Imperator 02 - König der Sklaven
nicht mehr?«
»Ich erinnere mich genau«, antwortete Julius und nahm abermals seinen Arm. »Deine Freundschaft bedeutet mir mehr als alles andere, mit Ausnahme des Lebens meiner Frau und meiner Tochter. Dein Blut fließt durch meine Adern, erinnerst du dich noch daran ? Mein Blut ist dein Blut.«
Er hielt inne und umschloss den Arm mit kräftigem Griff.
»Diese Männer hier sind meine Wölfe. Sie können nicht unter deinem Befehl dienen. Lass es dabei bewenden.«
Brutus entzog ihm seinen Arm mit einem Ruck. Seine Züge verhärteten sich. »Na schön. Behalte du deine Wölfe, während ich um jeden neuen Rekruten kämpfe. Ich kehre zu meinen Unterkünften und meinen eigenen Männern zurück. Wenn du deine Soldaten bringen willst, findest du mich dort. Dann können wir uns auch über ihre Unterbringungskosten unterhalten.«
Er wandte sich um und drehte den Schlüssel im Schloss, um das Tor zu öffnen.
»Marcus!«, rief Julius ihn von hinten an.
Brutus erstarrte einen Moment, dann öffnete er das Tor, ging davon und ließ es offen stehen.
Selbst in der Begleitung seiner beiden verbliebenen Wachen behielt Antonidus auf dem Weg durch die dunklen Gassen die Hand an dem Dolch, der in seinem Gürtel steckte. Die Durchgänge waren so schmal, dass sie in der Dunkelheit viel zu viel Verstecke für die Raptores boten, als dass sich Antonidus in falscher Sicherheit gewiegt hätte. Er atmete durch die Nase und versuchte die Pfützen zu ignorieren, die seine Sandalen gleich nach den ersten Schritten abseits der großen Straßen ruiniert hatten. Einer seiner Männer stieß einen unterdrückten Fluch aus, als er auf einem Haufen ausrutschte, der noch frisch genug war, um noch nicht völlig kalt zu sein.
Das Tageslicht drang ohnehin kaum in dieses Viertel Roms, bei Nacht jedoch waren die Schatten wahrhaft beängstigend. Hier gab es kein Gesetz, keine Soldaten, die zu Hilfe eilten, und auch keine Bürger, die beherzt auf einen Hilferuf herbeilaufen würden. Antonidus schloss die Finger noch fester um den Messergriff und zuckte zusammen, als etwas hastig vor ihren vorübereilenden Schritten davonhuschte. Er schaute nicht genauer hin, sondern stolperte fast blind weiter, zählte die Straßenecken, indem er sie mit den Händen ertastete. Drei Ecken von der Einmündung, dann vier weitere nach links.
Sogar in der Nacht waren hier Menschen zu Fuß unterwegs, Menschen, die sich in anderen Vierteln der Stadt niemals würden blicken lassen. Die Passanten, denen sie begegneten, unterhielten sich kaum, und auch dann nur sehr gedämpft. Hastende Gestalten schoben sich grußlos vorbei und gingen mit gesenkten Köpfen um die schmutzigen Pfützen herum. Dort, wo vereinzelte Fackeln den Weg ein paar Schritte weit erleuchteten, wichen sie dem Licht aus, als würden sie das Verderben auf sich ziehen, sobald sie in seinen Kreis traten.
Nur seine unbändige Wut ließ Antonidus weitergehen, aber auch das geschah nicht ohne Angst. Der Mann, den er kennen gelernt hatte, hatte ihn davor gewarnt, diese Straßen jemals ungebeten zu betreten, aber der Verlust seines Hauses verlieh ihm Mut, der aus Zorn geboren war. Doch sogar dieser drohte ihn in der Dunkelheit und dem wachsenden Unbehagen zu verlassen.
Endlich erreichte er den Ort, den er schon einmal gefunden hatte, eine Kreuzung von vier Gassen zwischen moderigen Mauern, irgendwo tief im Herzen dieses Irrgartens. Er blieb stehen und sah sich nach dem Mann um, mit dem er sich hier verabredet hatte, starrte angestrengt in die Dunkelheit. Irgendwo ganz in der Nähe tropfte Wasser auf einen Stein, und ein plötzliches Scharren von Füßen ließ seine Männer nervös herumwirbeln und mit ihren Dolchen in der Luft herumfuchteln, als wollten sie böse Geister abwehren.
»Man hat dir gesagt, dass du mich nicht vor der letzten Nacht des Monats aufsuchen sollst«, ließ sich eine zischende Stimme dicht am Ohr des Generals vernehmen.
Antonidus wäre vor Schreck fast hingefallen, denn seine Füße rutschten auf den nassen Steinen aus, als er vor der ganz nahe ertönenden Stimme zusammenzuckte. Sofort verließ sein Dolch den Gürtel, doch sein Handgelenk wurde so fest umschlossen, dass er hilflos war.
Der Mann, der ihm gegenüberstand, trug einen Kapuzenmantel aus dunklem, grobem Stoff, der seine Gesichtszüge verbarg, obwohl dies in der pechschwarzen Dunkelheit der Gassen kaum notwendig war. Bei dem eigenartigen, süßlichen Geruch, der ihm entströmte, hätte Antonidus beinahe gewürgt. Es war der Geruch
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