Imperator 02 - König der Sklaven
keinen Vater, der das tun könnte, und wenn er so weitermacht, dürfte er nicht mehr lange genug leben, um erwachsen zu werden. Du hast doch selbst gesagt, dass du jemanden brauchst, der den Blasebalg bedient, und hier gibt es immer etwas zu fegen und zu tragen.«
»Lasst mich los! Ich mache hier überhaupt nichts!«, schrie Octavian.
Tabbic sah ihn sich genauer an. »Der Junge ist so dünn wie eine Ratte. Keine Kraft in den Armen«, sagte er langsam.
»Er ist neun , Tabbic. Was erwartest du denn?«
»Ich würde sagen, der rennt weg, sobald die Tür aufgeht«, fuhr Tabbic fort.
»Wenn er das tut, bringe ich ihn wieder. Irgendwann muss er ja wieder nach Hause, und dort warte ich auf ihn, versohle ihm anständig das Hinterteil und bringe ihn wieder hierher. Solange er hier ist, gerät er nicht in Schwierigkeiten, und das ist für alle Beteiligten von Nutzen. Du wirst auch nicht jünger, und mir kann er an der Esse helfen.«
Tabbic stellte Octavian wieder auf den Boden. Diesmal biss der Junge nicht, sondern betrachtete argwöhnisch die beiden Erwachsenen, die sich über ihn unterhielten, als sei er gar nicht anwesend.
»Wie bezahlt ihr mir dafür?«, fragte er und wischte sich mit schmutzigen Fingern die Tränen der Wut aus den Augen, wodurch er den Schmutz in seinem Gesicht nur noch mehr verschmierte.
Tabbic lachte.
»Dir etwas zahlen !«, sagte er verächtlich. »Junge, du wirst ein Handwerk erlernen. Eigentlich müsstest du uns dafür bezahlen.«
Octavian stieß eine Reihe von Flüchen aus und versuchte erneut, Tabbic zu beißen. Dieses Mal versetzte ihm der Metallschmied ohne hinzusehen einen Schlag mit der flachen Hand.
»Was ist, wenn er die Ware stiehlt?«, wandte er ein.
Alexandria merkte, dass er sich mit der Idee anzufreunden begann. Das war natürlich das Problem. Wenn Octavian sich mit dem Silber, oder noch schlimmer, mit den kleinen Vorräten an Gold, die Tabbic unter Verschluss hielt, aus dem Staub machte, würde er damit ihnen allen schaden. Sie setzte ihre ernsteste Miene auf, packte Octavians Kinn und drehte seinen Kopf zu sich herum.
»Wenn er das tut«, sagte sie und fixierte den kleinen Jungen mit ihrem Blick, »ist es unser gutes Recht, ihn als Sklaven zu verkaufen, um mit dem Erlös seine Schulden zu begleichen. Und seine Mutter auch, falls es nötig sein sollte.«
»Das würdet ihr nicht tun!«, sagte Octavian, der vor Entsetzen über ihre Worte vergaß, sich zu wehren.
»Mein Geschäft ist kein Wohltätigkeitsunternehmen, mein Junge. Wir würden es sehr wohl tun«, erwiderte Tabbic streng. Über Octavians Kopf hinweg zwinkerte er Alexandria zu.
»In dieser Stadt werden Schulden bezahlt – so oder so«, stimmte sie zu.
Der Winter war schnell hereingebrochen. Tubruk und Brutus trugen warme Umhänge, während sie die alte Eiche zu Feuerholz zerkleinerten, das dann mit dem Karren in die Lagerräume des Guts gebracht werden konnte. Renius schien die Kälte nicht zu spüren und ließ seinen Stumpf, hier, wo ihn kein Fremder sehen konnte, nackt im Wind. Er hatte einen Sklavenjungen vom Gut mitgebracht, der ihm die Äste festhielt, während er die Axt schwang. Seit er im Schlepptau von Renius angekommen war, hatte der Junge kein Wort gesagt, doch er trat immer ein Stück beiseite, wenn Renius ausholte. Mit vom Wind gerötetem Gesicht kämpfte er gegen ein Grinsen an, wenn die Klinge abrutschte und Renius stolperte und leise vor sich hin fluchte. Brutus kannte den alten Gladiator gut genug, um im Stillen bei dem Gedanken an die Folgen zusammenzuzucken, falls Renius bemerkte, wie sich das Kind über ihn lustig machte. Die Arbeit brachte sie alle gehörig ins Schwitzen und ließ ihren Atem in der Winterluft in eisigen Wolken aufsteigen. Brutus sah kritisch zu, wie Renius zuschlug und zwei kleinere Holzstücke durch die Luft wirbelten. Er hob erneut seine eigene Axt und blickte zu Tubruk hinüber.
»Am meisten Sorgen bereiten mir die Schulden bei Crassus. Alleine die Kasernen kosten schon viertausend Aurei.«
Brutus schlug zu, während er sprach, und ächzte leise, als der Hieb das Holz sauber durchtrennte.
»Was erwartet er denn als Gegenleistung?«, fragte Tubruk.
Brutus zuckte die Achseln. »Er sagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Genau das raubt mir den Schlaf, weil ich ständig daran denken muss. Der Waffenschmied, den er eingestellt hat, stellt mehr an Ausrüstung her, als ich Männer zur Verfügung habe, selbst wenn ich ganz Rom durchkämmen würde. Nur um die Schwerter zu
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