nicht, was das für mich bedeutet. Natürlich würde ich gerne bei dir bleiben, aber du erlernst jetzt bald im Senat die große Politik und übernimmst dann einen hohen Posten in der Armee oder in den Tempeln. Ich besitze nichts außer meinen Fähigkeiten, meinem Kopf und der Ausrüstung, die mir Marius geschenkt hat. Ohne seine Hilfe hätte ich schon Schwierigkeiten, einen Posten als Tempelwache zu bekommen! Aber so habe ich die Chance, etwas aus mir zu machen. Gönnst du mir das nicht?«
Gaius hob den Blick. Sein wütender Gesichtsausdruck überraschte Marcus.
»Ich weiß, dass du das tun musst. Ich habe nur nicht damit gerechnet, mir Rom allein erobern zu müssen. Ich habe immer gedacht, du bleibst bei mir. Das bedeutet Freundschaft nun einmal.«
Marcus packte seinen Arm.
»Du wirst immer mein bester Freund sein. Wenn du mich brauchst, dann rufe, und ich werde kommen. Erinnerst du dich noch an den Pakt, den wir geschlossen haben, ehe wir in die Stadt gekommen sind? Wir passen aufeinander auf, und wir können uns gegenseitig vollkommen vertrauen. Das ist mein Schwur, und ich habe ihn nie gebrochen.«
Gaius sah ihn nicht an, und Marcus nahm seine Hand wieder fort.
»Du kannst Alexandria haben«, versuchte Marcus es mit einer noblen Geste.
Gaius schnappte nach Luft. »Ein Abschiedsgeschenk? Was für ein großzügiger Freund du doch bist! Du bist ihr viel zu hässlich, das hat sie mir gestern erzählt. Sie mag dich nur, weil du einen guten Kontrast bietest. Neben deinem Affengesicht sieht sie noch viel schöner aus.«
Marcus nickte fröhlich. »Mich will sie anscheinend nur als Bettgespielen haben. Vielleicht kannst du ihr ja Gedichte vorlesen, während ich sie mir in allen Stellungen vornehme.«
Gaius zog empört die Luft ein, doch dann legte sich langsam ein Lächeln über sein Gesicht.
»Sobald du weg bist, bin ich derjenige, der ihr die Stellungen zeigt.« Er lachte leise bei diesen Worten und verbarg seine Gedanken. Was denn für Stellungen? Ihm fielen nur zwei ein.
»Nach mir wirst du wie ein Ochse wirken, bei all der Übung, die ich hatte. Marius ist ein sehr freigiebiger Mann.«
Gaius blickte seinen Freund an und versuchte einzuschätzen, wie viel von seiner Angeberei tatsächlich nichts weiter als Angeberei war. Er wusste, dass sich Marcus als Liebling der Sklavenmädchen in Marius’ Haus erwiesen und dass man ihn nach Einbruch der Dunkelheit nur selten in seinem eigenen Zimmer angetroffen hatte. Er selbst wusste dagegen nicht, was er fühlte. Manchmal war das Verlangen nach Alexandria so stark, dass es ihn schmerzte; dann wieder wollte er die Mädchen durch die Korridore jagen, so wie es Marcus tat. Er wusste, wenn er sie jemals als Sklavin dazu zwingen würde, würde er alles verlieren, was ihm kostbar war. Der Gedanke, dass Marcus womöglich schon genossen haben könnte, wonach er trachtete, ließ sein Herz vor Ärger schneller schlagen.
Marcus unterbrach seine Gedanken mit leiser Stimme. »Du wirst Freunde brauchen, wenn du älter bist, Männer, denen du vertrauen kannst. Wir haben beide gesehen, welche Macht dein Onkel besitzt, und ich glaube, wir würden wohl beide gerne einmal davon kosten.«
Gaius nickte.
»Was
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