Imperator 02 - König der Sklaven
gekettet gewesen, doch nun sah es so aus, als hätte er sich mit den Einzelheiten hinsichtlich Celsus’ Winterquartier sein Leben verdient.
Julius zeichnete das, was sie sehen konnten, mit Holzkohle auf ein Pergament, um den Zurückgebliebenen etwas zeigen zu können. Gaditicus beobachtete ihn schweigend und mit säuerlichem Gesicht.
»Es ist nicht zu schaffen, zumindest nicht ohne Risiko«, murmelte er, während er einen weiteren Blick durch das niedrige Blätterwerk riskierte. Julius hörte auf, aus der Erinnerung zu zeichnen, und kniete sich hin, um die Szene erneut zu betrachten. Die beiden Soldaten hatten keine Rüstung angelegt, um schneller voranzukommen und um zu verhindern, dass sie sich durch ein Glitzern verrieten. Julius ließ sich wieder zurücksinken, um seine Zeichnung fertig zu stellen. Er betrachtete sie kritisch.
»Vom Schiff aus nicht«, sagte er nach einer Weile, und die Enttäuschung malte sich auf seinem Gesicht. Während des Monats der schnellen Überfahrt hatten die Mannschaften Tag und Nacht geübt und waren für den Kampf gegen Celsus bereit. Julius hätte seine letzte Münze darauf verwettet, dass sie in der Lage waren, sein Schiff ohne große eigene Verluste zu entern und ihn gefangen zu nehmen. Jetzt, da er die kleine, zwischen drei Bergen eingebettete Bucht betrachtete, schienen alle ihre Pläne umsonst gewesen zu sein.
Die Insel hatte kein ebenes Land in der Mitte, sondern bestand lediglich aus drei erkalteten, uralten Vulkangipfeln, die rings um eine winzige Bucht aufragten. Von ihrem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus konnten sie die tiefen Fahrrinnen sehen, die zwischen den Bergen verliefen. Ganz gleich, aus welcher Richtung Celsus angegriffen wurde, er konnte durch einen der beiden anderen Kanäle ohne große Eile und ungefährdet aufs offene Meer entkommen. Mit drei Schiffen hätten sie ihm den Weg versperren können, mit zweien jedoch war es ein reines Glücksspiel.
Tief unter sich sah Julius die dunklen Schatten von Delfinen, die um das Schiff in der Bucht herumschwammen. Es war ein wunderschöner Ort, und Julius dachte, dass er gerne einmal hierher zurückkehren würde, wenn sich ihm die Gelegenheit bot. Aus der Ferne wirkten die Berge feindselig und schroff, graugrün im Sonnenschein, aber von diesem luftigen Aussichtspunkt aus boten sie einen herrlichen Anblick. Die Luft war so klar, dass er jede Einzelheit auf den anderen beiden Gipfeln ausmachen konnte, weshalb er und Gaditicus sich auch nicht zu rühren wagten. Wenn sie die Bewegungen der Männer auf dem Deck von Celsus’ Schiff sehen konnten, konnte man auch sie hier oben entdecken, und ihre einzige Rachechance wäre dahin.
»Ich hätte eher damit gerechnet, dass er in einer der großen Städte fernab von Rom überwintert«, sagte Julius nachdenklich. Die Insel schien bis auf das ankernde Schiff unbewohnt zu sein, und es überraschte ihn, dass sich die harten Burschen der Piratenmannschaft nach den langen Monaten der Jagd auf Handelsschiffe hier nicht langweilten.
»Zweifellos stattet er dem Festland hin und wieder Besuche ab, aber wie du siehst, ist es hier am sichersten für ihn. Dieser See dort am Fuße des Berges besteht wahrscheinlich aus Süßwasser, und vermutlich gibt es hier genügend Vögel und Fische, um hin und wieder ein Festmahl zu veranstalten. Und wem wollte er während seiner Abwesenheit sein Schiff anvertrauen? Seine Männer bräuchten nur den Anker zu lichten, und schon hätte er alles verloren.«
Julius sah Gaditicus an und hob die Augenbrauen. »Der arme Mann«, meinte er und rollte seine Karte zusammen.
Gaditicus grinste und blinzelte in die Sonne. »Ihr Götter. Es wird noch Stunden dauern, bis wir über den Kamm zurückkönnen, und meine Kehle ist jetzt schon voller Staub.«
Julius streckte sich aus, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
»Mit Flößen könnten wir nah genug herankommen, und die Schiffe könnten folgen, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden. In der nächsten mondlosen Nacht haben wir genügend Zeit, um ein paar zu bauen und zu planen. Aber jetzt werde ich erst mal ein bisschen schlafen, bis es dunkel genug für den Rückweg ist«, murmelte er und schloss die Augen. Nach wenigen Minuten schnarchte er leise vor sich hin, und Gaditicus betrachtete ihn amüsiert.
Der Ältere war zu angespannt, um schlafen zu können, deshalb beobachtete er weiter die Männer auf dem Schiff tief unter ihm in der Bucht. Er fragte sich, wie viele wohl sterben würden, wenn Celsus so schlau war,
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